'Der Nachsommer' - Band 2, Kapitel 1 - 2

  • Zu Beginn dieses Abschnittes wird dann die früher gestellte Frage, wer denn all die Kisten schleppt und auch sonst beim Arbeiten hilft, ausführlich beantwortet.


    Edit hält fest, daß dies mein 10.000 Post war. Und das zu Adalbert Stifter, was mich besonders freut. :-]

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

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  • Zitat

    Original von SiCollier
    Edit hält fest, daß dies mein 10.000 Post war. Und das zu Adalbert Stifter, was mich besonders freut. :-]


    :respekt und herzlichen Glückwunsch. Falls es nicht wie widerliche Schmeichelei klingt, würde ich gerne sagen, dass ich deine Beiträge immer gerne lese ;-)


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    Diesen Abschnitt habe ich mit zwei völlig konträren Empfindungen gelesen:


    Auch wenn es mir sehr gefiel, dass sich X in die Suche nach den fehlenden Stücken der Holzvertäfelung so hineinsteigerte, und dass seine Motivation war, dem Vater Freude zu bereiten - so nervte er mich in diesem Abschnitt mehr als zuvor.
    Er kann alles (besser), weiß alles (besser) - spielt sich als Lehrer auf, und was er nicht kann, das lernt er in wenigen Wochen bis zur Perfektion. Im Geiste nannte ich ihn Großmaul. Man möge es mir verzeihen, aber ich will ehrlich sein. Diese Selbstbeweihräucherung spießt sich auch mit seiner oft betonten Schüchternheit, Diskretion und Zurückhaltung. In Wirklichkeit sind auch diese Eigenschaften Angeberei und Effekthascherei.
    Und diese zuckersüßen Idyllen mag ich auch nicht besonders...


    Und dann kam die Veränderung und die für mich bisher schönste und berührendste Stelle im Buch.
    Ich spreche von der Marmorstatue auf der Treppe. Wie Risach und Eustach entdecken, dass unter der Gipshülle eine perfekte Statue steckt und diese mit unendlicher Geduld und jahrelangem Zeitaufwand sorgfältig freilegen - das begann für mich das Highlight des Buches. Auch dass sich Risach umsichtig die Besitzurkunde sichert und sehr fair gegen den ursprünglichen Besitzer handelt, hat ihm meinerseits weitere Sympathiepunkte eingebracht.


    Sehr schön und sprachlich hervorragend fand ich die Belehrung über Kunst, ihre Betrachtung, die Darstellung von Bewegung und Ruhe.


    Weiterer Höhepunkt: Als Risach erzählt, mit welcher Sorgfalt, Liebe und Kunstverstand ein beinahe zertörtes Gemälde instandgesetzt wurde. Und das in einem bescheidenen und angenehmen Ton.


    An X gefiel mir, dass er die Entstehung der Werke aus dem gesammelten Marmor überprüfte - alles für Vaters Garten. Nett von ihm.


    Warum allerdings die Familie ausflippte und X postwendend (im wahrsten Sinne) zurück zu Risach musste, dass muss ich erst durchdenken, um es vielleicht zu verstehen.


    Von der Reise mit Risach und Anhang gibt es wunderbare Landschaftsbeschreibungen.

    Kinder lieben zunächst ihre Eltern blind, später fangen sie an, diese zu beurteilen, manchmal verzeihen sie ihnen sogar. Oscar Wilde

  • @ Alice


    Danke. :-)
    Mir ging es nicht darum, irgendetwas zu "erheischen", sondern schlicht um eine "Notiz fürs Protokoll".


    Im Buch bin ich noch nicht so weit wie Du, da ich am Wochenende und -anfang kaum zum Lesen kam. Erst jetzt geht es wieder richtig weiter, mehr dann später.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Ich habe jetzt die erste Hälfte in diesem Abschnitt gelesen.
    Mir ging es hier zum Teil auch so wie Alice, dass mich Herr X etwas genervt hat damit, dass er alles super gut kann und das was er noch nicht kann in kürzester Zeit erlernt. Und seine Bescheidenheit dabei fand ich auch einfach nur blöd.


    Dann habe ich mir noch Gedanken gemacht darüber, wie einfach wir er in unserer heutigen Zeit doch haben, wenn wir jemandem etwas zeigen wollen: wir können einfach ein Foto von jedem Gegenstand machen und es dann auch noch schnell mit dem Handy und WhatsApp verschicken. Und in Sekundenschnelle kann sich jeder ein Bild davon machen.
    In der damaligen Zeit musste alles in mühseliger Arbeit abgezeichnet werden wenn man jemand anderem etwas zeigen wollte.
    Da haben wir es jetzt doch wirklich viel einfacher. Ob es allerdings auch immer besser ist? Ich denke die Leute damals hatten bestimmt ein viel besseres Auge für die Details und Kleinigkeiten als wir heute, wenn wir nur schnell ein Foto betrachten und es dann auf dem Handy wieder löschen. Wir haben oft gar nicht die Zeit, oder wollen uns die Zeit nicht nehmen, etwas in Ruhe zu betrachten und nicht nur oberflächlich und nebenbei.

  • Im Moment lassen sich meine Lesezeit und die Onlinezeit (also die Zeit, in der ich hier schreiben und posten kann) nicht so ganz synchronisieren. Drum erst jetzt:



    Was mir in diesem Buch immer wieder auffällt - auch wenn es bisweilen vielleicht etwas übertrieben wirkt - ist, daß auf Dinge wie Sitte, Anstand, Höflichkeit und Respekt Wert gelegt wird. Alles Dinge, die heute zunehmend verschwinden - oder schon verschwunden sind.


    Gefallen haben mir die Ausführungen des Herrn von Risach über die Bücher (bei mir S. 296ff), und ich meine auch später noch mal. Auch kann ich den Freiherrn gut verstehen, wenn er an einer anderen Stelle (zwar über Bilder, aber dennoch) meint, daß es ihm weh tue, Dinge aus dem Hause gehen zu lassen (bzw. zu verkaufen). Im Zuge unseres Umzuges in 2014 habe ich auch etliche meiner Bücher abgegeben; vor allem aus Platzgründen solche Bücher, die ich mit Sicherheit nicht mehr lesen würde oder die gelesen waren und mir nicht soo gut in Erinnerung geblieben sind. Inzwischen habe ich in der Hinsicht allerdings einen Punkt erreicht, an dem es mir ergeht wie Risach (vgl. S. 351): noch mehr hergeben würde weh tun. Insofern fühle ich mich ihm seelenverwandt. ;-)


    Was mir in diesem Abschnitt denn doch etwas zu lange wurde, waren die endlosen Ausführungen über Malerei und bildende Kunst. Was allerdings daran liegen dürfte, daß beides nicht unbedingt zu meinen bevorzugten Gebieten gehört.


    Zugesagt hat mir allerdings die Ansicht über „moderne Kunst“ (S. 360):
    (...) und fand ich wieder, wie es bei den Gemälden der Fall ist, daß mit geringen Ausnahmen auch diese Kunst eine schönere Vergangenheit gehabt habe, als sie eine Gegenwart habe, (...)
    Wobei ich das auf die heutige Kunst in Bezug auf die im Buch als nicht so gut erachtete des 19. Jahrhunderts beziehen würde.



    Zitat

    Original von Alice
    Auch dass sich Risach umsichtig die Besitzurkunde sichert und sehr fair gegen den ursprünglichen Besitzer handelt, hat ihm meinerseits weitere Sympathiepunkte eingebracht.


    Ich habe mich in dem Abschnitt mehrfach gewundert, daß er das so extrem genau nahm. Andererseits zeigt das, daß er grundsätzlich überaus fair handelt, auch wenn es zu seinem Nachteil ist.



    Zitat

    Original von Alice
    Warum allerdings die Familie ausflippte und X postwendend (im wahrsten Sinne) zurück zu Risach musste, dass muss ich erst durchdenken, um es vielleicht zu verstehen.


    So ganz konnte ich diese umgehende Rückreise auch nicht nachvollziehen, aber Telefon gab es nun Mal noch nicht. Und er wollte unbedingt mündlich danken, dazu mußte er eben wieder hinfahren...



    Zitat

    Original von Rouge
    Dann habe ich mir noch Gedanken gemacht darüber, wie einfach wir er in unserer heutigen Zeit doch haben, wenn wir jemandem etwas zeigen wollen: wir können einfach ein Foto von jedem Gegenstand machen und es dann auch noch schnell mit dem Handy und WhatsApp verschicken. Und in Sekundenschnelle kann sich jeder ein Bild davon machen.
    In der damaligen Zeit musste alles in mühseliger Arbeit abgezeichnet werden wenn man jemand anderem etwas zeigen wollte.


    Den Gedanken hatte ich auch. Und es fiel mir ein, daß ich überhaupt kein Talent zum Malen oder Zeichnen habe. Entweder hätte ich für so eine Zeichnung jahrelang üben müssen, es wäre ein Gekritzel geworden - oder eben (wahrscheinlich) gar nichts.




    Zitat

    Original von Rouge
    Wir haben oft gar nicht die Zeit, oder wollen uns die Zeit nicht nehmen, etwas in Ruhe zu betrachten und nicht nur oberflächlich und nebenbei.


    Das ist allerdings in der Tat eine Tendenz unserer Zeit.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Zitat

    Original von Alice


    Und dann kam die Veränderung und die für mich bisher schönste und berührendste Stelle im Buch.
    Ich spreche von der Marmorstatue auf der Treppe.


    Diesen Abschnitt habe ich auch sehr gerne gelesen, genauso wie die Restauration des alten Bildes auf der Leinwand. Das waren für mich auch bis jetzt zwei Highlights in dem Buch.



    Zitat

    Original von Alice
    Warum allerdings die Familie ausflippte und X postwendend (im wahrsten Sinne) zurück zu Risach musste, dass muss ich erst durchdenken, um es vielleicht zu verstehen.


    Ich habe es so verstanden, dass sowohl die Familie als auch Herr X selber, so dankbar und gerührt über das Geschenk von Risach ( diesen Tisch ) waren, dass sie sich sofort bei ihm dafür bedanken wollten. Sie wollten wohl nicht auf das nächste Frühjahr warten, um diesen Dank auszusprechen. Deswegen ist X gleich wieder abgereist.


    Ich bin jetzt mit dem Abschnitt fertig.
    Leider schaut es bei mir nächste Woche sehr schlecht aus mit freier Lesezeit. Und nächstes Wochenende ist dann das Treffen in Hannover, da werde ich auch nicht zum Lesen kommen. Und danach beginnt ja schon die Leserunde für Krieg und Frieden. Ich bin also ziemlich sicher, dass ich den Nachsommer davor nicht mehr beendet bekomme. Ich weiß noch nicht genau wie ich es dann machen werde. Beides parallel lesen klappt bestimmt nicht. :gruebel

  • Zitat

    Original von Rouge


    Ich habe es so verstanden, dass sowohl die Familie als auch Herr X selber, so dankbar und gerührt über das Geschenk von Risach ( diesen Tisch ) waren, dass sie sich sofort bei ihm dafür bedanken wollten. Sie wollten wohl nicht auf das nächste Frühjahr warten, um diesen Dank auszusprechen. Deswegen ist X gleich wieder abgereist.


    So langsam festigt sich bei mir der Gedanke, dass X materialle Dinge höher achtet als Menschen und dass er Menschen nach ihrem Besitz bewertet.

    Kinder lieben zunächst ihre Eltern blind, später fangen sie an, diese zu beurteilen, manchmal verzeihen sie ihnen sogar. Oscar Wilde

  • @ Rouge


    Ich werde auf jeden Fall versuchen, den "Nachsommer" bis nächstes Wochenende durch zu haben. Heute kam ich zwar kaum zum Lesen (da wir Besuch hatten), aber über die Woche klappt das hoffentlich.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • So habe ich das auch verstanden, dass er zurückreist, um sich zu bedanken. Wobei man sich heute vielleicht schämen würde, den Gastfreund erneut aufzusuchen. Heute würde man sicherlich schlicht zum Telefon greifen.

    Don't live down to expectations. Go out there and do something remarkable.
    Wendy Wasserstein

  • Heute würde man sicherlich schlicht zum Telefon greifen.

    Oder eine SMS schicken. Was bei mir allerdings sinnlos wäre, da mein Handy ungefähr 98% der Zeit des Jahres schlicht und einfach ausgeschaltet ist.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")