Aza Holmes ist ein intelligenter Teenager und auf der High School. Das alles allein könnte schon für genug emotionales Chaos sorgen, aber leider geht es bei Aza noch weiter. Denn ihre Gedankenspiralen machen ihr oft einen Strich durch die Rechnung. Als dann ein Milliardär, der Vater von Davis, eines Grundschulfreundes von ihr, spurlos verschwindet, hilft Aza ihrer Freundin Daisy, diesen Fall so gut es geht aufzulösen.
Doch John Green hat hier keinen Kriminalroman geschrieben, sondern einen schockierenden, offenen, ehrlichen und realistischen Roman, bei dem die Hauptperson an einer psychischen Störung leidet, die ihre Leben tagtäglich beeinflusst. Aza hat OCD (Obsessive Compulsive Disorder) und ihre Gedankenwelt kreist ständig um die panische Angst, sich zu infizieren und obwohl sie weiß, wie unwahrscheinlich es ist, lässt sie der Gedanken nicht los und zwingt sie zu zwanghaftem Verhalten. Dass es somit schwierig ist, Beziehungen einzugehen, Freundschaften zu pflegen oder einfach die Schule zu überstehen, wird in diesem Buch sehr gut klar.
Diese Gedankenspiralen werden allein deswegen schon sehr realistisch dargestellt, da ein Teil von John Green selbst wohl in Azas Charakter eingebaut wurde. In Interviews über das Buch hat er berichtet, selbst an OCD zu leiden und seine Erfahrungen damit in das Buch einfließen zu lassen.
Da in unserer Gesellschaft das Thema Mental Health immer noch oft unter den Tisch gekehrt wird, sind es solche Bücher, die gerade Jugendliche brauchen. Einerseits, um zu verstehen, dass andere an solchen (für die meisten abstrusen) Gedanken leiden – und das eigentlich gar nicht wollen; und andererseits, um als selbst betroffener zu merken: Ich bin nicht allein.
Wer jetzt denkt, das Buch würde eine traurige Stimmung verbreiten: Nun ja, das tut es teilweise. Aber wer andere Bücher von John Green kennt (Das Schicksal ist ein mieser Verräter, Warten auf Alaska etc), der konnte das ja erwarten. Aber es hat auch tolle Momente voller Witz und Liebe, sowie einige interessante Informationen über Tuataras, Astronomie und Star Wars. Das klingt verwirrend? Nein, das ist es nicht!
Mir gefällt es, dass John Green Charakter voller Tiefe gestaltet, deren Beziehungen untereinander so komplex sind, wie in Wirklichkeit auch. Der „Kriminalfall“ rund um Davis‘ Vater rückt generell in den Hintergrund und zeigt vielmehr auf, welche Probleme Davis und dessen Bruder Noah, daraufhin haben. Dies bricht außerdem das Cliché, dass Geld ja wohl glücklich macht. Mitnichten, Davis und Noah würden sicherlich auf ihr Geld verzichten, wenn sie nur eine intakte Familie haben könnten.
Ich kann das Buch nur jedem ans Herz legen. Mental Health geht uns alle etwas an! Das Buch ist kein Sachbuch und hat sicherlich nicht den Anspruch, uns über verschiedene Symptome der psychischen Krankheit aufzuklären, aber durch die Handlung wird ganz beiläufig ein Verständnis für Azas Situation aufgebaut und wer jemanden kennt, der mit solchen Gedankendämonen leben muss, der kann hieraus vielleicht ein paar kleine Tipps ziehen oder etwas mehr Verständnis entwickeln. Letztendlich sucht es sich keiner aus, eine psychische Krankheit zu bekommen, deswegen ist es umso wichtiger, es nicht als Aufmerksamkeit-Wollen abzutun, sondern es als Krankheit genauso ernst zu nehmen, wie wir es bei einer Allergie tun würden und den Menschen als Freund zu helfen, ihren Alltag ein bisschen einfacher gestalten zu können.
ISBN:
978-3-446-25903-4