Die Chefin – Roman einer Köchin
Marie NDiaye
Suhrkamp
Gebunden, 333 Seiten
ISBN: 978-3-518-42767-5
Im Original erschienen unter dem Titel
La cheffe, roman d'une cuisinière (Éditions Gallimard).
Übersetzt von Claudia Kalscheuer
Die Autorin (Verlagsangabe)
Marie NDiaye, 1967 in Pithiviers bei Orléans geboren, veröffentlichte mit 17 Jahren ihren ersten Roman; weitere Romane und Theaterstücke folgten. Für Drei starke Frauen erhielt sie den Prix Goncourt. Sie lebt mit ihrer Familie in Bordeaux, Frankreich.
Inhalt (Verlagsangabe)
Eine Frau aus bescheidenen Verhältnissen kann schließlich ein Restaurant in Bordeaux eröffnen und wird mit einem Stern ausgezeichnet. Welche Künste hat sie in der Küche gelernt und neu interpretiert? Wie ist sie also zur berühmten Chefköchin geworden? NDiaye nimmt den Leser mit auf eine biographische Erkundungsreise, die sich – aufgrund der Sprache, der rhythmischen Satzgebilde, dem Ausgreifen in alle Bedeutungsnuancen, der Verzögerung im Erzählablauf und durch die alles umfassende Bewegung der Sprache – in ein Erlebnis verwandelt.
Der Erzähler, langjähriger Mitarbeiter der Chefin und ihr in (vergeblicher) Liebe verbunden, berichtet von ihrem Leben – ihrem Charakter, ihren Lieben, ihrer Ausbildung, der Kunst der Kochkomposition, dem privaten wie öffentlichen Umgang –, indem er potentielle Fragen und Erwartungen der Leser aufgreift, sie beantwortet und zugleich ins Leere laufen lässt: Sie verlangen danach, unbeantwortet zu bleiben.
Meine Meinung
Zwei Menschen mit jeweils einer Leidenschaft, vielleicht sogar einer Besessenheit. Da ist die Chefin, Sterneköchin aus einfachsten Verhältnissen, der die Komposition der Speisen zum Lebensinhalt geworden ist. Und dann ihr langjähriger Angestellter und Jungkoch, dessen Leidenschaft und Besessenheit sie, die Chefin geworden ist.
Dieser Angestellte erzählt die Lebensgeschichte seiner Chefin und damit auch seine eigene. Inwischen ist er alt geworden, lebt in einem Rentnerparadies in Lloret de Mar, aus dem er immer wieder Erlebnisse einstreut und erinnert sich.
Wieviel von dem, was er da erzählt, tatsächlich vom Leben der so sehr verehrten Chefin berichtet und nicht viel mehr von seinem eigenen, von seinen Urteilen und Vorurteilen, dem was er meint, verstanden zu haben – das muss jede Leserin selbst herausfinden.
Alles in einer durchkomponierten und gleichzeitig sinnlichen Sprache geschrieben – ich bin heilfroh, es in deutscher Übersetzung gelesen zu haben. Im französischen Original wäre ich bei einigen Abschnitten sicher verloren gegangen.
Ein spannendes Buch, das seinen Reiz auch dadurch erhält, dass es so manche Frage, die es aufwirft, gerade nicht beantwortet.
8 Punkte.