Ich möchte in diesem Essay einmal auf die (gerade von Erstautoren) häufig gestellte Frage eingehen, wieviel man als Autor eigentlich verdient? Nun, um es gleich vorweg zu nehmen, als Autor ist nicht das große Geld zu erwarten. Autoren nagen bekanntlich am Hungertuch. Dies ist kein Klischee, sondern dem ist tatsächlich so. Es gibt viele Autoren, die von Sozialhilfe leben. Die bekanntesten Beispiele in den USA sind: Stephen King, Dean Koontz, Dan Brown, John Grisham und James Patterson.
Als Autor verdient man nämlich im Durchschnitt nur etwa 100.000,- Euro pro Monat. Und das zu aller Schande auch noch – vor Steuern! Ich meine natürlich pro Buch. Das sind nun wirklich keine Reichtümer, denn die Trillionäre Bezos (Betreiber einer Buchklitsche), Brin, Page und Zuckerberg (Computernerds, die noch nie im Leben richtig gearbeitet haben) verdienen diesen Betrag pro Nanosekunde. Wer Autor werden will, muss also eine gehörige Portion Idealismus mitbringen.
Ein Verdienst von 100.000,- € Euro pro Monat pro Buch mag manchem Leser sehr wenig erscheinen – das stimmt zwar, dafür aber ist dieses Einkommen einigermaßen verlässlich zu erzielen. Schauen wir uns dazu ein paar Beispielrechnungen anhand meiner eigenen Bücher an.
Nehmen wir den „Bestattungsratgeber“. Er ist für Angehörige geschrieben. Zur deutsche Bevölkerung zählen etwa 80 Millionen Bürger, ein Prozent stirbt pro Jahr, macht 800.000 Sterbefälle. Im Durchschnitt hat jeder Verstorbene zwei bis drei Angehörige, aber rechnen wir pessimistisch mit einem Angehörigen, der den Bestattungsratgeber erwirbt (die Konkurrenzbücher zu diesem Thema scheiden wegen mangelnder Qualität selbstverständlich alle aus), das heisst pro Jahr kaufen 800.000 Buchkäufer meinen Bestattungsratgeber. Nun, 800.000 mal…ja mal was?…der Verleger hat mir verboten, konkrete Zahlen zu nennen, aber es ist ja kein Geheimnis, dass das Autorenhonorar generell etwa 10 % beträgt. Also lautet die Rechnung 800.000 mal 1,80 €, macht 1,44 Millionen € pro Jahr, das entspricht genau 120.000,- € pro Monat. Und das passiert regelmäßig, denn gestorben wird ja weiterhin. Lieber also etwas weniger verdienen als in anderen freien Berufen (z.B. Hausarzt), dafür aber sicher.
Oder mein Lexikon über den Antisemitismus. Wieviele Nazis gibt es denn? Wieviel Rechtsradikale? Die Statistik verrät, etwa 20 Prozent der Deutschen sind latent oder offen antisemitisch eingestellt, haben also Vorurteile gegen Juden. Nun 20 Prozent von 80 Millionen macht 16 Millionen Buchkäufer. Und dabei spielt es keine Rolle, ob ein bildungsferner Hintergrund vorliegt oder nicht, denn lesen können sie alle. Die vierte Klasse Grundschule haben sie mindestens absolviert. Sagen wir mal grob, es dauert 10 Jahre, bis jeder auf das Buch aufmerksam geworden ist, dann haben wir 1,6 Millionen Buchkäufer pro Jahr, das entspricht 133.333 Buchkäufer pro Monat. Jetzt wieder: das ganze mal 10 Prozent von (bitte Netto-Verkaufspreis einsetzen). Sie sehen – 100.000,- € monatlich pro Buch zu erzielen ist wirklich ein Kinderspiel.
Und weiter geht’s mit dem Saarlandbuch. Wieviele Saarländer gibt es? Eine Million. Die Hälfte scheidet wieder aus, die andere Hälfte kommt als potenielle Buchkäufer in Betracht. Macht 500.000 * 10 Prozent von…Und jeden Tag werden ja wieder neue Saarländer geboren. Es geht immer so weiter. Sie wissen jetzt, wie`s läuft.
Natürlich, da haben Sie recht, ist es nicht immer so, dass man seine Zielgruppe zu 100 Prozent ausschöpfen kann. Auch als genialer Autor nicht. Manchmal erreicht man nur 98 Prozent seines Marktpotenials. Damit muss man dann halt leben.
Als Autor 100.000 € pro Monat zu erzielen, ist also nicht besonders schwer. Vorausgesetzt natürlich, man behandelt absolute Mainstream-Themen wie Antisemitismus, Bestattung, Regionalita (Saarland) oder Gastronomie. Wer sich Genres und Nischen zuwendet, die kein Mensch interessieren und die bei Verlagen ein Schattendasein fristen, wie Krimi, Thriller oder Chick-Lit, kann solche Zahlen natürlich nicht vorweisen.
Krimis – um jetzt mal eine völlig unbeliebte Sparte heranzuziehen – verkaufen sich im Durchschnitt ja nur 50.000 mal pro Titel. Da nützt es auch nichts, wenn sie schlecht geschrieben sind und von einem 23-jährigen Erstautor mit Mc-Donalds-Job-Biographie stammen. Bei Krimis erreicht der Verlag, wenn er Pech hat, gerade mal die 20. Auflage. Also, dafür die Druckerpresse anzuwerfen…ich weiß nicht. Krimis werden von den Verlagen eigentlich nur aus Idealismus veröffentlicht, um ihrer gesellschaftlichen Verantwortung gerecht zu werden. Sie werden in einer Art Mischkalkulation quersubventioniert durch marktgängige Bücher wie Doktorarbeiten, Hausfrauenbiographien, Erste-Liebe-Ergüsse und Familiensagas pensionierter Oberstudienräte.
Auch Thriller werden kaum gelesen. Da sieht es mit den Absatzzahlen noch trostloser aus als bei den Krimis. Das ist auch kein Wunder, denn Thrill haben die Leute in ihrem Privatleben genug: Betriebsprüfung, Seitensprung-Management, Haftprüfungstermine wegen verweigerter Unterhaltszahlung, Bürointrigen, Besuche beim Filius in der Geschlossenen, Nachbarschaftskriege, Gehaltspfändung, polizeiliche Verfolgungsjagd nach alkoholbedingtem Durchbrechen einer Straßensperre, Versteckspiele mit dem Gerichtsvollzieher, etc. Da ist man heilfroh, wenn man abends mal etwas Sinnvolles tun kann. Statt seine knappe Zeit mit Büchern zu verschwenden, bevorzugt man mediale Weiterbildung anhand niveauvoller TV-Formate wie GZSZ oder DSDS.
Und Chick-Lit. Schauen Sie sich doch nur die Größen unter den Selfpublisherinnen (Indies) an. Jene Romance-Königinnen und Histo-Queens, die vorwiegend über das Internet veröffentlichen. Die schaffen es pro Monat doch höchstens ein Buch zu schreiben. Und brauchen ganze vier Bücher um Auflagenmillonärin zu werden. Dass man damit auf keinen grünen Zweig kommt, ist doch klar. Deshalb kommen sie in ihrem Leben nie über einen zweistelligen Millionenbetrag an Tantiemen hinaus. Oder kennen Sie etwa eine Chic-Lit-Queen, die mit eigener Learjet-Flotte um die Welt düst sowie die Kapuzenpullis aus Silicon Valley?
Es ist also keineswegs so, dass man heute ein Buch veröffentlicht und morgen bereits Milliardär ist. Es kann im Extremfall bis zu vier Wochen dauern, bevor die erste Million hereinrollt.
Jetzt können Sie natürlich fragen: woran liegt das, dass Autoren so wenig verdienen? Liegt es daran, dass Bücher so wenig kosten, zu viele Freizeitangebote existieren, es zu viele Konkurrenzmedien gibt oder daran, dass das Unterschichten-Fernsehen den Markt kaputt macht? Vergessen Sie alle diese vorgeschobenen Gründe. Der Hauptgrund ist folgender: es gibt einfach zu wenige Autoren. Die Verlage suchen händeringend nach neuen Autoren, aber niemand meldet sich. Keiner will schreiben. Das Manuskript-Angebot unbekannter Autoren bei Verlagen tendiert gegen Null. Fragen Sie mal Ihren Nachbarn oder die Kassiererin bei Aldi, wann sie zuletzt ein Buch geschrieben haben? Oder den Polizisten bei der nächsten Verkehrskontrolle. Falls Ihnen diese Klientel nicht representativ genug erscheint, fragen Sie Ihren Chef oder Ihren Arzt. Sie werden zu hören bekommen: Nada. Nichts. Tote Hose. Und weil es so wenige Autoren gibt, gibt es auch zu wenige Leser, denn die fleißigsten Leser sind nun einmal Leute, die selbst schreiben. Wer nicht schreibt, der nicht liest. So einfach ist das.
Als Folge dieses unhaltbaren Zustandes gibt es auch jedes Jahr viel zu wenige neue Bücher. Die Gesamtzahl der jährlichen Neuerscheinungen ist wirklich ein Witz. So als ob die Bundesrepublik ein Entwicklungsland wäre. Lassen Sie sich von der offiziellen Zahl (es kursiert die Mär von einer Quadrillion neue Bücher pro Jahr) nicht täuschen. Die Zahl ist zwar formal richtig, aber wenn man sämtliche „Unreinheiten“ herausrechnet, bleibt von den Neuerscheinungen praktisch nichts mehr übrig. Das, was die Zahl so phänomenal aufbläst, sind Schulbücher, Fachbücher, Lexika und andere Nachschlagwerke sowie Neuauflagen.
Außerdem zählen dazu Bücher, die zwar formell als „Buch gelten“, die aber so dünn sind, dass sie eigentlich als Reklamheft einzuordnen wären. Oder sie sind so dick, dass man sich beim Tragen einen Leistenbruch zuzieht. Dann fallen sie unter das Waffengesetz und müssen ebenfalls ausscheiden. Dann gibt es noch Bücher, die Themen behandeln, über die schon einmal ein anderer Autor geschrieben hat. Das ist ja eigentlich Schmu und sollte auch nicht mitgezählt werden. Wo kommen wir denn hin, wenn sich die Autoren gegenseitig die Themen klauen. Wer eine Liebesgeschichte kennt, kennt doch alle, oder?
Das schlimmste übrigens, was einem Autor passieren kann, ist, dass sein Buch verfilmt wird, womöglich noch in Hollywood. Meist erhält er für die Filmrechte nur ein Taschengeld, das gerade mal reicht, um drei Häuserblocks in Citylage zu erwerben. Wenn er dann auch noch am Drehbuch mitarbeitet, kommt er überhaupt nicht mehr zum Schreiben und verdient weniger als vorher. Und wenn der Film herauskommt, vergleicht jeder Leser das Buch mit dem Film und wirft dem Autor vor: was?! So war das gemeint! Das habe ich mir aber ganz anders vorgestellt. Von diesem Autor lese ich nie wieder etwas. Romanverfilmung in Hollywood – das ist das Schlimmste. Wenn das passiert, ist es mit der Karriere ganz aus.