Richard Morgan: "Gefallene Engel"

  • Der Nachfolger zu "Das Unsterblichkeitsprogramm" ruft abermals Takeshi Kovacs auf den Plan, den hochkonditionierten, reaktionsschnellen und seine Emotionen beherrschenden Ex-Envoy, inzwischen Söldner der "Regierungs-" bzw. Konzerntruppen im Kampf gegen den Aufständischen Joshua Kemp; Ziel der Auseinandersetzungen ist der Planet Sanction IV, irgendwo im Nichts.


    Kovacs ist verletzt worden. Tod und Verwundung haben zwar weitgehend ihre Konsequenzen verloren, dank des "Stacks" im Nacken, aus dem sich ein Verstorbener "resleeven" läßt, aber nicht ihren Schrecken. Der Söldner hat langsam die Nase voll. Da unterbreitet ihm ein etwas seltsamer Typ den Vorschlag, sich gemeinsam eines Artefakts zu bemächtigen, das Archäologen angeblich auf dem Planeten entdeckt haben, kurz vor Kriegsausbruch. Das Artefakt soll zur Antwort auf viele Fragen führen - nicht zuletzt derjenigen, woher die Menschen kommen ...


    "Gefallene Engel" bietet Versatzstücke und Themen klassischer Science-Fiction, einige Elemente scheinen altbekannt. Und auch die Dramaturgie folgt eher herkömmlichen Mustern bis hin zum „Whodunnit“-Showdown; im Gegensatz zum düster-mysteriösen "Das Unsterblichkeitsprogramm" wirkt das Buch eher konventionell. Aber es ist sehr gut erzählt, hat seine nachdenklichen, fast intellektuellen Momente, vermischt mit durchaus fundierter Techonolgiekritik, und außerdem eine rasante, manchmal überraschende, jedenfalls spannende Handlung. Solide SF-Kost, die sich stilistisch und inhaltlich vom Durchschnitt abhebt.

  • Bin jetzt seit einiger Zeit Durch war durchaus gut.
    Jedoch fehlte mir ein bischen die krimi Athmosphäre des ersten Bands.
    Morgan läst es auch in diesem Buch nicht an Gewalt und sex mangeln.
    Takeschi tötet mal wieder mehrere 100 Leute und bereitet ihnen einen "Realen Tod".
    Doch Trotz all der Brutalität ein gutes buch ich fand das erste zwar besser nicht zuletzt weil unter anderem der Körperwechsel viel besser in die Geschichte eingebunden wurden.
    Trotzdem echt lesenswert

  • Habe gerade den 4. Teil des Buches beendet und bisher finde ich es besser als "Das Unsterblichkeitsprogramm". Das sollte aber unbedingt als erstes gelesen werden, da die Hintergründe von Stacks und Sleeves hier zu kurz kommen und somit für einiges das Verständnis fehlen könnte.


    Auch steckt für mich mehr in dem Roman als "konventionelle SF". Gerade Kovacs Dilemma zwischen Konditionierung und seinen Erkenntnissen macht es, trotz aller Härte, eher zu einem nachdenklich stimmenden Buch.


    Auf jeden Fall SF wie ich sie mag und sie leider nur noch selten vorkommt. Kämpfe schon mit mir, ob ich meinen Leseplan umwerfe und "Heiliger Zorn" gleich nachschiebe.


    LG Dyke

    "Sie lesen?"
    "Seit der Grundschule, aber nur, wenn's keiner sieht."


    Geoffrey Wigham in "London Calling" von Finn Tomson

  • Blöderweise habe ich den dritten Teil der Takeshi Kowacs Serie vor dem zweiten gelesen, was dieser hier ist. Deshalb musste ich 'Broken Angels' ganz schnell nachholen, und ich bin froh, dass ich es getan habe, denn es ist bisher eines meiner Lesehighlights dieses Jahr.


    Hier meine Rezension im Detail:
    'Gefallene Engel' (O-Titel 'Broken Angels') ist eins dieser Bücher, das nicht nur rasend spannend ist, sondern sich auch im Kopf des Lesers festkrallt, das man nach dem Ende der Lektüre nicht wieder vergisst, das einem noch tagelang, vielleicht über Wochen oder Monate immer wieder im Kopf herumgeht, weil es so tiefgründig, so aufregend, so komplex und faszinierend geschrieben ist.
    Es ist der Nachfolger von 'Altered Carbon' (dt. 'Das Unsterblichkeitsprojekt') von Richard Morgan, und wie hier schon an anderer Stelle geschrieben, macht es Sinn, den Vorgängerroman zuerst zu lesen, auch wenn die Handlung beider Bücher jeweils in sich abgeschlossen ist.


    Das Buch spielt in einer Zukunft, in der die Menschheit seit Jahrhunderten eine Reihe ferner Sonnensysteme kolonialisiert hat und über fortgeschrittene Technologien verfügt, vor allem die, eine Persönlichkeit vollständig zu virtualisieren und so z.B. von einem in einen anderen Körper zu übertragen. Man verdankt einen Großteil des Fortschritts den leicht benutzbaren, aber kaum verstandenen Technologien einer längst verschwundenen, entwicklungstechnisch um Jahrtausende fortgeschrittenen Rasse, die bei einer Marsexpedition entdeckt wurde und dank derer Karten die besiedelbaren Planeten überhaupt gefunden wurden. Bei allem technologischen Fortschritt hat sich die Menschheit im Kern aber nicht verändert. Es wird die gleiche Art von Kriegen geführt, die schon immer die Erde verwüsteten - vordergründig um Ideologien oder religiöse Überzeugungen oder gesellschaftliche Ideale, hinter denen doch nur handfeste wirtschaftliche Interessen stehen. Nur die Kriegstechnik hat sich weiterentwickelt.


    Der Held des Buches ist wieder Takeshi Kovacs, ein Ex-Envoy, ehemaliger Elitesoldat einer Einheit, die als eine Art UN-Eingreiftruppe überall dort brutal und schnell zuschlägt, wo die übergreifende Regierung, das 'Protektorat', ihre Interessen gefährdet sieht. Doch nach einem traumatischen Einsatz hat er diese Zeit hinter sich gelassen und dient nun als Söldner in einem weiteren, irrwitzigen Krieg - bis er das Angebot erhält, sich an einer Expedition zu beteiligen, die ihn zu einem reichen Mann machen und ihm auf einen Schlag die Rückkehr in zivilisiertere Regionen ermöglichen könnte: Die Sicherung einer archäologischen Sensation, eines unschätzbar wertvollen technologischen Artefakts, für das jeder der mächtigen Konzerne, die hinter dem Krieg stehen, ein Vermögen zahlen würde. Doch es gibt noch andere, die an dem Artefakt interessiert sind und die Expedition gerät zu einem Desaster, das alle Kriegsgräuel harmlos erscheinen lässt...


    Das Faszinierende an Richard Morgans Büchern ist es, dass es ihm gelingt, eine unfassbar spannende, adrenalingeladene Handlung voller Action, tief greifender Emotionen und der richtigen Position zynischem Humor zu kombinieren mit unfassbar lebendigen und unvorhersehbaren Charakteren, einer sehr gut durchdachten Welt voll faszinierender technologischer Denkspiele und einem politisch-gesellschaftlich-kulturellen Hintergrund, der es in sich hat und für sich allein schon Gänsehaut erzeugt - weil er so sehr die Spannungen unserer eigenen Welt reflektiert und jede Heuchelei gnadenlos ans Tageslicht zieht.


    'Gefallene Engel' ist ein großartiger, rasanter Thriller, aber es ist auch eine Gesellschaftsstudie, ein Meisterstück des Spannungsaufbaus, eine fantasievolle aber zugleich großartig durchdachte Zukunftsstudie mit Technologien, die man sich sehr gut als logische Weiterentwicklung dessen vorstellen kann, was heute schon existiert.


    Ich bin nach wie vor der Meinung, dass es im Bereich intelligenter SciFi-Thriller sehr wenig gibt, was an Richard Morgans Takeshi Kovacs Bücher herankommt, und 'Gefallene Engel' halte ich für den besten der drei Bände.

    Ich hab' mich verirrt.
    Ich bin dann mal weg, um nach mir zu suchen.
    Sollte ich zurückkommen, bevor ich wieder da bin, sagt mir bitte, ich soll hier warten!