'Wölfe' - Teil 2

  • Ich bin noch nicht fertig mit diesem Abschnitt.

    Je weiter ich höre, desto mehr gewöhne ich mich an diesen Stil und Mantels ganz eigene Erzählperspektive. Das Buch hat mich jetzt richtig gepackt.

    Ich finde die Gespräche zwischen Wolsey und Cromwell sehr interessant und faszinierend. Die Zeitspanne der Handlung ist relativ kurz und die Ereignisse, um die es hier geht, werden sehr ausführlich besprochen (das geht in anderen Romanen schneller) und trotzdem ist es nicht langweilig.


    Mir gefällt immer noch besonders gut, dass Hilary Mantel ihre Figuren mit einer besonderen Faszination ausstattet, man sie aber nicht zwingend mögen muss. Diese Distanz tut der Geschichte gut.


    Ich muss allerdings aufpassen, dass meine Begeisterung mich nicht zu sehr durch das Hörbuch treibt. Das stört die nötige Konzentration. Es macht mir aber auch im Moment Freude, mal etwas zu hören, von dem ich mich nicht einfach berieseln lassen kann.

  • Das damalige Geschehen rund um Heinrich VIII., das politische Tagesgeschäft und der nicht nur in England stattfindende religiöse Umbruch schildert Hilary Mantel bis ins Detail in den Dialogen zwischen Cromwell und Wolsey bzw. More. Das ist wirklich interessant und sehr spannend, aber ich muss mich sehr darauf konzentrieren, um nichts zu verpassen. Ich bin deshalb noch nicht mit dem Abschnitt fertig. Und trotzdem oder gerade deswegen, macht mir das Hören so viel Freude.


    Dagegen wirken die dazwischen geschobenen Erzählungen rund um Cromwells Privatleben fast schon erholsam, weil sie in einem leichteren Stil erzählt werden.


    Ich warte immer noch darauf, dass Cromwell sich in das Ungeheur verwandelt, als das er immer dargestellt wird und das er wohl auch war. Erstmal habe ich aber beschlossen, diesen Cromwell hier sympathisch zu finden. Dass ich ihn mag, kann ich nicht sagen. Das verhindert auch Mantels bewusst distanzierte Erzählweise.

  • Ich habe schon so viele Bücher aus dieser Zeit und mit diesen Personen gelesen, die purzeln in meiner Erinnerung munter durcheinander, ohne dass ich sie noch zuordnen könnte.

    Ich warte immer noch darauf, dass Cromwell sich in das Ungeheur verwandelt, als das er immer dargestellt wird und das er wohl auch war. Erstmal habe ich aber beschlossen, diesen Cromwell hier sympathisch zu finden. Dass ich ihn mag, kann ich nicht sagen. Das verhindert auch Mantels bewusst distanzierte Erzählweise.

    Diese so unterschiedlichen Auslegungen von historischen Persönlichkeiten bei verschiedenen Autoren finde ich immer ganz besonders interessant. Hier bedauere ich es manchmal schon, dass ich besagte Erinnerungen nicht mehr so richtig zuordnen und differenzieren kann.

    Es war auch dieses Buch dabei über Thomas Cranmer. Dort ging es ebenfalls in erster Linie um Religion und diesen unsäglichen Zirkus um die Auflösung der Ehe von Henry und Katharina.

    Aber immer wieder stelle ich für mich fest, dass es eine keine gute Zeit gewesen ist für die Menschen, die in ihr lebten, die großen Leute wie die kleinen. Gab es Zeiten, in denen noch übler und skrupelloser taktiert wurde ohne Rücksicht auf Verluste? Wahrscheinlich schon, aber hier empfinde ich es immer als besonders grausig.

  • Dagegen wirken die dazwischen geschobenen Erzählungen rund um Cromwells Privatleben fast schon erholsam, weil sie in einem leichteren Stil erzählt werden.

    Stimmt, geht mir auch so.

    Obwohl er gerade in diesem Abschnitt privat große Verluste erleidet. Seine Frau und die beiden Töchter verliert er an dieses schreckliche Fieber. Und er scheint sie alle sehr geliebt zu haben.

    Ich hab ja gerade den Eindruck mitgenommen, er wäre Johane nicht abgeneigt, weil sie seiner Liz so ähnlich ist, aber sie ist nicht verfügbar ;). Spannend fand ich auch die Szene, wie sich Mary ihm anbietet. In dem Moment hat sie mir echt leid getan, ihm wahrscheinlich auch, aber später heißt es, sie wäre auch eine echte Boleyn und durch und durch berechnend.


    Vielleicht fällt Anne Boleyn mit unter die Rubrik "Wölfe", so wie sie hier dargestellt wird ;).


    Nachdem ich mich an den eigenwilligen Stil gewöhnt und verinnerlich habe, dass "er" immer Cromwell ist, bin ich gefesselt. Trotzdem wird es bei mir seine Zeit brauchen, bis ich durch bin, denn langsam und aufmerksam lesen muss ich doch.

  • Ein großes Verdienst dieses Buches ist, dass der Leserin klar wird, wie schwer es war, in dieser Zeit zu leben. Es konnte einem alles mögliche passieren. Krankheiten, Seuchen, man konnte auf der Straße ermordet werden, unvermittelt im Tower landen - und es gab keinen, an den man sich wenden konnte.

    Nicht einmal die Mächtigen waren gefeit.

    Es ist kein bisschen verwunderlich, wie hart die Menschen waren, sie mussten es einfach werden, um zu überleben.

  • Entschuldig Saiya, ich vergesse, dass du mit dem Hörbuch dabei bist.


    Es ist Allerheiligen 1529 und die Nacht davor, die auch hier schon mit Halloween bezeichnet wird.


    Cromwell denkt an seine Liz, an die Vigilien, die er mit ihr zusammen und mit der Gemeinde gehalten hat. Er hält Liz Gebetbuch mit den Stundengebeten in Händen und erinnert sich an die Berührung der Finger seiner Frau, meint die Finger der toten Mädchen, die das Stundenbuch gerne anschauten, zu spüren. Er weint.

    Sie ist sehr anrührend, diese Szene.

    Dann kommt George Cavendish dazu und holt ihn in die Wirklichkeit zurück.


    Gleich am Anfang auch ein Satz, der mich richtig erschüttert hat: "Die Welt nässt und blutet an ihren Rändern"

    Wenn ich mich so umschaue, tut sie das wohl immer, die Welt.


    Ich hoffe, du findest diesen kurzen Abschnitt - es sind nur fünf gedruckte Seiten.

  • Danke! Das Stichwort "Halloween" reichte schon. :-)

    Die Überschrift und vor allem auch der von dir zitierte Satz passen perfekt dazu. Sie spiegeln sich sowohl in Cromwells privater Situation, als auch in seiner beruflichen Laufbahn, dem "Zustand" des Königs, der Königin, des Landes und Europa in den unruhigen Zeiten der Reformation selbst.


    Je länger ich hier Cromwell folge, desto mehr fällt mir auf, wie wichtig es Mantel zu sein scheint, darzustellen, dass diese unklare Situation, die aus den Angeln gehobene religiöse Welt, alle Bereiche des Lebens betroffen hat.

  • Vermutlich ist Religion grundsätzlich viel wichtiger gewesen als heute. Ein bestimmender Teil des Lebens der einfachen Menschen. Ihre Richtschnur, ihr Trost. Und wenn sie den nicht mehr hatten, haben sie buchstäblich den Boden unter den Füßen verloren.

    Für die Mächtigen war Religion sicher auch wichtig - Henry war gerade in jungen Jahren sehr religiös und hat sich für Theologie interessiert. Aber sie ist immer auch ein Teil der Macht gewesen. Und damit auch eine Bündnisfrage.

    Gerade in Zeiten, wo selbst der Pabst zum Spielball wurde.

  • Ich habe den zweiten Teil nun endlich beendet. Mir liegt diese Erzählweise irgendwie gar nicht. Ich hab wirklich schon überlegt, abzubrechen 😒

    Es passiert wenig, es wird episch verbreitet, was der Kardinal denkt, tut und will. Dazu ständig der Wechsel in der Bezeichnung der Personen, mal ist es der Kardinal, dann Thomas, dann wieder ein anderer Thomas, puh...

    Auch der Konflikt um die Ehe von Henry und Katherine, schon spannend, doch hätte ich es gern straffer erzählt gehabt.


    Die Abschnitte um Thomas Cromwells Privatleben sind sehr erholsam und interessant.

    Mary Boleyn - was für eine Schlange! Es tat mir auch sehr leid, dass Cromwells Familie starb.


    So langsam wie bei diesem Buch bin ich sehr selten. Wenn ich vorm Einschlafen lese, schaffe ich maximal 10 Seiten, dann bin ich todmüde. Naja, weiter gehts...

  • Ich hätte auch nichts dagegen, wenn in weniger epischer Breite erzählt würde, manchmal krieg ich leicht glasige Augen ;). Aber andererseits macht gerade dieser Stil das Buch zu etwas Besonderem, das sich von den anderen historischen Romanen zu diesem Thema abhebt. Und irgendwie fasziniert es mich in ganz vielen Passagen doch.

    Ich bin jetzt im letzten Dritte des nächsten Abschnitts und bislang habe ich noch nicht an einen Abbruch gedacht.

  • Ich hab gestern abend noch weitergelesen und finde den 3. Abschnitt spannender. Vielleicht lag es auch daran, dass ich so wenig geschafft habe und fast eingeschlafen bin nach wenigen Seiten.

  • Ich bin hier wohl zum Nachzügler geworden, aber ich bin noch dabei. Abbrechen werde ich sicher nicht.


    Genau wie viele andre hier muss ich das Buch sehr konzentriert lesen. Das führt dazu, dass ich nur abends etwas weiter komme, wenn ich zwischendurch oder im Bus lesen will, muss ich zu etwas anderem greifen. Dazu kommt, dass ich immer mein Smartphone daneben liegen habe, weil ich doch noch auf das eine oder andere stoße, was ich genauer wissen will. Und dabei halte ich mich schon für jemanden mit relativ viel Ahnung über die Tudorzeit *puh*


    Cromwell tut mir hier fürchterlich leid - auch wenn er eigentlich sonst gar nicht zu den Figuren gehört, die mir sympathisch sind. Da geht es mir wohl wie Saiya.


    Was Mary Boleyn angeht, bin ich sehr zwiegespalten. Wahrscheinlich ist sie wirklich berechnend, aber auf der anderen Seite ja auch in einer ziemlich verfahrenen Situation. Und man darf ja auch nicht vergessen, dass es gerade Mädchen damals von früh an eingetrichtert wird, dass es nichts wichtigeres gibt, als sich so gut wie möglich zu verheiraten und die Ehe mit Söhnen zu festigen. Da muss man sich doch fühlen wie eine Handelsware. Und Anne tut ja ihr übriges, um ihr das Leben zur Hölle zu machen - schon allein, um sicherzugehen, dass sie die Oberhand behält, was Henry angeht.


    Den Halloween-Absatz fand ich auch sehr bewegend. Auch wenn es in der Zeit häufig vorkam, der Verlust der eigenen Kinder und des Partners muss die Hölle sein.

  • Es stimmt, die Gedanken nachzuverfolgen ist nicht immer einfach. Zumal das oft auch mit Zeitsprüngen verbunden ist.

    Mir ist aber andererseits noch kaum ein Buch begegnet, in dem der Zusammenhang zwischen Religion, Macht und Privatleben der Herrschenden so deutlich wurde. Vielleicht mit Ausnahme der Sansom Bücher.

    Das macht dieses Buch für mich zu etwas Besonderem.

  • Was Mary Boleyn angeht, bin ich sehr zwiegespalten. Wahrscheinlich ist sie wirklich berechnend, aber auf der anderen Seite ja auch in einer ziemlich verfahrenen Situation. Und man darf ja auch nicht vergessen, dass es gerade Mädchen damals von früh an eingetrichtert wird, dass es nichts wichtigeres gibt, als sich so gut wie möglich zu verheiraten und die Ehe mit Söhnen zu festigen. Da muss man sich doch fühlen wie eine Handelsware. Und Anne tut ja ihr übriges, um ihr das Leben zur Hölle zu machen - schon allein, um sicherzugehen, dass sie die Oberhand behält, was Henry angeht.

    Manchmal fragt man sich wirklich, wer mieser dran gewesen ist in diesen Zeiten. Die vermeintlich besser gestellten Ladys, die so oft aus machtpolitischen Erwägungen verschachert wurden oder die "Armen" in ihrem Kampf ums tägliche Überleben.

  • Ich komme auch nur ganz langsam und gemächlich voran, obwohl ich das Buch schon kenne, kann ich es nicht lesen, wenn mein Mann neben mir Fernseh guckt und da das abends meine Hauptlesezeit ist, gibt es kein Stück.:wow

    Ich habe schon so viele Bücher aus dieser Zeit und mit diesen Personen gelesen, die purzeln in meiner Erinnerung munter durcheinander, ohne dass ich sie noch zuordnen könnte.

    Diese so unterschiedlichen Auslegungen von historischen Persönlichkeiten bei verschiedenen Autoren finde ich immer ganz besonders interessant. Hier bedauere ich es manchmal schon, dass ich besagte Erinnerungen nicht mehr so richtig zuordnen und differenzieren kann.

    So geht es mir auch.

    Ich finde Cromwell hier sehr sympathisch dargestellt, vor allem im Umgang mit seiner Familie



    Mary Boleyn - was für eine Schlange!

    Dachte ich im ersten Moment auch, aber eigentlich tut sie mir leid und ich kann nachvollziehen, dass sie auf diese Weise einen Weg aus einer schier ausweglosen Situation sucht.