Amy Liptrot: Nachtlichter

  • Amy Liptrot: Nachtlichter
    btb Verlag 9. Oktober 2017. 352 Seiten
    ISBN-10: 3442757339
    ISBN-13: 978-3442757336
    Originaltitel: The Outrun
    Übersetzerin: Bettina Münch


    Verlagstext
    Die ursprüngliche Kraft einer einzigartigen Landschaft lässt alte Wunden heilen: Mit Anfang dreißig spült das Leben Amy Liptrot zurück an den Ort ihrer Kindheit - die Orkney Islands, im dünn besiedelten Schottland wohl die abgelegenste Region. Hier schwimmt die britische Journalistin morgens im eiskalten Meer, verbringt ihre Tage als Vogelwärterin auf den Spuren von Orkneys Flora und Fauna und ihre Nächte auf der Suche nach den »Merry Dancers«, den Nordlichtern, die irgendwo im Dunkeln strahlen. Und hier beginnt sie nach zehn Jahren Alkoholsucht wieder Boden unter den Füßen zu gewinnen. Mit entwaffnender Ehrlichkeit erzählt Amy Liptrot von ihrer Kindheit, ihrem Aufbruch in die Stadt, nach Edinburgh, weiter nach London. Vom wilden Leben, dem Alkohol, dem Absturz. Vom Entzug und der Rückkehr zu ihren Wurzeln auf Orkney, wo sie der Natur und sich selbst mit neuen Augen begegnet.


    Die Autorin
    Amy Liptrot ist auf den Orkneyinseln aufgewachsen. Als Journalistin schreibt sie für verschiedene britische Magazine. Das Memoir NACHTLICHTER, ihr erstes Buch, begeisterte Leser wie Presse gleichermaßen, stand wochenlang auf den britishen Bestsellerlisten und wurde u.a. mit dem Wainwright Prize for Best Nature and Travel Writing sowie dem PEN Ackerley Prize für autobiografisches Schreiben ausgezeichnet.


    Inhalt
    Amy Liptrots Mutter kann ihrem Mann noch ihre neugeborene Tochter zeigen, bevor er von der Hauptinsel der Orkneys aufs schottische Festland in eine psychiatrische Klinik ausgeflogen wird. Der verstörende Prolog zu Liptrods biografischem Roman zeigt, zwischen welchen Extremen die Autorin aufgewachsen ist. Ihre Eltern stammten nicht von den Orkneys und wagten dennoch eine Existenzgründung als Schafzüchter in der Nähe des Steinzeitdorfs Skara Brae. Amy und ihr jüngerer Bruder verlebten eine idyllische Kindheit zwischen einer extrem religiösen Mutter und einem seit seiner Jugend manisch-depressiven Vater, die spätestens mit Amys Pubertät ein abruptes Ende findet. Amys Traum von Komfort, Glamour und einem Leben in der Großstadt endet in Alkoholabhängigkeit mitten in der Londoner Künstler- und Musikerszene. Früh ahnt sie, dass diese Szene ihr Verderben sein wird.


    Nach einer anstrengenden ambulanten Therapie kehrt Liptrot schließlich auf die Inseln zurück, um mit einer selbst verordneten Prüfung in Einsamkeit ihrer Sucht zu trotzen. Anfangs zählt sie die Tage, die sie ohne Alkohol übersteht. Erst die heimatlichen Inseln lassen Liptrot die Gemeinsamkeit von Manie und Sucht in ihrer Familienbiografie erkennen. Die Arbeit auf der Farm vermittelt Amy wieder Selbstachtung; schließlich hat sie Erfahrung darin, seit die Kinder in Krankheitsphasen des Vaters gemeinsam mit der Mutter den Hof managten. Eine befristete Arbeit als Vogelforscherin zeigt Amy als überraschend kompetente Expertin in Geschichte und Ökologie der Inselgruppe, der ich von diesem Punkt an leidenschaftlich wünschte, dass sie auf den Inseln eine Lebensgrundlage finden würde. Die titelgebenden Nachtlichter sind leuchtende Nachtwolken (NLC), ein neu entdecktes meteorologisches Phänomen, mit dem Amy sich auf der Insel befasst.


    Liptrots Suche nach den Spuren einer belasteten Kindheit fügt eine schonungslose Alkoholiker-Biografie mit ihrer kompetenten Bestandsaufnahme zusammen vom aktuellen Leben auf einer abgelegenen Inselgruppe. In Zeiten des Internets und der Energiegewinnung aus Wasser- und Windkraft könnten nach einer Phase der Abwanderung die Inseln in Schottlands hohem Norden zukünftig wieder mehr Menschen Arbeit bieten. Die schlüssige Darstellung regionaler Traditionen und ökologischer Zusammenhänge bis zu Anekdoten über Schiffswracks und Strandgut fügen sich zum zeitgemäßen Bild eines Insellebens an Europas nordöstlichem Rand.


    Fazit
    Ganz ohne Romantisierung und Larmoyanz kann Amy Liptrots Biografie einer Inselbewohnerin Naturliebhaber, Schottlandfans und Biografienleser gleichermaßen fesseln.


    10 von 10 Punkten

  • offen und ehrlich
    Die Autorin Amy Liptrot beschreibt nüchtern und ehrlich vom ihrem Leben als Alkoholikerin. Ich kann mir nicht so richtig vorstellen, wie das ist, wenn die Sucht so das Leben bestimmt. Leider gibt es so viele und die Familie muss auch darunter leiden.
    Nach einem schlimmen Erlebnis geht sie endlich in die Suchtklinik.
    Dann zieht sie nach Orkney, da ist sie aufgewachsen und leben ihre Eltern.
    Ihre Beobachtungen der Insel ist interessant. Sie lenkt sich ab, denn immer wieder möchte sie am Liebsten wieder etwas trinken.
    Ihre Arbeit mit den Schafen war witzig.
    Und dann als Wachtelkönigsweib, eine prima Arbeit.
    Als Abstinenzlerin ist es schwer sich mit anderen Leuten zu treffen, wenn die etwas trinken, ist Amys Willensstärke gefragt. Bei ihren anderen Aktivitäten wird sie abgelenkt. Immer wieder erzählt sie von ihren Abstürzen.
    Eine immer weder große Herausforderung nüchtern zu bleiben.
    Hoffentlich hält sie weiter durch, trocken zu bleiben, aber sie will es selber.
    Ein Roman über den Kampf mit der Sucht. Daneben aber eine schöne Landschaftsbeschreibung.

  • Dieses Buch hat mich zutiefst beeindruckt!
    Nicht nur, dass die Autorin eindrucksvoll zu erzählen versteht, wie schwer der Kampf gegen die Alkoholsucht ist, nein, sie vermittelt ihrer Leserschaft gleichzeitig interessante Eindrücke von ihrem Leben auf den unwirtlichen Orkney-Inseln im Norden Schottlands, berichtet von ihren Begegnungen mit verschiedenen Tierarten und von ihren sportlichen Aktivitäten in Form von ausgedehnten Wanderungen und Schwimmen im kalten Meer.
    Das Aufschreiben war für sie bestimmt Bestandteil einer Art Selbsttherapie.
    Ich hoffe für sie, dass sie es schafft, trocken zu bleiben. Indem sie sich bewusst gemacht hat, dass der trockene Alkoholiker trotzdem ein Leben lang der Versuchung widerstehen muss, ist bereits ein wichtiger Schritt erfolgt.
    Die Inselskizzen rundeten das Buch ab, das Cover passt gut, der Titel auch.
    Volle Punktzahl und eine uneingeschränkte Leseempfehlung!