Da merkt man erst, welche Leistung diese Autoren damals erbracht, um ihre Werke schreiben zu können. Ich glaube allerdings auch, daß man erst im reiferen Alter (:lache) solche Bücher zu schätzen weiß. In der Schule sind Klassiker Pflichtübung und eher unbeliebt.
'Der Nachsommer' - Band 1, Kapitel 4 - 5
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Ganz klar: Stifter ist schön zu lesen. Nette Biedermeier-Idyllen überall.
Schön fand ich die Gespräche über Kunst und die Beobachtung der kleinen Tiere und der Pflanzen, um das Wetter zu verstehen und vorauszusagen.
Seltsam fand ich, dass der Ich-Erzähler einerseits so zurückhaltend ist, dass er sich nicht einmal vorstellt und andererseits in Räumen herumschnüffelt, die ihn nichts angehen, wie die Räume der Dienstboten oder die Räume, die "Bedürfnisse von Frauen" befriedigen.
Dieses Verschweigen der Namen finde ich bescheuert - tut mir leid, ich sage es, wie ich es denke, auch wenn ich zu Stifters Zeiten dafür sicher geächtet worden wäre. Bitte, wer lädt sich Wildfremde in sein Haus ein und will nicht einmal wissen, wer es ist? Was ist der Grund? Aus heutiger Sicht ist es doch extrem unhöflich, sich nicht einmal vorzustellen.Schön fand ich dann wieder, dass der Gastgeber seinem Besucher aufzeigte, dass er doch nicht Mister Allwissend und das Maß aller Dinge ist
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Ich habe jetzt mal Knigge gegoogelt. Also zu Stifters Zeit gab es ihn schon, also ist der Erzähler unhöflich.
Freiherr Adolph Franz Friedrich Ludwig Knigge (* 16. Oktober 1752 in Bredenbeck bei Hannover; † 6. Mai 1796 in Bremen
http://www.knigge.de/themen-200.htm meint zum Thema Vorsdtellung:
"Die Vorstellung und das Bekanntmachen Die Vorstellung ist eine unumgängliche Prozedur, sofern man im Beruf, aber auch im gesellschaftlichen Rahmen auf eine unbekannte Person trifft, mit der man in näheren Kontakt treten möchte. Es ist ein Gebot der Höflichkeit, diese Person darüber zu informieren, mit wem sie es zu tun hat. Die Unterscheidung zwischen Vorstellen (der Rangniedrigere wird dem Ranghöheren vorgestellt) und Bekannt machen (zwei gleichrangige Personen werden bekannt gemacht) wird heute nicht mehr unbedingt verbalisiert; sie ergibt sich aber daraus, wer zuerst über die andere Person informiert wird. Im eigens für knigge.de entwickelten Seminar „Kommunikation & Umgangsformen“ vermittelt Ihnen die renommierte Referentin Salka Schwarz alles, was Sie über zeitgemäße Umgangsformen auf jedem Parkett wissen müssen. Melden Sie sich an und geraten Sie stilvoll zum Erfolg."
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Zitat
Original von Lesebiene
Ich habe jetzt mal Knigge gegoogelt. Also zu Stifters Zeit gab es ihn schon, also ist der Erzähler unhöflich.Danke, du hast meinen Tag gerettet
Mr X ist also wirklich unhöflich. Ich wusste es.
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Danke Lesebiene für die umfassende Aufklärung
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In anderen älteren Büchern habe ich es so gelesen, dass man eine dritte Person brauchte, die die beiden anderen gegenseitig vorstellt. Aber in so einer Situation wie hier ist das ja nicht möglich.
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Ich "zitiere" jetzt hier einfach aus dem gleich kommenden Post im nächsten Abschnitt in anderem Zusammenhang, aber das sehe ich hier auch so:
"Auch denke ich, daß Stifter so etwas nicht hätte schreiben können, wenn ihm sein damaliges Lesepublikum das nicht abgenommen hätte - Fantasy gab es noch nicht. ;-)"
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Zitat
Original von Richie
Danke Lesebiene für die umfassende AufklärungIch gestehe nicht gewußt zu haben, wann Knigge gelebt hat.
Er hat sich gut gehalten für sein Alter. Aber es gibt ja heute Wikipedia.