Tetsuya Honda: Stahlblaue Nacht (Reiko Himekawa 2.)
FISCHER Taschenbuch 2017. 432 Seiten
ISBN-10: 3596036674
ISBN-13: 978-3596036677. 10,99€
Verlagstext
Die Kult-Serie aus Japan: Der zweite Fall für die Tokioter Ermittlerin Reiko HimekawaIn einem Außenbezirk von Tokio wird in einem Kleinlaster eine abgetrennte Hand gefunden. Ein Bauarbeiter meldet seinen Boss als vermisst, in dessen Garage finden die Ermittler eine große Blutlache. Schnell scheint klar, dass die Hand zu Ken’ichi Takaoka gehört, einem kleinen eigenständigen Bauunternehmer. Aber wo ist die restliche Leiche? - Als Reiko Himekawa ein Foto des Vermissten einem alten Schulfreund von Takaoka zeigt, führt das ihre Ermittlung plötzlich in eine völlig andere Richtung. Denn der Freund behauptet, dass der Mann auf dem Foto überhaupt nicht Takaoka ist. Aber wer ist es dann? Und wo ist Takaoka? - Spannend, hart und nervenaufreibend: Reiko Himekawa und ihr Team entdecken ein brutales mafiöses System, das seit Jahren Menschen ausbeutet und in den Tod treibt
Der Autor
Tetsuya Honda ist einer der erfolgreichsten Autoren in Japan. Mit der Figur der Reiko Himekawa schuf er die jüngste Ermittlerin der Tokioter Mordkommission und eine der erfolgreichsten Serien: über 4 Millionen verkaufte Bücher, zwei Fernsehserien, ein Kinofilm und ein TV-Special. Der Autor lebt in Tokio.
Die Reiko Himekawa Reihe
1. The Silent Dead (2016) (original title: Strawberry Night 2006)
2. Soul Cage (2007)
3. Symmetry [Short Story Collection]
4. Invisible Rain (2009)
5. Blue Murder (2012)
6. Glass Sun – Rouge (2016)
Inhalt
In Tokio wird eine abgetrennte Hand gefunden; der Körper dazu fehlt bisher. Fingerabdrücke am Fundort führen zu Kenichi Takaoka, einem Subunternehmer, der für große Bauunternehmen arbeitet. Die schwere Verletzung muss direkt zu seinem Tod geführt haben. Ein noch unbekannter Icherzähler berichtet in einem weiteren Handlungsstrang vom Tod seines Vaters, der von einem Baugerüst stürzte, und wie ein älterer Kollege des Vaters sich um das Waisenkind kümmerte.
Zwei Teams der Tokioter Mordkommission ermitteln im Bekanntenkreis des Mannes und in der Baubranche. Die Verknüpfung von Nakabayashi Construction mit der japanischen Mafia scheint zunächst mit dem Todesfall nichts zu tun zu haben. Kein Zufall kann jedoch sein, dass auf Baustellen der Firma mehr als ein Arbeiter vom Baugerüst in den Tod stürzte, für den eine hohe Lebensversicherung abgeschlossen war. Die Wende für die Ermittlungen bringt die Entdeckung, dass ausgerechnet zwischen den Kindern zweier Unfallopfer eine enge Beziehung besteht - und dass der inzwischen gefundene tote Bauarbeiter nicht der magere Junge mit zwei linken Händen sein kann, den seine Altersgenossen als Kenichi Takaoka kennen.
Seit der Mordserie vom Vorjahr, in der die Kommissare Reiko und Kusaka im ersten Band der Serie ermittelten, hat sich an den Strukturen der Kripo nichts verändert. Reiko Himekawas Team steht noch immer auf Kriegsfuß mit der Truppe von Mamoru Kusaka. Immer wenn die konkurrierenden Hauptkommissare zusammen arbeiten müssen, erhält der Konflikt neue Nahrung. Reiko kann sich täglich von Neuem darüber ereifern, wenn sie die "Schuhsohlenarbeit" im Zweierteam mit einem ihrer Ansicht nach unwürdigen Kollegen zu erledigen hat. So forsch und so sachlich wie ihr Ruf als coole Ermittlerin vorgibt, ist Reiko im Alltag längst nicht. Kusaka konnte sie seit ihrem ersten Arbeitstag nicht leiden. Während der Ermittlungen tritt sie ihm arrogant und voreingenommen gegenüber. Weil Kusaka ihr grundsätzlich nichts recht machen kann, verliert Reiko allerdings meine Sympathie und wirkt zunehmend wie ein schmollender Teenager. Dass die Kollegen ihre gewohnte Routine durchziehen und sie häufig ignorieren, beruht vermutlich auch auf Reikos Verhalten, nicht nur auf der Tatsache, dass sie jung und weiblich ist. Während sie sich auf ihren Instinkt verlässt und anschließend Beweise für ihre Hypothesen sucht, setzt Kusaka auf akribische Zeugenbefragungen und auf seine schnelle Auffassungsaufgabe.
Tetsuya Honda bleibt auch im zweiten Band der Reihe seinem Hang zu abstoßend blutigen Kapitalverbrechen treu. Das Setting des Falls in der Bauindustrie und Kusakas Arbeitsweise, viele Ermittler zu Fuß zur Zeugenbefragung zu schicken, kommen beide meinen Interessen als Krimileser sehr entgegen. Unter einem Bauarbeiter hatte ich mir spontan einen Maurer oder einen Betonbauer vorgestellt. Logisch. Japanische Bauarbeiter sind - hier - jedoch eher Tischler oder Gerüstbauer. Logisch.
Fazit
Eine Auflösung, die teils durch den inneren Monolog eines Icherzählers erfolgt, wird nicht jedem Leser zusagen. Stilistisch finde ich diesen Band schwer zu verdauen, weil ein aufgesetzter, altertümlich wirkender Slang sich nicht auf die Kommunikation innerhalb einer Generation beschränkt, sondern auch gegenüber Vorgesetzten, Untergebenen und Zeugen benutzt wird. Weder zur streng hierarchisch geordneten Gesellschaft Japans noch zu einer Handlung in der Gegenwart (das Original ist 2009 erschienen) passt dieser aus der englischen Ausgabe übersetzte Alltagslang meiner Ansicht nach.
8 von 10 Punkten