Heike Abidi, Anja Koeseling (Hrsg): Advent, Advent, der Christbaum brennt, 24 neue Geschichten aus der chaotischen Weihnachtszeit, Hamburg 2017, Eden Books, ISBN 978-3-95910-086-1, Softcover, 271 Seiten, Format: 12,3 x 2,2 x 19 cm, Buch: EUR 9,95 (D), EUR 10,30 (A), Kindle Edition: EUR 7,99.
Wem ein Adventskalender mit Schokolade zu kalorienreich, einer mit Bildchen zu langweilig und einer mit 24 kleinen Geschenken zu aufwändig ist, dem kommt vielleicht dieses Buch gerade recht: ein Adventskalender zum Lesen! 24 lustige, ernste, spannende und stimmungsvolle Geschichten rund um die (Vor-)Weihnachtszeit plus ein paar amüsante und informative Extra-Beiträge.
30 Autorinnen und Autoren aus dem deutschsprachigen Raum haben sich des Themas angenommen. Egal, ob man nun jeden Tag eine Geschichte liest oder alle hintereinander weg: man wird sich bestens unterhalten fühlen und selbst dann spontan in Weihnachtsstimmung kommen, wenn man die Geschichten bei strahlendem Sonnenschein auf dem Balkon sitzend genießt.
Es geht um Familienchaos, Beziehungsgeschichten, Weihnachtsabenteuer und natürlich auch um gutes Essen. Gleich zum Einstieg gibt’s 7 ULTIMATIVE ENTSPANNUNGSTIPPS ZUM FEST. Die sollte man beherzigen, wenn es einem nicht so ergehen soll wie den Heldinnen und Helden der hier beispielhaft herausgegriffenen Kurzgeschichten.
Familie und andere Katastrophen
DIE KIPFERL DES GRAUENS entstehen, als die kinderlose Freundin sich anbietet, mit Merles drei Söhnen Weihnachtsplätzchen zu backen. Die Jungs erweisen sich dabei als außerordentlich … kreativ. HOHER BESUCH klingelt an Heiligabend ganz unerwartet bei einer Familie. Der Gast sieht aus wie Jürgen Vogel, stellt sich als der Messias vor und hat ganz eigene Vorstellungen von einer Weihnachtsfeier. Na gut: Ist ja auch seine Party! – Beim letzten Großreinemachen hat Max versehentlich den Weihnachtsschmuck von Uroma Käthe entsorgt. Die heiligen Familienerbstücke! Wenn das seine Schwiegermutter sieht! Ersatz muss her: WEIHNACHTSSCHMUCK 2.0. – ZUM KINDERKRIEGEN kommt natürlich auch der 24. Dezember infrage. Auf Heiligabend und die Wünsche des Klinikpersonals nimmt Mutter Natur keine Rücksicht. Tatsächlich geht’s an Weihnachten auf der Entbindungsstation besonders rund. Krankenschwester Thordis kennt das schon …
Belastungsprobe für Beziehungen
UMTAUSCH AUSGESCHLOSSEN: Die junge Heldin ist beleidigt, weil ihr Lebensgefährte ihr ausgerechnet eine Küchenmaschine zu Weihnachten schenkt und würdigt das Präsent keines Blickes. Ein großer Fehler! – ELVIRA UND GISELA sind schon seit 50 Jahren beste Freundinnen. Ausgerechnet jetzt im Advent verkrachen sie sich. Aber Weihnachten allein ist doch wie Winter ohne Schnee! – VOR THEAS TÜR steht leider nicht ihr Schwarm Johann, sondern ihre Schwester Hanne, mit der er sich verlobt hat. Hanne will sich mit Thea versöhnen. Als LeserIn hat man die ganze Zeit über das Gefühl, dass mit Theas Story irgendwas nicht stimmen kann. – PAARE IM RÜCKSPIEGEL beobachtet ein Autofahrer, der zum letzten Mal zu Frau und Sohn nach Hause fährt. Er hat schon eine eigene Wohnung. Aber wie soll er das mit der Trennung seinem Kind beibringen, ausgerechnet an Weihnachten?
Vom Feiern und vom Schlemmen
Eine besondere Art Weihnachtswunder erleben Schäferhund HERR KNICKE und die Nachbarskatze Satan – zu zweit allein in der Küche, während die Familie sich um einen schief stehenden Weihnachtsbaum kümmert. Zum Piepen! – GANS VEGAN möchte Neuveganer Boris seiner Familie und den Gästen kredenzen. Ein riskantes Unterfangen: Seine veganen Plätzchen mag nicht mal der Kater. Und das „Gans“-Rezept ist auch viel schwieriger umzusetzen als das Rezept vermuten ließ. Eine Katastrophe droht!
Ach, eine Weihnachtsgans muss man vorbestellen? Das war dem frisch gebackenen Familienvater nicht klar. Weil er seine Frau nicht enttäuschen will, bricht er auf zu einer wahren Odyssee. So ganz versteht er den Zirkus ja nicht. Bei seiner ägyptischen Familie gab’s nie ein traditionelles Weihnachtsessen. Und so steht bald die Frage im Raum: GANS ODER FALAFEL? – Christina hat den üblichen Weihnachtszirkus satt. Dieses Jahr wird mit Mann und Teenie-Kindern bei der Schulfreundin in Rio gefeiert. Und OPA MUSS MIT. So meckern und maulen sie nun alle unter der Sonne Brasiliens. – Geschmeichelt fühlt sich ein Autor, dass er mit der örtlichen High Society zum FEST DER LIEBE bei der mondänen Freifrau eingeladen ist. Die Bussi-Bussi-Gesellschaft lässt sich durch nichts vom Feiern abhalten, nicht einmal durch einen Todesfall.
Abenteuer Weihnachten
Schon im September beschließt ein Ehepaar, den WEIHNACHTSWAHNSINN dieses Jahr einfach nicht mitzumachen. Keine Geschenke, kein Baum, kein Weihnachtsmenü. Einfach gemütlich vor der Glotze abhängen. Aber es kommt anders. – Der Autor von DREI WISE GUYS verlegt die Weihnachtsgeschichte kurzerhand in die Gegenwart. Aus König Herodes wird ein Mafiaboss. – Ein Leben im indischen Ashram, fernab von der konsumgesteuerten westlichen Welt ist für den Helden der Geschichte DIE HEILIGEN DREI KÖNIGINNEN die Erfüllung seiner Träume. Bis es Weihnachten wird und der Guru wüst darüber herzieht. Das stört den jungen Mann ganz enorm. Ganz so einfach ist es wohl doch nicht, seine kulturellen Wurzeln zu kappen. WEIHNACHTSSEHNSUCHT hat Anna, die derzeit in Israel lebt. Sie streift durch Jerusalem und fragt ihre Bekannten unterschiedlicher Glaubensrichtungen, was sie Jesus/Issa wünschen und geben würden, wenn er jetzt zu ihnen käme. Die Antworten fallen recht überraschend aus.
Eine vielseitige Mischung. Und wer schrieb was?
Wie bei allen Anthologien der beiden Herausgeberinnen steht auch hier kein Autorenname bei den Geschichten. Allenfalls im Anhang, in den Kurzvitae der AutorInnen, wird enthüllt, wer was geschrieben hat – aber nicht in jedem Fall. Das hatte seine Berechtigung, als die Themen so persönlich waren wie Elternabend und Schwiegermütter. Da wäre Ärger zu befürchten gewesen, wenn jemand seine Story zu nah an der Wirklichkeit angelegt hätte. Aber mittlerweile sind die Beiträge so fiktional geworden, dass es eigentlich schade ist, wenn man nicht alle Texte ihren UrheberInnen zuordnen kann. Von manchen AutorInnen würde man vielleicht gerne mehr lesen, aber dazu müsste man deren Namen kennen.
Gut, die Geschichten von Akram El-Bahay sind vom Inhalt her eindeutig identifizierbar. Die Jerusalem-Story würde ich Lisa Yehuda zuordnen – und Tom Liehr hat den Titel und Seite seines Beitrags vor einiger Zeit bei Facebook erwähnt. Bei allen anderen muss ich raten und/oder mir die Informationen aus den Vitae zusammenklauben. Ich finde das ein bisschen unkomfortabel. Könnte man dieses Prozedere vielleicht einmal überdenken? Aber gut: Vielleicht geht das ja nur mir so.
Die Geschichten sind auf jeden Fall sehr abwechslungsreich und vergnüglich und manch eine gibt einem zu denken. Dass man nicht alle Beiträge gleich toll finden wird, liegt in der Natur der Sache. Aber es sind für jeden Leser und jede Leserin genügend Highlights dabei.
Die Herausgeberinnen
Heike Abidi ist freiberufliche Werbetexterin und Autorin. Sie schreibt vor allem Unterhaltungsromane für Erwachsene sowie für Jugendliche und Kinder. Mit Mann, Sohn und Hund lebt sie in der Pfalz bei Kaiserslautern.
Anja Koeseling war als Journalistin und Publizistin tätig, bevor sie 2008 die Literaturagentur Scriptzz mit Sitz in Berlin gründete. Heute schreibt sie Sachbücher.
Die Autorinnen und Autoren
Heike Abidi, Kerstin Bätz, Volker Bätz, Susanne Böckle, Ursi Breidenbach, Andreas Brettschneider, Wiebke Busch, Akram El-Bahay, Michael Engler, Christa Goede, Moritz Hampel, Roland Helm, Anna Herzog, Charlotte Hirsch, Heike Jurzik, Anja Koeseling, Rebekka Knoll, Olaf Köhler, Timm Kruse, Tom Liehr, Petra Plaum, Julia Reibel, Björn Schmidt, Heike Eva Schmidt, Tino Schrödl, Andrea Schütze, Heike Schulz, Katharina Seck, Mina Teichert, Lisa Yehuda.