Schreiben und Leben – Martin Walser
978-3-499-26951-6
Tagebücher 1979 - 1981
Verlag: Rowohlt, 2015
704 Seiten
Herausgegeben und mit Anmerkungen von Jörg Magenau
Kurzbeschreibung:
«Der Mensch ist ein Dichter. Und wenn er kein Dichter mehr ist, dann ist er auch kein Mensch mehr», schreibt Martin Walser im April 1979 in sein Tagebuch. Leben und Schreiben? So waren seine Tagebücher bisher überschrieben, aber nun, in diesem vierten Band, ist die Gewichtung eine andere. «Schreiben und Leben» heißt es jetzt: Das Schreiben erst gibt dem Leben seinen Sinn. Und es bringt Schönheiten hervor, die genauso Wahrheiten sind – dafür liefert dieses Tagebuch hinreißende Beweise. Und doch. Es wird gelebt, es wird erlebt, und dann erst wird geschrieben.
Über den Autor:
Martin Walser, 1927 in Wasserburg geboren, lebt in Überlingen am Bodensee. Für sein literarisches Werk erhielt er zahlreiche Preise, darunter 1981 den Georg-Büchner-Preis, 1998 den Friedenspreis des deutschen Buchhandels und 2015 den Internationalen Friedrich-Nietzsche-Preis. Außerdem wurde er mit dem Orden «Pour le Mérite» ausgezeichnet und zum «Officier de l’Ordre des Arts et des Lettres» ernannt.
Mein Eindruck:
Tagebücher haben eine lange Tradition in der Literatur und sind dennoch immer etwas Heikles. Erscheinen sie Posthum, ggf. sogar nach einer Sperrfrist, entsteht automatisch eine Neutralität. Erscheinen sie, wie in diesem Fall, zu Lebzeiten des Verfassers, kann die Larmoyanz und Eitelkeit direkter wirken und hinterlässt beim Lesen nahezu Beklemmungen. Walser nimmt sich nicht zurück, in diesem Band 4 der Tagebücher kommen diverse Gekränktheiten zur Geltung, zum Beispiel wenn Christa Müller 1980 den Büchner-Preis erhält und nicht Walser, wie erhofft oder wenn seine Bücher auf den Bestsellerlisten abrutschen. Natürlich immer wieder Marcel Reich-Ranicki, auch mal Walter Jens oder Enzensberger, mit denen es Streit gibt. Siegfried Unseld ist auch immer ein Thema. Genannt werden auch Begegnungen mit Peter Hamm, Hilde Domin. Lars Gustafsson uva.
Insgesamt ist der deutsche Literaturbetrieb dieser Zeit gut durchleuchtet, wenn auch vom sehr subjektiven Blickwinkel Martin Walsers.
Abgesehen davon schreibt Walser viel von seinem USA-Aufenthalt, offenbar eine positive Erfahrung. Die Familie ist auch mit dabei.
Wieder in Deutschland folgen viele Lesungen, es gibt auch welche in der DDR. Das ist ganz interessant, wie sich Walser da gegen Kürzungen seiner im Westen bereits erschienen Bücher wehrt.
Spannend sind die Abschnitte, die sich mit der Entstehung der Werke in dieser Zeit auseinandersetzen. Von Das Schwanenhaus gibt es unter dem Arbeitstitel Das Kind einige Auszüge der Entwürfe. Weitere Werke, die in dieser Zeit entstehen sind In Goethes Hand, Brief an Liszt, sogar erste Gedanken zur Jagd-Novelle werden einmal erwähnt. Martin Walser war also schon damals so produktiv wie er es auch heute noch ist. Bemerkenswert.
Mich haben die Tagebücher sehr interessiert, da man so den Literaturbetrieb in dieser Zeit besser kennenlernt. Interesse daran muss man mitbringen, sonst wird die Lektüre vermutlich zur Qual.
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ASIN/ISBN: 3499269511 |