The Watcher. Sie sieht dich - Ross Armstrong

  • Originaltitel: The Watcher (2016)
    Scherz Verlag 2017, 429 Seiten


    Über den Inhalt:
    Lily Gullick lebt in einem anonymen und gefährlichen Londoner Neubaugebiet. Leidenschaftlich gern beobachtet sie Vögel mit ihrem Fernglas, aber manchmal späht sie auch in die Fenster ihrer Nachbarn. Aber nicht nur Lily beobachtet, auch sie wird beobachtet. Von jemandem, der unerkannt bleiben will, der verhindern muss, dass Lily zu viel sieht. Eine Frau ist verschwunden, eine andere wurde ermordet. Was darf Lily nicht sehen?


    Über den Autor:
    Ross Armstrong ist ein vielbeschäftigter britischer Theater- und Fernseh-Schauspieler. Er absolvierte eine Ausbildung an der Royale Academy of Dramatic Art. In dieser Zeit gewann er den RADA Poetry Writing Award. Die Idee zu seinem ersten Roman hatte er, als er in London in ein neues Apartmenthaus einzog. Während er mit dem Fernglas den Mond beobachtete, stellte er fest, dass man auf diese Weise aber auch prima in die Fenster seiner Nachbarn schauen konnte. Glücklicherweise legte er das Fernglas zur Seite und begann zu schreiben.


    Meine Meinung:
    Lily Gullick zieht zusammen mit ihrem Mann Aiden in eine Londoner Neubauwohnung. Die Häuser in der Nachbarschaft stehen kurz vor dem Abriss. Lily beobachtet anfangs Vögel und kann dann nicht widerstehen, ihr Fernglas auch auf ihre Nachbarn zu richten. Sie ist fasziniert von der gesellschaftlichen Kluft zwischen den neuen Bewohnern und den Menschen in den Abrisshäusern. Sie beobachtet sie sie, gibt ihnen Namen und erfindet Geschichten über sie. Eines Tages bemerkt Lily etwas Verdächtiges und kurz darauf ist eine der Nachbarinnen tot.
    Lily ist überzeugt, einige wichtige Informationen über die tote Frau zu besitzen und versucht sich an der Suche nach dem Mörder zu beteiligen. Da das vom Täter nicht unbemerkt bleibt, bringt sie sich selbst in große Gefahr.


    Armstrong scheint ein großer Hitchcock-Fan zu sein, nicht nur „Das Fenster zum Hof“ kommt einem beim Lesen gleich in den Sinn. Es gibt eine Hommage an zwei klassische Hitchcock-Filmszenen im Buch. Das fand ich ganz nett. Ich wollte auch etwas Positives über das Buch sagen. :-) Denn es ist wieder einer dieser stark beworbenen Titel, gleichzusetzen mit Romanen wie „Gone Girl“ oder „Girl on the Train“. Damit habe ich bisher keine guten Erfahrungen gemacht.


    Die Geschichte ist in der Ich-Form geschrieben, in meist kurzen Sätzen als Brief Lilys an ihren Vater. Lily ist eine unzuverlässige Erzählerin, sie hat Gedächtnislücken, glaubt, an einer Geisteskrankheit zu leiden.
    Der Autor hat seinem Roman eine ungewöhnliche Struktur verpasst. Die Geschichte wird nicht linear erzählt, springt zunächst in der Zeit zurück, beginnt 42 Tage vor „dem“ Ereignis, um sich dann in einzelnen Kapiteln dem Ereignis zu nähern, „noch 14 Tage, „noch 6 Tage“.
    Das hätte sich zu einer spannenden Geschichte entwickeln können, hat es aber leider nicht. “The Watcher“ ist eine sehr langsame, verwirrende und extrem anstrengende Geschichte, in der man Struktur, Tempo und Atmosphäre vergeblich sucht. Es gibt eine Menge merkwürdiger Begegnungen im Buch, ich fragte mich ständig was das soll. Die Wendungen fand ich nicht überraschend, das Ende war leider auch nicht wirklich befriedigend.