'Die Pilgerjahre des farblosen Herrn Tazaki' - Seiten 243 - Ende

  • Puh, jetzt sitze ich hier und bin hin und her gerissen, was ich denken soll.... :gruebel Eines ist aber sicher: ich habe das Buch sehr gerne gelesen und ich muss mir Murakamis andere Bücher wirklich Mal genauer anschauen.


    Der Schluss lässt mich jedoch zwiegespalten zurück. Als ich die letzten Zeilen las, hatte ich das Gefühl, dass Tsukuru stirbt. Nachdem ich nun aber eure Gedanken zum Buch gelesen habe, bin ich mir so gar nicht mehr sicher, ob ich das richtig verstanden habe. ;-) Vor allem Regenfischs Gedanke, dass der Schluss etwas "Erlösendes" hätte, gefällt mir ausserordentlich gut. Ich hatte auf jeden Fall auch das Gefühl, dass Tsukuru zu sich selber gefunden hat und sich nicht mehr so farblos sieht. Nichtsdestotrotz bleibt bei mir die Frage, was am Schluss wirklich mit Tsukuru geschehen ist. Ist er eingeschlafen und wird am drauffolgenden Tag erfahren, wie sich Sara entschieden hat? Ich würde ihm auf jeden Fall von Herzen gönnen, wenn Sara sich für ihn entscheiden würde.


    Die andere Hälfte meiner Seele hängt aber immer noch der Idee nach, dass Haida und Sara nur "eingebildete Freunde" waren. Sie passten für mein Gefühl zu perfekt in Tsukurus "Lücken" rein und hatten eigentlich immer die passenden Worte und Fragen parat. Auch die Frage nach Shiros Vergewaltiger und Mörder wurde ja nicht geklärt und für mich gehört Tsukuru immer noch zu den Verdächtigen. Denn er konnte sich sehr lebhaft vorstellen, wie er Shiro in Hammamatsu aufgesucht haben könnte - das fand ich schon unheimlich. Trotzdem mag ich Tsukuru nach wie vor sehr und ich hoffe einfach, dass er tatsächlich seinen Seelenfrieden gefunden hat - so oder so....



    Kleiner Nachtrag

    Bevor ich diesen Text jetzt abgeschickt habe, habe ich ihn mir nochmals durchgelesen... schon krass, was mir da durch den Kopf geht. =O Kurzzeitig habe ich überlegt, ihn gar nicht abzuschicken. Aber Leserunden sind ja da, um zu diskutieren und nicht, um seine Gedanken zurück zu halten. ;-)


  • Mir geht es ähnlich wie dir, Ayasha. Ich mochte das Buch bis zu dem Teil nach der Reise zu Eri und ich wollte es wirklich bis zum Ende mögen. Danach fand ich es aber einfach nur noch schlecht zu Ende geschrieben (wobei man ja kaum von einem wirklichen Ende reden kann). Der Schluss ist für mich persönlich unausgegoren, nicht durchdacht und macht für mich alles, was Murakami bis dahin aufgebaut hat völlig sinnlos. Kaum ein Faden läuft zusammen, nichts wird zu Ende erzählt und auch sprachlich lässt es am Ende nach. Er hätte das Buch nach Eri enden lassen können und ich hätte es trotz des offenen Endes gemocht. So aber nicht.

    Warum braucht er unbedingt diese Sara für sein Seelenheil? Ein gutes Ende dieser "Pilgerreise" bzw. seines Loslassens und Erwachsenwerdens wäre es gewesen, wenn er mit sich selbst im Reinen gewesen, seine eigenen bunten Farben, die ihn als Menschen unabhängig vom Namen ausmachen, hätte wahrnehmen können und er nicht auf Saras Entscheidung angewiesen wäre. So wie es am Ende von Eris Besuch war. Das verstehe ich nicht unter Freiheit und Seelenfrieden. Wozu die Pilgerreise, wenn am Ende eine neue Abhängigkeit steht (oder sogar der Tod) steht. Immerhin könnte man es auch als Herzinfarkt und als "das Licht am Ende des Tunnels" interpretieren.

    Ich habe mich wirklich geärgert und wollte eigentlich nichts mehr hier schreiben. Ich habe eure Beiträge natürlich alle gelesen und weiß, dass ihr es alle anders seht. Vielleicht bin ich auf einfach für Murakami nicht geschaffen und verstehe eure Begeisterung deshalb nicht.

  • Warum braucht er unbedingt diese Sara für sein Seelenheil? Ein gutes Ende dieser "Pilgerreise" bzw. seines Loslassens und Erwachsenwerdens wäre es gewesen, wenn er mit sich selbst im Reinen gewesen, seine eigenen bunten Farben, die ihn als Menschen unabhängig vom Namen ausmachen, hätte wahrnehmen können und er nicht auf Saras Entscheidung angewiesen wäre.



    So wie es am Ende von Eris Besuch war. Das verstehe ich nicht unter Freiheit und Seelenfrieden. Wozu die Pilgerreise, wenn am Ende eine neue Abhängigkeit steht (oder sogar der Tod) steht.

    Ich weiß immer noch nicht, wie ich das Zitat teilen kann, daher erst zum ersten Teil:

    Für mich ist es eher logisch und zu seinem bisherigen Weg passend, dass er eben nicht den Absprung zur Eigenständigkeit findet, wobei ich nicht so sicher bin, dass er sie auf seine Weise nicht auch hat.

    Die Ausschließlichkeit, mit der er seine Zukunft an Sara bindet, ist für mich schlüssig. Gefallen im Sinne von zufrieden sein, muss ich nicht.


    Will er denn frei sein? Zufrieden vielleicht.

    Vielleicht wird er ja auch irgendwann soweit sein, dass er sich selbst zutraut, notfalls allein zu bleiben. Wir erfahren es nicht.

    Eigentlich ersetzt er, nach jahrelanger Pause, in denen er das nie verwinden konnte, sein kleines Wohlfühlnestchen, aus dem ihn seine Freunde vor Jahren geworfen hatten, durch eins, in dem Sara sagt, was gut und richtig und wichtig ist.

    Ob ich das gut finde? Menschlich nicht. Bei einem Roman kann ich damit aber durchaus leben.

  • Ich weiß immer noch nicht, wie ich das Zitat teilen kann,

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    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin

  • Für mich ist es eher logisch und zu seinem bisherigen Weg passend, dass er eben nicht den Absprung zur Eigenständigkeit findet, wobei ich nicht so sicher bin, dass er sie auf seine Weise nicht auch hat.


    Die Ausschließlichkeit, mit der er seine Zukunft an Sara bindet, ist für mich schlüssig. Gefallen im Sinne von zufrieden sein, muss ich nicht.

    So geht es mir mit dem Ende auch. Wobei ich mir vorstellen kann, dass er jetzt für Sara nach seiner Reise viel interessanter geworden ist, mehr an Farbe gewonnen hat. Ich halte eine Beziehung für wahrscheinlich. Ich könnte mir auch vorstellen, dass er nund weiß, dass er in diesem Leben nichts mehr verloren hat, und sich umbringt. Alles ist möglich und darum finde ich das Ende so gut und passend.

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin

  • Alles ist möglich und darum finde ich das Ende so gut und passend.

    Und auch das ist meiner Meinung nach eine der Stärken von Murakamis Romanen: er zwingt nichts auf, die Leserschaft ist zum Selberdenken aufgefordert und dazu, sich eigene Gedanken einfallen zu lassen.

    In Murakamis Werk gibt es kein "und-sie-leben-glücklich-bis-an-ihr-Ende".


    Das Leben beinhaltet immer auch Veränderung. Und diese ist meist unvorhersehbar.

    Ich finde den Schluss sehr schön, und er wird mich so schnell nicht loslassen.

    Kinder lieben zunächst ihre Eltern blind, später fangen sie an, diese zu beurteilen, manchmal verzeihen sie ihnen sogar. Oscar Wilde

  • Och, ich kann durchaus selber denken und schätze das bei Büchern sehr. Ich brauche auch kein Friede-Freude-Eierkuchen-Ende (ehrlich gesagt, lese ich Bücher aus diesem Bereich eher selten; auch bei meinem aktuelles Buch muss ich mitdenken und erwarte kein gutes Ende ) und trotzdem kann ich Murakami und insbesondere diesen Schluss nicht mögen. ;-)

    Letztendlich ist es eben auch nur Geschmackssache und die Ansprüche an das Gelesene stellt auch jede/r für sich selbst auf.

  • Genau. Ein offenes Ende lädt immer zu Spekulationen ein. Egal in welche Richtung. Für mich hätte es durchaus stimmig sein können, dass er Shiro umgebracht hat. Dazu würden dann imaginäre Freunde wie Haida und Sara passen, wobei ich eher bei Haida wäre als bei Sara. Bei ihr könnte ich mir immer noch vorstellen, dass sie den Tod von Shiro aufklären will. Und dazu Tsukurus Reise animiert. Damit er sich erinnert. Ob das auch eintrifft wissen wir nicht. Ich habe das Buch gern gelesen, aber ich mag es auch, wenn ich weiß woran ich bin. Ob es für alle gut ausgeht ist Nebensache.

  • Och, ich kann durchaus selber denken und schätze das bei Büchern sehr.

    Ich wollte das nicht in Frage stellen. Ich wollte nur erklären, wie und warum es mir anders geht.:knuddel1

    Ich brauche auch kein Friede-Freude-Eierkuchen-Ende (ehrlich gesagt, lese ich Bücher aus diesem Bereich eher selten; auch bei meinem aktuelles Buch muss ich mitdenken und erwarte kein gutes Ende ) und trotzdem kann ich Murakami und insbesondere diesen Schluss nicht mögen.

    Dann brauchen wir dich auch nicht mehr versuchen zu überreden, oder?;)