Lindsey Lee Johnson – Der gefährlichste Ort der Welt

  • Beschreibung
    Als Tristan Bloch eines Morgens auf sein Fahrrad steigt und losradelt, auf die Golden Gate Bridge zu, den heißen, schweißnassen Kopf gesenkt, da ahnen wir schon, dass ihn der Verrat seiner Angebeteten, Calista, vernichtet hat. Sein Liebesbrief wurde auf Facebook gepostet, und das war ihre Schuld.
    Fünf Jahre später: Kurz nach dem dramatischen Ende einer Abschlussparty betrachtet Calista, Tristans erste und letzte große Liebe, in dem Versuch, die Ereignisse zu begreifen, ein altes Klassenfoto – Tristan, lachend, in seinen unmöglichen grellgelben Trainingshosen, der sanfte Dave Chu, der durchtriebene Ryan Harbinger, Baseball-Captain und Schwarm aller Mädchen, Abigail Cress, damals noch Calistas beste Freundin, die später mit einem Lehrer anbandelte, und all die anderen, die mit dem Leben und der Liebe gespielt hatten. Ihre fröhlichen Gesichter täuschen. »Sie taten, was sie konnten, um zu überleben.«
    Für einen von ihnen war Mill Valley, das verträumte reiche Städtchen über der Bucht von San Francisco, ein vermeintliches Paradies, zur Hölle geworden. Und sie, die zurückblieben, waren vom Leben gezeichnet, noch bevor es richtig begonnen hatte.
    Lindsey Lee Johnson leuchtet »den gefährlichsten Ort der Welt« aus den verschiedenen Perspektiven ihrer Figuren aus und entlarvt den amerikanischen Traum als die Illusion einer Gesellschaft, die ihrer inneren Leere zu entkommen sucht.


    Autorin
    Lindsey Lee Johnson ist in Marin County in Kalifornien geboren und aufgewachsen. Sie hat einen Master in Professional Writing von der University of Southern California. Johnson unterrichtete unter anderem an der USC, am Clark College und der Portland State University und arbeitete als Tutor in einem privaten Lernzentrum. Derzeit lebt sie mit ihrem Ehemann in Los Angeles.


    Meine Meinung
    Gefahren der Jugend
    Der gefährlichste Ort der Welt von Lindsey Lee Johnson ist ein Zeugnis unserer Zeit. Der Roman spielt in einem kleinen Ort in der Nähe San Franciscos, es könnte allerdings überall sein.


    Die Autorin hat einen fesselnden Schreibstil und sie erfasst die heutige Situation an den Schulen.
    Sie lässt alle Schüler einer Clique ihre Eindrücke erzählen.
    Mit dem Außenseiter Tristan Bloch fängt es an, er ist von Anfang an das Opfer.
    Er schreibt Cally einen Liebesbrief, die zeigt ihn ihren Freundinnen und der Brief wird veröffentlicht.
    Grausam wie die Jugendlichen sind. Heutzutage macht Facebook das noch schlimmer. Er kann nicht weiter und springt von der Golden Gate Bridge,


    Dann geht es 5 Jahre später weiter und die Protagonisten beschreiben, wie es mit ihnen weiterging und was sie aus der Vergangenheit begriffen haben.
    Da gibt es aber auch wieder Vertrauensbrüche. Es fällt immer mal wieder jemand in die Außenseiter Rolle und es wird darüber ins FB gesetzt.


    Die Autorin lässt diese Ansichten locker, direkt und aktuell uns nahe bringen.
    Der Roman mit den wichtigen und ernsten Themen liest sich nicht gerade leicht, ist trotzdem sehr zu empfehlen.

  • Im 8. Schuljahr wird Tristan Bloch bloßgestellt und gedemütigt, er radelt zu Golden Gate Bridge und stürzt sich in den Tod. Mehrere seiner Mitschüler, die in das Geschehen verstrickt waren, trifft der Leser ein paar Jahre später wieder, mittlerweile auf der Highschool, manche Leben haben sich verändert, andere werden sich noch verändern …


    Gut gelungen ist bereits der Einstieg in den Roman, dort lernt man Tristan selbst kennen, er schreibt im Rahmen eines Sozialkundeprojektes über seine Heimatstadt, Mill Valley, und kommt dem Leser dabei sehr nahe – sein Tod wird auch den Leser mitnehmen.


    Lindsey Lee Johnsons Charaktere kommen aus gut situierten Elternhäusern, sie haben genug Geld, viele ihrer Wünsche werden erfüllt, aber auch sie sind nicht ohne Probleme, Probleme mit der Schule, Probleme mit den Eltern, Selbstwertprobleme, Drogenprobleme … Jedes Kapitel nach dem Tod Tristans, ist einem seiner Mitschüler gewidmet und aus deren Perspektive geschrieben, wenn auch in der dritten Person. Auf diese Art lernt man die jungen Menschen gut kennen, man blickt regelrecht in sie, erfährt ihre Träume und Ängste, erlebt ihre Gedanken und Emotionen und auch ihre Erinnerungen an Tristan. Die einzelnen Teile greifen ineinander, denn sie sind alle wieder auf einer Schule gelandet, kennen und treffen sich, und interagieren miteinander, schließlich sind sie bei einer Party wieder alle versammelt.


    Die Geschichte strebt nach und nach einem Höhepunkt zu, den man so nicht unbedingt erwartet hat, der sich aber logisch entwickelt. Dabei ist es der Autorin gelungen, die einzelnen Perspektiven miteinander zu verzahnen, manche Szenen wiederholen sich, erhalten aber durch die andere Perspektive eine interessante Erweiterung. Gelungen auch das relativ offene Ende, ich würde gerne wissen, wie sich die Leben der Protagonisten weiter entwickeln, das bleibt jedoch meiner Phantasie überlassen – genauso wie die Frage, was nun der gefährlichste Ort der Welt ist .


    Ich mag Romane, bei denen ich die Charaktere so tiefgehend erleben kann, wie hier, für mich ist das sehr spannend und interessant, gerade auch, weil es Jugendliche sind, die sich noch entwickeln. Es bringt mich zum Nachdenken und berührt mich emotional.


    Das Debüt der Autorin ist absolut gelungen, ich wünsche dem Roman viele Leser und vergebe gerne volle Punktzahl und eine uneingeschränkte Leseempfehlung.

  • Über die Autorin: Lindsey Lee Johnson ist in Marin County in Kalifornien geboren und aufgewachsen. Sie hat einen Master in Professional Writing von der University of Southern California. Johnson unterrichtete unter anderem an der USC, am Clark College und der Portland State University und arbeitete als Tutor in einem privaten Lernzentrum. Derzeit lebt sie mit ihrem Ehemann in Los Angeles.


    Kurzbeschreibung: Als Tristan Bloch eines morgens auf sein Fahrrad steigt und losradelt, auf die Golden Gate Bridge zu, den heißen, schweißnassen Kopf gesenkt, da ahnen wir schon, dass ihn der Verrat seiner Angebeteten Calista, vernichtet hat. Sein Liebesbrief wurde auf Facebook gepostet und das war ihre Schuld. Fünf Jahre später, kurz nach dem dramatischen Ende einer Abschlussparty blickt Calista zurück auf ihre Schulzeit und versucht sich das zu erklären, was damals passiert ist…


    Meine Meinung: „Für einen von ihnen war Mill Valley, das verträumte reiche Städtchen über der Bucht von San Francisco, ein vermeintliches Paradies, zur Hölle geworden. Und sie, die zurückblieben, waren vom Leben gezeichnet, noch bevor es begonnen hatte.“


    Erwartet habe ich einen etwas oberflächlichen Roman mit den typisch amerikanischen Highschool Geschichten und deshalb las ich nur mal eben die erste Seite an und wusste sofort, dieses Buch ist anders und das sollte sich bis zum Ende hin immer wieder bestätigen. Mill Valley ist ein reicher und sehr schön gelegener Ort, ein Städtchen mit einem wunderbaren Ausblick auf die Bucht von San Francisco. Hier leben die Protagonisten dieses Romans.


    Von allen Schülern, die damals auf Facebook am Mobbing gegen Tristan beteiligt waren, hat Lindsey Lee Johnson ein unglaublich realistisches und intensives Portrait angefertigt. Schnell merkt man, dass hinter den Fassaden all der Luxusvillen keine heile Welt zu finden ist. Die Kinder und später die Jugendlichen scheitern an den übertriebenen Erwartungen ihrer Eltern, einige an der Kälte, die in ihrer Familie herrscht und andere an der Einsamkeit, der sie tagtäglich ausgesetzt sind, weil ihre Eltern zu beschäftigt mit ihrem Job sind.
    Man bekommt tiefe Einblicke in die Gefühlswelt der Teenager und kann sie nicht nur auf ihr damaliges Fehlverhalten reduzieren. Niemand von ihnen hat eine Familie in der er sich wohl fühlt, Liebe und Wärme sind selten geworden. Die Oberflächlichkeit und das Profitstreben der Eltern greifen auch nach ihren Kindern. Freundschaften, die auf Facebook mit einem Klick geschlossen werden, werden auch im wahren Leben ebenso schnell geschlossen und beendet.


    „Ihr Leben was jetzt zweigeteilt. Es gab das Mädchen, das in diesem offenen Wagen saß und an einem Junitag in Mill Valley in der Sonne röstete. Und es gab das Mädchen im Internet, das Mädchen auf den Bildern. (…) Nie war alle Aufmerksamkeit auf sie gerichtet…“
    Der Schreibstil ist eindringlich, manchmal poetisch, zeitweise ein wenig zu desillusioniert aber niemals moralisierend. Mich haben diese vielen Einzelschicksale fasziniert und ich konnte das Buch nicht aus der Hand legen.


    Mein Fazit: Ein beeindruckender Roman über Jugendliche auf der Schwelle zum Erwachsensein, der aufzeigt, gegen welche Dämonen die heutige Jugend zu kämpfen hat. 10 begeisterte Eulenpunkte von mir dafür.

  • Inhalt:
    Der 13-jährige Tristan schreibt seiner Mitschülerin Calista einen Liebesbrief und wird damit zum Gespöt der ganzen Schule. Es spitzt sich so zu, dass er sich nach 5 Wochen das Leben nimmt.


    Fünf Jahre später steht der Schulabschluss fast bevor.
    Das Buch widmet jedem der neun Jugendlichen, die eine Mitschuld an Tristans Tod tragen, ein Kapitel.
    Jeder der Jugendlichen hat arge Probleme, jeder auf eine andere Art.
    Das dramatischen Ende einer Abschlußparty greift stark in das Leben der Jugendlichen ein und verändert für manche das Leben komplett.


    Meine Meinung:
    Ein Buch über die Hölle der Pubertät in einer glasklaren Sprache.


    Vorweg muss gesagt werden, dass sich nur Calista mit wirklichen Schuldgefühlen plagt, anders als der Klappentext den Eindruck macht.
    Die Probleme der Jugendlichen, die geschildert werden, haben nichts mit Tristans Tod zu tun, was der Geschichte aber keinen Abbruch tut.
    Ein Buch, das deutlich macht, dass nichts so ist, wie es scheint.
    Das hinter die Vorhängen der Fenster schauen lässt, in die Familien hinein.
    Besonders spannend fand ich die Perspektiven der zwei "harten Jungs", die maßgeblich für das Mobbing von Tristan verantwortlich waren.


    Nach dem dramatischen Ende der Party schafft es Calista, die damalige Situation mit Tristan zu analysieren. Und es hat mir das Herz zusammen gezogen, weil ich es verstehen konnte.


    Was mir nicht gefallen hat, war ein kurzes Kapitel mit abwertenden Internetkommentaren zu dem Desaster auf der Party. Die Botschaft wäre auch ohne dieses Kapitel deutlich geworden und ich mag die negativen Kommentare, die man eh jeden Tag im Netz mitbekommt, nicht in einem Buch haben.
    Ich muss sagen, ich finde auch den Titel und das Cover unpassend.
    Nicht der verschalfene Ort mit den vielen reichen Menschen ist so gefährlich.
    Die Pubertät ist so gefährlich. Und die Geschichte hätte an jedem anderen Ort auch spielen können.
    Für die beiden Punkte gibt einen halben Stern Abzug.


    "Sie taten, was sie konnten, um zu überleben."


    Ein Buch, das einen zeigt, wie zerbrechlich der Menschen ist.
    Und da rede ich nicht von Tristan alleine.


    Absolute Leseempfehlung!

  • Die innere Leere


    Erwachsenwerden ist immer eine große Aufgabe und nicht jeder ist ihr gewachsen. Kids können grausam sein. Sie finden schnell ihre Opfer und das ist heute noch extremer, als es früher war, denn die modernen Medien verbreiten Gemeinheiten flächendeckend und das in Windeseile. Tristan Bloch ist den Auswirkungen nicht gewachsen und er nimmt sich das Leben. Wirklich schuld fühlt sich von den Kids niemand daran. Doch fünf Jahre später ist Tristan noch immer mehr oder weniger in den Gedanken der Kids vertreten. Und fünf der Beteiligten von damals sind auf ihre Weise Opfer geworden. Von ihren Blickpunkten aus erfährt der Leser, wie das Leben nach diesem dramatischen Vorfall in Mill Valley weiterging und welche Kämpfe sie auszufechten hatten oder haben an ihrem gefährlichsten Ort der Welt.


    Lindsey Lee Johnson rechnet gnadenlos mit den modernen Medien und der lockeren Einstellung der heutigen Kids, der lockeren Moral und dem Versagen von Eltern und Lehrern ab. Sie appelliert auf ihre Weise an den Leser, wieder mehr auf andere und das eigene Verhalten zu achten. Dabei erhebt sie dennoch keinen moralischen Zeigefinger. Sie schafft es, eine gewisse Melancholie zu transportieren, die von sich aus bewirkt, dass man empathischer wird.


    Auch früher wurde sich über Liebesbriefe lustig gemacht, wenn sie vom „Falschen“ kamen. Doch solche extremen Auswirkungen wie heute hatte das nie. Allein die Vorstellung, dass sich da Leute mit einklinken, die die Beteiligten gar nicht kennen, übersteigt mein Verständnis. Aber wie sorglos Teenager und Jugendliche mit den sozialen Medien umgehen, obwohl schon extrem oft über Selbstmorde nach solchen Mobbing-Aktionen berichtet wurde, ist mir unbegreiflich. Umso wichtiger finde ich dieses Buch.


    Nach dem Lesen bin ich tief bewegt, auch wenn das meiste des Gelesenen, die Lebensgeschichten der Figuren also, schon wieder ziemlich aus meinem Gedächtnis verschwunden ist. Was bleibt, ist das Wissen, dass die Kids alle auf ihre eigene Weise einen Berg Probleme haben. Inwieweit Tristans Handeln damit verbunden ist, bleibt nur zu spekulieren. Doch bin ich mir sicher genau dieses Gefühl wollte Lindsey Lee Johnson auch vermitteln: die Unwichtigkeiten der einzelnen Lebensgeschichten, die Wichtigkeit des richtigen Handelns und die Extreme, die aus Handlungen erwachsen können.


    Mich hat das Buch bewegt und aufgerüttelt. Es ist keine leichte Lektüre, aber es ist gute Lektüre. Zwei Sterne ziehe ich ab, weil ich im letzten Drittel kurz das Interesse verloren habe. Vielleicht hätten vier Lebensgeschichten gereicht statt fünf. Dennoch – lesenswert!