Gemeinsam mit Wolfgang Hörner vom Galiani Verlag betraten Autor und Illustratorin die Bühne im Kunstverein zur sehr humorvollen Premierenlesung.
„Moabit“ ist in gewisser Weise die Vorgeschichte zu den Gereon Rath Krimis, jedoch ganz anders strukturiert. Der Roman besteht aus drei Teilen und Volker Kutscher las gleich zu Beginn aus dem ersten Abschnitt, während auf einem großen Bildschirm links der Bühne die jeweiligen Illustrationen gezeigt wurden. Der Schauplatz ist das Gefängnis Moabit und die Hauptfiguren wurden aus der Perspektive eines Insassen vorgestellt.
Kat Menschik mochte die Bücher von Volker Kutscher schon lange und wollte nach einigen Klassikern gerne mit einem ihrer Lieblingsautoren arbeiten. Zuvor hatte sie Geschichten von ETA Hoffman, Kafka und Shakespeare illustriert. Im letzten Sommer sei ihr die Idee gekommen, eine seiner Kurzgeschichten zu illustrieren. Vor dem Treffen habe sie Muffensausen gehabt zumal ihr Verleger noch im Urlaub war. Volker Kutscher habe ihr vorab einige Kurzgeschichten geschickt, alle um die 20 Seiten und sie habe schnell festgestellt, dass ihr das zu wenig sei.
Für ihn habe das bedeutet, etwas Neues schreiben zu müssen, da sich die Kurzgeschichten nicht verlängern ließen. Es dauerte nicht lange, bis auch er Ideen für dieses neue Buch hatte und sich dafür begeistern konnte. Sie wollte, dass auch diese Geschichte im Kosmos von Gereon Rath spielt, aber nicht im 3. Reich, um keine Hakenkreuze zeichnen zu müssen.
So spiele diese Geschichte in den Goldenen Zwanzigern und auf ihren Wunsch hin steht auch eine Frau im Mittelpunkt. Zuvor habe Volker Kutscher einen halben Meter geschrieben, bei dem Männer im Mittepunkt standen.
Volker Kutscher wollte bei diesem Projekt etwas Besonders machen, es anders gestalten und habe sich in einem Abschnitt für die Du-Perspektive entschieden, dann für die Ich-Perspektive. In jedem Abschnitt erzählt eine der drei Hauptfiguren aus ihrer eigenen Perspektive.
Es folgte eine weitere Lesung. Diesmal aus dem zweiten Abschnitt, in dem der Vater von Lotte Ritter einer der Wächter ist.
Kat Menschik wollte jedem Abschnitt ein Porträt der jeweiligen Figur voranstellen, was für Volker Kutscher ein ganz anderes Arbeiten bedeutete, denn er konnte auf Bilder zurückgreifen. Für sie war es etwas Besonders, mit einem lebenden Autor zusammenzuarbeiten – Kafka würde ihr nicht mehr reinreden.
Wie vereinbart schickte er ihr zu Weihnachten die fertige, noch unlektorierte Geschichte. Sie habe lange überlegt, wie sie das Berlin der Zwanziger Jahre einfangen könne, den Tanz auf dem Vulkan und Stadtansichten, die es heute nicht mehr so gibt. Während der ersten Zeichnungen hörte sie von einem Comicfilm über jene Zeit, der jedoch nur über Sprechblasen den Text darstellen kann. Sie hingegen hatte den Vorteil, dass ihr Text ein ganzes Buch sei und sie mehr Freiheit habe. Ihre Leidenschaft für die Gebrauchsgrafik jener Zeit, die alten Schriftarten und die Ästhetik waren deutlich spürbar und sie entschied sich für alte Werbeplakate. Manche authentisch, andere erfunden, die das Gedruckte der Zeit wiederspiegeln.
Das Buch habe durch die Illustrationen einen Magazinlook bekommen, zweispaltig mit Text und den Anzeigen. Wenn jemand einen auf den Kopf bekommt, ist eine Werbung für Aspirin auf der anderen Seite, bei einer Messerstecherei eine für Solinger Klingen.
Anfangs habe sie helles Blau und das Berliner Ziegelrot gewollt, doch die ersten Probedrucke seien dröge gewesen. Das gedeckte Hellblau, knallige Orange und Braun würden einzeln gedruckt, die Farben so noch kontrastreicher wirken.
Bei der Lesung aus dem dritten Abschnitt konnte man ahnen, was im Hintergrund passiert, wenn man die Gereon Rath Bücher kennt. Laut Volker Kutscher wird Charlie das im nächsten Band herausfinden. Dieser Abschnitt wurde von Kat Menschik sehr engagiert vorgetragen. Charlies neue Freundin ist eine für damalige Verhältnisse sehr eigenständige Frau. Greta lebt alleine und verfügt über ihr eigenes Geld, obwohl sie keine Prostituierte ist. Dank ihr entdeckt Charlie, dass ihr wirklich etwas daran liegt, studieren zu können.
Am Schluss war noch etwas Zeit für Fragen des Publikums, die leider ungenutzt blieb. Beim Signieren verrieten die beiden, dass es vermutlich ein weiteres gemeinsames Projekt geben wird.