Das Buch beginnt in der Gegenwart mit einem Schreiben des Seniors Walt Forrester an den Museumskurator Josh Sloan. Er möchte die Unterlagen seines Großonkels Lieutnant Colonel Allen Forrester vor seinem Ableben sicher im örtlichen historischen Museum in Alpine Alaska aufgenommen und beachtet finden. Die Sammlung soll eine Bleibe haben.
So beginnt Josh mit dem Studium der zugesandten Schriftstücke über Allens damalige Expedition den Wolverine River hinauf. Er sollte im Jahr 1885 im Namen der U.S. Armee diesen unbekannten Landstrich in Alaska erforschen. Beim Lesen der Tagebucheinträge fühlt man sich gleich, als wäre man live dabei.
Die Expedition ist von Anfang an kärglich ausgestattet, unterbesetzt und muss ohne verlässlichen Führer auskommen. Allen Forrester, der Sohn eines Generals, berichtet vom Start des Vorhabens im März 1885. In getrennten Kapiteln folgen dann auch Einträge seiner Frau Sophie Forrester, die von der Vorbereitungszeit davor berichtet. Zunächst plante Sie mit ihrem Mann zumindest die Anreise zum Startpunkt gemeinsam zu bewältigen. Aber als der Arzt entdeckt dass sie schwanger ist, verbietet er ihr die Reise auf den Dampfer, nun kommt sie vorerst doch nicht nach Alaska. Sie bleibt allein in der Garnison Vancouver zurück.
Im weiteren Verlauf liest man dann über Allens Reise und die Umstände und Ereignisse in Sophies Leben in der Garnison. Durch eingebundene Zeitungsartikel, Briefe, Karten, Abbildungen von Fundstücken etc. erhält man weitere Rück- und Einblicke.
Bei diesem Buch handelt es sich um einen Abenteuerroman, aber auch um die rührende Geschichte einer tiefen Liebe, die Schweres ertragen muss. Kummer und Leid sind Allen und Sophie nicht fremd, trotzdem finden sie Schönheit und Besonderes in jedem Tag. Sie sind zwei ebenbürtige Naturliebhaber, zwei aufgeschlossene, mutige Geister.
Allen und die anderen Expeditionsteilnehmer erleben unglaubliche, rätselhafte und schauerliche Dinge, die den menschlichen Verstand überschreiten und an Zwischenwelten glauben lassen. Die Grenzen zwischen Mensch und Tier, Lebenden und Toten verschwimmen. In der erhabenen, unergründlichen Wildnis hängt sein Leben mehrfach am seidenem Faden.
Der Roman „Das Leuchten am Rand der Welt“ von Eowyn Ivey ist sehr spannend geschrieben, man folgt den Ereignissen mit angehaltenem Atem. Die Umstände sind so vorstellbar beschrieben, dass man selber den Hunger und die Kälte spürt. Man fühlt sich Allen und Sophie so nah, fast wie unter guten Freunden.
Der Briefwechsel zwischen Josh und Walt intensiviert sich im Verlauf des Buches. Er durchdringt und umrandet die Geschichte, verankert den Roman so in der Gegenwart und gibt ihm so etwas zusätzlich Menschliches. Die Geschichte wird auch durch sehr sympathische und gut ausgearbeitete Nebenfiguren wie dem Dienstmädchen Charlotte und der Freundin Evelyn bereichert. Unerwartet wickelt sich das Buch auch zu einer Geschichte über die Anfänge der Fotografie. Da die Expedition doch ein glückliches Ende nimmt, brechen der dann ehemalige Soldat und die Vogelkundlerin später noch zu vielen gemeinsamen Abenteuern auf. Auch Walt stehen in der Gegenwart noch ungeahnte Erlebnisse bevor.
Fazit: Die einzigartige, fesselnde Geschichte einer gewagten Expedition und einer großen Liebe.
10 von 10 Punkten