Passagen-Verlag, Wien 2017
ISBN 9783709202500
Kartoniert, 200 Seiten, 26,00 EUR
Kurzbeschreibung:
Es geht um das Leben meiner Mutter, in Wahrheit, ums Leben, darum zu leben, von ihrem Überleben zu leben und sogar, was noch mehr ist, um ihr Überleben, ihre Weisen, sich selbst zu überleben und die Zeit." In diesem Buch erkundet Hélène Cixous erstmals die facettenreiche Persönlichkeit ihrer Mutter, die in vielen ihrer nachfolgenden Werke einen wichtigen Platz einnimmt und deren Geburtsort Osnabrück, Stadt des Westfälischen Friedens, dem Band seinen Namen leiht. "Vor langer Zeit bereits ist dieses Buch aufgebrochen, Monate, Straßen, lang wie Nächte in fremden Ländern, ohne Züge, Städte in allen Größen, seit ein oder zwei Jahren durchwandert es das Mysterium der Zeiten auf den vier Kontinenten, die die Geschichte meiner Mutter tragen und sie gleichermaßen interessieren. [...] Doch bald schon entdeckte ich, dass es ein Kampf werden würde, dies Buch gegen sich selbst, und genauer noch ein Kampf meiner Mutter gegen meine Mutter, ich präzisiere: von Maman gegen meine Mutter und noch genauer ein in meiner Mutter selbst geführter Kampf, der sich über die ganze Erde hin erstreckte - die Erde, die sie ist -, zwischen Maman, meiner Mutter, Eve, unserer Mutter, Eva, Eva Klein, der Verlobten meines Vaters, und Eve Cixous, Hebamme, ein unausgesetzter Kampf so lebensnotwendig und stetig wie Herzschlag und Atem."
Über die Autorin:
Hélène Cixous, geboren 1937 in Oran, Algerien, studierte in in Bordeaux und Paris. Infolge der Studentenproteste gründete sie mit anderen das experimentelle Studienzentrum in Vincennes (heute Universität Paris VIII St. Denis), wo sie von da an lehrte und 1974 ein Zentrum für Études Féminines gründete - das erste seiner Art in Europa. Ihre Werke umfassen Romane, Theaterstücke und Dichtungen.
Mein Eindruck:
Der Passagen-Verlag hat schon einige Helene Cixous-Bücher veröffentlicht. Helene Cixous ist eine wichtige feministische Autorin aus Frankreich. Sie ist in Deutschland nicht einfach zu vermarkten, bleibt also meist nur einer speziellen Leserschaft bekannt. Dabei gibt es einen konkreten Zusammenhang zu Deutschland. Cixous Mutter Eve stammt aus Osnabrück. Sie wurde 1910 geboren. Als Jüdin wanderte sie aber 1930 aus, heiratete und ging nach Algerien, wo Helene und ihre Bruder geboren wurden.
In diesem sehr emotinal geschriebenen Buch, das entgegen der durch den Titel gesteckte Erwartung in Oran und Paris handelt, geht es um das Mutter-Tochter-Verhältnis und ihr gemeinsames Leben. Eves Mann starb früh 1948, Helene ging nach Frankreich, wo sie eine berühmte feministische Persönlichkeit wurde. Doch die Autorin nimmt sich selbst meist zurück, im Vordergrund steht die Mutter, die eine starke und gewitzte Frau war. Als Hebamme schlug sie sich durch, ging später aucfh nach Paris und lebte ganz in der Nähe von Helene.
Mir hat das Buch sehr gut gefallen. Erfreulicherweise ist es gut lesbar. Das ist bei der hohen Komplexität, der starken Ausdruckskraft und der fordernden Sprache von Cixous Prosa nicht selbstverständlich.ich glaube, die Übersetzerin Esther von der Osten hat eine gute Übersetzung aus dem Französischen erstellt, wobei sie im Nachwort auf einige nicht ins Deutsche übersetzbare Stellen eingeht.
.
Neben den sprachlichen Qualitäten interessierte mich die Geschichte der Familie und besonders das liebevolle, intensive Verhältnis zwischen Mutter und Tochter.
Helene Cixous hat weitere Bücher geschrieben, in denen die Mutter, die Familiegeschichte und auch Osnabrück eine Rolle spielte. Zum Beispiel: Benjamin nach Montaigne - Helene Cixous
Ein weiteres Buch der Autorin mit dem Titel "Osnabrück-Hauptbahnhof nach Jerusalem" wird in Kürze erscheinen.