Bernhard Schlink - Olga

  • Gebundene Ausgabe: 320 Seiten

    Verlag: Diogenes; Auflage: 1 (12. Januar 2018)

    Sprache: Deutsch

    ISBN-10: 3257070152

    ISBN-13: 978-3257070156


    Inhaltsangabe:


    Die Geschichte der Liebe zwischen einer Frau, die gegen die Vorurteile ihrer Zeit kämpft, und einem Mann, der sich mit afrikanischen und arktischen Eskapaden an die Träume seiner Zeit von Größe und Macht verliert. Erst im Scheitern wird er mit der Realität konfrontiert – wie viele seines Volks und seiner Zeit. Die Frau bleibt ihm ihr Leben lang verbunden, in Gedanken, Briefen und einem großen Aufbegehren.


    Autoreninfo:


    Bernhard Schlink, geboren 1944 bei Bielefeld, ist Jurist und lebt in Berlin und New York. Der 1995 erschienene Roman "Der Vorleser", 2009 von Stephen Daldry unter dem Titel "The Reader" verfilmt, in über 50 Sprachen übersetzt und mit nationalen und internationalen Preisen ausgezeichnet, begründete seinen schriftstellerischen Weltruhm.


    Meine Meinung:


    Titel: Ein lauter Schlag am Ende eines stillen Lebens...


    Vor vielen Jahren habe ich mit Begeisterung "Der Vorleser" gelesen und nun sollte es mal ein neues Buch von Bernhard Schlink sein.


    In der Geschichte geht es um Olga und Herbert, deren Liebe eine einzige Prüfung ist. Herberts Eltern wollen die Verbindung nicht, Olga sei nicht gut genug. Lassen sich die beiden ihre Zukunft vorschreiben? Wird ihre Liebe am Ende siegen?


    Der Roman besteht aus drei Teilen. Im ersten Teil berichtet ein beobachtender Erzähler von Olgas Werdegang. Im zweiten Teil agiert Ferdinand als Ich- Erzähler und berichtet wie er Olga Rinke, die für seine Familie Näharbeiten erledigt hat, erlebt und wahrgenommen hat. Der dritte Teil sind Briefe von Olga an Herbert.


    Olga war für mich als Figur ein kleines Mysterium, denn ihr Leben ist voll von leisen Tönen. Nie beschwert sie sich, muckt nie auf, sondern ist eher immer eine Bereicherung für die Gesellschaft. Anfänglich habe ich sie eher bemitleidet, aber mit der Zeit spürte ich, dass hinter ihrer Genügsamkeit weit mehr steckt.


    Ich habe bis jetzt noch kein Buch erlebt, in dem die Perspektiven so gewechselt werden wie hier. Mir hat gut gefallen, dass Olga ihr Leben aus unterschiedlichen Sichtweisen dem Leser nahe gebracht werden. Am intensivsten habe ich Olga über ihre Briefe an Herbert erlebt, denn hier ist sie die starke Frau, die schreibt was sie denkt und kein Blatt vor den Mund nimmt, was sie ihm wahren Leben ja nicht getan hat.


    Besonders aufwühlend empfand ich ihr Ende. Nie hatte ich die Auflösung erwartet, wer für ihre Verletzungen und letztendlich für ihren Tod verantwortlich ist.


    Beeindruckend empfand ich Olgas Sicht über die Liebe, der so wahr ist, aber in unserer heutigen Gesellschaft keinen Platz hat. Heute will man Liebe mit all ihren Facetten, immer und zu jeder Zeit, dabei sollte man auch die wenigen Momente der Liebe genießen, denn das Glück kann nicht 24 Stunden, 7 Tage die Woche zugegen sein.


    Fazit: Bernhard Schlink hat auch hier wieder verstanden den Leser zu fesseln. Mich hat der Roman zum Nachdenken gebracht und er wird noch lange in mir nachklingen. So schnell werde ich Olga gewiss nicht vergessen. Gelungen!


    Bewertung: 10/ 10 Eulenpunkten


    ASIN/ISBN: 3257070152

  • Ein wunderschönes Buch. Ganz unauffällig kommt es daher und entfaltet doch einen Zauber, den ich mich nicht entziehen konnte. In drei Abschnitten wird das Leben – und darüber hinaus – von Olga erzählt, einer starken Frau, die von Kindheit an ihren ganz eigenen Weg geht. Geboren in Pommern am Ende des 19. Jahrhunderts erlebt sie zwei Weltkriege und eine Vertreibung, menschliche Nähe und immer wieder den Verlust geliebter Menschen.


    Es könnte eine traurig-dramatische Geschichte sein. Allerdings hat Olga so eine starke innere Kraft und ruht in sich, so dass sie trotz aller tragischen Ereignisse den Lebensmut und –willen nie verliert. In ihr steckt weit mehr, als man zunächst vermutet. Olga ist für mich eine äußerst starke, emanzipierte Frauenfigur. Von solchen Protagonistinnen würde ich gerne sehr viel öfters lesen.


    Es steckt sehr viel drin in diesen 300 Seiten. Für mich stand eindeutig die Figur Olgas im Mittelpunkt. Die Liebesgeschichte, die in der Buchbeschreibung eine große Rolle spielt, zieht sich zwar durch ihr ganzes Leben und somit auch durch das ganze Buch, ist für mich aber gar nicht so vordergründig. Wahrscheinlich kann man das Buch aber auch ganz anders lesen, was von der großen Vielschichtigkeit zeigt. Geschichtliche Entwicklungen beeinflussen Olgas Werdegang und auch große Fragen der Politik und Gesellschaft werden aufgeworfen.


    Ganz besonders ist der Schreibstil des Buches. Im ersten Teil wird sehr distanziert der größte Teil des Lebensweges von Olga in der dritten Erzählperspektive erzählt. Nach der Vertreibung nach Westdeutschland ergreift ein junger Ich-Erzähler das Wort, der „Fräulein Rinke“ ein Leben lang nahesteht. Und als man eigentlich denkt, die Geschichte sei auserzählt, spricht im dritten Teil Olga selbst in Form von Briefen an ihren Geliebten Herbert und bringt noch einmal eine ganz andere Sichtweise auf ihren Lebensweg. Diese drei Teile – so unterschiedlich sie auch sind – gehören dabei ganz eng zusammen und verknüpfen sich nicht nur inhaltlich. Ein toller und überlegter Aufbau!


    Fazit: Absolut lesenswert! Nah dran an der Traumwertung von zehn Punkten. Gekonnt erzählt Schlink hier ein Frauenleben und zwar äußerst raffiniert und kurzweilig.

    "Alles vergeht. Wer klug ist, weiß das von Anfang an, und er bereut nichts." Olga Tokarczuk (übersetzt von Doreen Daume), Gesang der Fledermäuse, Kampa 2021

  • "Olga“ habe ich im Rahmen der Querbeetleserunde gelesen und kann zu diesem Zeitpunkt des Jahres wohl sagen, dass es das Buch ist, das mich in 2020 am meisten überrascht hat. Der Klappentext transportiert so gut wie nichts über das Buch, erst die Leseprobe hat mich dazu gebracht, es mit dem Buch zu versuchen.


    Es geht um Olga und ihre große Liebe Herbert und vor allem um Olgas Leben. Der erste Teil des Buches beinhaltet Olgas Leben im Zeitraffer und zwar von frühester Kindheit an bis sie eine ältere Frau ist. Beeindruckend fand ich, dass trotz dieser gerafften Darstellung alle Gefühle genau so ankamen, wie der Autor es sich hoffentlich gedacht hat.

    Der zweite Teil wird von einem Ich-Erzähler, der Olga als jemanden wie seine Großmutter ansieht, erzählt. Olga erscheint ihm teilweise rätselhaft, auf der anderen Seite ist sie ihm aber total vertraut und ist ein wichtiger Teil seines Lebens.

    Der dritte und für mich schönste Teil enthält Briefe, die Olga innerhalb von vielen Jahren an Herbert geschrieben hat. Hier erfährt der Leser sehr viel über Olgas Beweggründe für Dinge, die sie getan hat und ihre Gefühle werden offen gelegt.


    Mir war bisher nicht so recht bewusst, dass ein Buch mit so wenig Seiten (oder in meinem Fall das Hörbuch mit nur knapp sechs Stunden dem Leser/der Leserin bzw. dem Hörer/der Hörerin die Charaktere so sehr ans Herz wachsen lassen können. Wobei im Fall des Hörbuches der großartige Sprecher, Burghart Klaußner, einen großen Teil dazu beigetragen hat.


    Ich möchte noch erwähnen, dass es sich hier nicht um eine schnulzige Liebesgeschichte handelt, sondern um das Leben einer ganz großartigen Frau, die sich trotz aller Widrigkeiten und schlimmen Erfahrungen, wie zum Beispiel dem Krieg, niemals hat unterkriegen lassen. Ebenso wie der Ich-Erzähler im zweiten Teil habe ich Olga in kürzester Zeit heiß und innig geliebt.


    Ich kann dieses tolle Buch jedem empfehlen, der gerne Geschichten über Menschen liest. Probiert es aus, lest die Leseprobe oder hört euch die Hörprobe an. Ich bin verliebt in das Buch und hoffe, dass es sehr viele andere Menschen ebenso sehr ins Herz schließen wie ich. Von Bernhard Schlink werde ich auf jeden Fall noch weitere Bücher lesen.