Der Rennsmartmotor erstirbt, ich drücke auf ein Knöpfchen und die Fenster fahren hoch. Ich ziehe den Schlüssel ab und die Klimaanlage geht aus. Kurz überlege ich, die Radioblende im Auto zu lassen, ein Blick aus dem Fenster auf die dort herumlungernden Halbstarken und ein weiterer Blick auf mein Bose-Soundsystem läßt mich fluggs die Blende abnehmen und tief in der Tasche verstauen. Ich steige aus, marschiere auf das Kassenhäuschen zu. Erfrischend wenig Andrang, ist ja auch noch früh, der normale Mensch arbeitet ja noch, bzw. sitzt brav in der Schule.
Die Kassendame wirft einen skeptischen Blick auf mich. „Kind oder Erwachsene?“ Ich zucke die Schultern und werfe einen Blick auf meinen direkt neben dem Kasenhäuschen parkenden Smart. Wer doof fragt, kriegt auch ne doofe Antwort. „Kind, meine Mutter leiht mir nur hin und wieder das Auto, damit sie mich nicht fahren braucht.“ Ich lächel sie zuckersüß an. „Kein Grund gleich frech zu werden. 4,10 €“ Ich reiße überrascht die Augen auf, konnte man hier nicht irgendwann mal für 2 Mark schwimmen gehen. Egal ich leg ihr das Geld hin und bekomme eine Münze in die Hand gedrückt. Sie deutet auf eine Drehtüre, „Da geht's rein, vorsicht nicht den Arm einklemmen.“ Ich nicke und marschiere durch die Drehtür und klemme mir natürlich prompt den Arm ein, viel zu eng das Ding. Gleiches denkt sich auch der wohlbeleibte Mann hinter mir, dreht sich um und brüllt: „LISBETT, GIBBET HIER OCH NE ANDERE EINJANG?“ Ich grins und latsche gen Liegewiese.
Unter einem der Bäume halbschattig ist auch ein schöner Platz frei, weit weg vom Kinderpißbecken, dem Volleyballfeld und ganz wichtig dem WASSER!
Ich sitze nicht mal halb, da kommt JUNGGEBLIEBENE Mutti mit Rastazöpfen und 5 orgelpfeifenähnlichen Kinderlein angezockelt und pflanzt sich direkt neben mein Handtuch. Ich rutsche demonstrativ 2 Meter zur Seite, sie rutscht hinterher. „Ah schön hier im Schatten?“ Ich ziehe mein Buch ein Stück höher, mein Gott wenn ich Anschluß suche geb ich ne Kontaktanzeige auf.
Sie zündet sich eine Kippe an während eins ihrer Blagen Erdbeerkuchen auspackt. ERDBEERKUCHEN!!! IM FREIBAD kreischt es in meinem Hirn. 3 Minuten später sind wir von sirrenden Bienen und Wespen umringt. Weitere 2 Minuten später heult das erste Blag weil es von so einem brummenden Viech gestochen wurde. Ich wende mich angeekelt ab und denke. „HALT DIE FRESSE, ICH WILL ENTSPANNEN, ICH WILL LESEN.“
Natürlich hält Klein Jonas nicht die Fresse, sondern krakelt munter weiter, Klein Michael stimmt mit ein, und Klein Jerome tritt klein Anna zwischen die Beine,damit die auch noch anfängt zu flennen. Ich werfe mein Buch ins Gras, erhasche gerade noch einen Blick auf die am Badeanzugschambereich der Jungmutti hervorquellende Schambehaarung und schließe entnervt die Augen. Als ich sie wieder öffne ist es verdächtig still um mich herum. Ah Jungmutti hat sich ans Kinderpißbecken verzogen und winkt mir von dort fröhlich. „DU, könntest du nen Blick auf unsere Sachen haben, während die Kleinen ne Runde schwimmen.“ Klar ich bin hier ja der Platzwart, paß doch selbst auf deinen Scheiß auf, will ich sagen, lächel aber statt dessen und nicke. Und wenn hier Bonnie und Clyde persönlich antanzen, um den Scheißerdbeerkuchen zu klauen, ich werde mich keinen Zentimeter bewegen.
Ich greife wieder zum Buch und hole eine Tüte Kirschen aus der Tasche. Als ich beginne sie zu futtern, fällt mir der begehrliche Blick von einem kleinen dicken Jungen 3 Handtücher weiter auf. Schnell weggucken. Zu spät. Fetti erhebt sich und kommt auf mich zu gerollt, in der einen Hand nen Schokoriegel, in der anderen ein Eis. Er baut sich vor mir auf. „Tauschen?“ er hält mir den Schokoriegel hin. Ich zwinkere wegen des Sonnenlichts, greife in meine Tüte und gebe ihm ne Handvoll Kirschen. „Hier, den Riegel kannst du behalten.“ Er grinst und rollt wieder zu seinem Handtuch. Ich widme mich wieder meinem Buch, als plötzlich vom Fettihandtuch Gekreische herüber schallt. „WO hast du die her?“ Der kleine Dickbauch zeigt auf mich und eine blondgefärbte kreischende Furie kommt auf mich zu gerollt. 140 kg Lebendgewicht, mindestens. Ich schiebe die Sonnebrille hoch. „Ja bitte?“ „Tussi, was fällt dir ein, meinem Sohn Kirschen zu geben?? Siehst du nicht, daß der eh zu FETT ist.“ Fetti tut mir aufeinmal schwer leid, allerdings nicht so leid, daß ich mich mit der blonden Tonne vor mir auf ein Wortgefecht bezüglich des Diätgehalts von Eis und Schokoriegeln einlassen würde, also zucke ich die Achseln, sehe sie an und meine: „Diät?? Soso....solltest du auch mal machen.“ Ich drehe mich auf den Bauch und zeige ihr, das das Gespräch für mich beendet ist. Sie schmettert mir meine zermatschten Kirschen aufs Handtuch und trabt von dannen. Leute gibt's.
Mittlerweile ist es voller geworden und ich gehe meiner Lieblingsbeschäftigung nach, dem Spannen. Ich begaffe ungeniert die Leute, besonders angetan hat es mir ein fußballspielender Jüngling, wirklich gekonnt wirbelt er den Ball durch die Gegend und seine braune Haut glitztert in der Sonne. Nettes Kerlchen. Offenbar ist ihm aufgefallen, daß ich ihn beobachte, denn 10 Minuten später sitzt er neben mir auf meinem Handtuch, frißt schmatzend meine Kirschen und erzählt mir von seinen Träumen, beim FC Bayern Stürmer zu sein. Eigentlich gar nicht so schlecht, würde er das Ganze nicht auf Kölsch labern. Trotz eingehender Sprachstudien in den letzten Jahren, hab ich einige Probleme ihm zu folgen. Immer wieder denke ich: „Halt die Fresse, laß mich dich einfach nur ansehen oder geh weiter Fußballspielen.“ Irgendwie merkt er, daß er nicht so ankommt, wie er sich das gedacht hat und das Gespräch endet mit einem: „Jef misch ens ding Händynummer, Schätzken.“ und meiner etwas unterkühlten Antwort:“Ich hab kein Handy.“ Er grinst und geht weiter Fußballspielen, während ich mir schwöre niemanden mehr anzusehen. Meine Kirschen sind auch leer. So ein Mist.
Plötzlich erschallt neben mir aus einem Radio dudelnde Schlangenbeschwörermusik. Ich rolle mich herum und blicke in tief schwarze Augen. Der dazugehörige Mund nuschelt etwas. Ich gucke verständnislos. Eine Hand greift nach meinem Kinn und hebt mein Gesicht auf Augenhöhe mit den schwarzen Augen. „Das war türkisch und heißt ich liebe dich.“ Ich schwöre, ich wollte was Nettes sagen aber es ging einfach nicht. Also seufzte ich tief und lasziv, leckte mir über die Lippen und säuselte: „Oh....und was heißt nimm deine dreckigen Wichsgriffel aus meinem Gesicht und verpiß dich auf dein eigenes Handtuch auf türkisch?“ Ich klimperte zusätzlich noch mit den Augenlider, konnte aber glücklicherweise nur noch beobachten, wie Mr. TürkischLOVER sich samt Handtuch in Richtung der Jungmutti bewegte. Brav, die freut sich.
Kramte meinen Walkman aus der Tasche, setzte die Kopförer auf und drehte auf, der Lärm und das Gesülze von rechts war ja nicht auszuhalten. Kaum war ich wieder in bequemer Position und döste angenehm vor mich hin. Tippte mir wer mit schwitziger Hand auf die Schulter: „NICHT ERLAUBT.“ Blaffte es in mein Ohr. Ich hob die Kopfhörer an. „WALKMÄNS SINN HIER NISCH ERLAUBT!“ Sprachs und riß mir die Hörer komplett vom Kopf. „DIE SINN SICHERJESTELLT, KANNSE ABHOLE KOMME WENN NACH HUS JEHST.“
Ich schaue den Futzi in Bademeisterrobe ungläubig an, „Bitte was?“ „DIE SINN SICHERJESTELLT!“ Er schiebt seinen Bauch vor und versucht meine HIGHTECH Kopfhörer in seine Hosentasche zu stopfen. Ruckzuck bin ich auf den Beinen und entreiße sie ihm. „IS nicht. Das sind meine und in der Positon hier irgendwas sicherzustellen sind sie ja schon mal gar nicht.“ Er zwinkert und spitzt seine fetten Lippen. „Na Mäuschen, nicht gleich bösartig werden, vielleicht laß ich ja unter bestimmten Umständen mit mir reden.“ Seine schwitzige Hand legt sich auf meine Schulter. „War doch nur ein Spaß, ich hab doch genau gesehen, wie du immer wieder zu mir rüber gelinst hast. Na, willste vielleicht mal auf meinen Turm klettern?“ Lachend trollt er sich, als ich beginne Verwünschungen der übelsten Kategorie auszustoßen.
Mir reichts, ich pfeffer meine Sachen in die Tasche winke der Jungmutti, die mittlerweile hemmungslos mit dem Türklover knutscht einen knappen Gruß zu und verpiß mich.
An der Kasse treffe ich auf den Bademeisterarsch, „LIESBETT, DAT KLÄNGT HIER, zahlt nächstes Mal nur de Hälfte, wah!“ Er zwinkert mir vielsagend zu und ich recke den Mittelfinger.
„PERVERSES SCHWEIN!“
FREIBAD... nie wieder.