Zum Buch:
In einer Welt mit drei Sonnen,
in einer Stadt, gebaut auf dem Grab eines toten Gottes,
sinnt eine junge Frau, die mit den Schatten sprechen kann, auf Rache.
Mia Corvere kennt nur ein Ziel: Rache. Als sie noch ein kleines Mädchen war, haben einige mächtige Männer des Reiches – Francesco Duomo, Justicus Remus, Julius Scaeva – ihren Vater als Verräter an der Itreyanischen Republik hinrichten und ihre Mutter einkerkern lassen. Mia selbst entkam den Häschern nur knapp und wurde unter fremdem Namen vom alten Mercurio großgezogen, einem Antiquitätenhändler. Mercurio ist jedoch kein gewöhnlicher Bürger der Republik, er bildet Attentäter für einen Assassinenorden aus, die »Rote Kirche«. Und Mia ist auch kein gewöhnliches Kind, sie ist eine Dunkelinn: Seit der Nacht, in der ihre Familie zerstört wurde, wird sie von einer Katze begleitet, die in ihrem Schatten lebt und sich von ihren Ängsten nährt. Mercurio bringt Mia vieles bei, doch um ihre Ausbildung abzuschließen, muss sie sich auf den Weg zur geheimen Enklave der »Roten Kirche« machen, wo sie eine gefährliche Prüfung erwartet …
Zum Autor:
Jay Kristoff verbrachte den Großteil seiner Jugend mit einem Haufen Bücher und zwanzigseitiger Würfel in seinem spärlich beleuchteten Zimmer. Als Master of Arts verfügt er über keine nennenswerte Bildung. Er ist zwei Meter groß und hat laut Statistik noch 13.020 Tage zu leben. Zusammen mit seiner Frau und dem faulsten Jack-Russell-Terrier der Welt lebt er in Melbourne. Jay Kristoff glaubt nicht an Happy Ends.
Meine Meinung:
„Nevernight – Die Prüfung“ ist der erste Band einer Fantasy-Trilogie von Jay Kristoff. Das Cover hat mich magisch angezogen und das Buch besticht – auch durch den blutroten Schnitt - durch eine stimmige Optik, die tatsächlich zum Inhalt des Buches hervorragend passt. Müsste man das Buch in Schlagwörtern beschreiben, so wäre es eine Assassinen-Coming-Of-Age-Story mit jeder Menge Blut und Gewalt aber auch mit Witz und Sarkasmus. Aber all diese Begriffe werden der Geschichte nicht mal Ansatzweise gerecht, denn Nevernight war für mich viel mehr. Der Autor hat wohl mehrere Jahre am Setting und dem Plot gefeilt und diese lange Arbeit hat sich wirklich gelohnt.
Mia Corvere ist ein vielschichtiges Mädchen. Sie hat den Tod ihres Vaters und die Verhaftung von Mutter und Bruder miterlebt und ist nur knapp dem eigenen Tode entronnen. Seit dieser Zeit begleitet ein schattenhaftes Wesen in Katzengestalt ihr Leben und nährt sich von ihren Ängsten und Sorgen. Und Mia findet heraus, dass sie eine dunkelinn ist, die Macht über die Schatten ausüben kann. In dem Mädchen brennt übermächtig der Wunsch, sich an den Mördern ihres Vaters zu rächen und sie begibt sich in die Rote Kirche, eine Schule für Assassinen, die der Göttin des Todes huldigen. Dort wird sie mit anderen Novizen, die teilweise ähnliche Schicksalsschläge wie sie erlitten haben, durch ein hartes und gefährliches Training in diversen Disziplinen zu einer zukünftigen Meuchelmörderin ausgebildet. Jay Kristoff selbst vergleicht diese Schule mit Hogwarts. Allerdings ist es ein dunkles und bizarres Hogwarths, in dem die Novizen sich gegenseitig umbringen, stehlen und giftige Zaubertränke mischen oder von den Lehrern in tödlichen Aufgaben vernichtet werden. An so einem Ort ist es schwer, Vertrauen zu fassen und Freunde zu gewinnen. Hier ist jeder ein gefährlicher Konkurrent und so mancher ein tödlicher Feind. Dennoch findet Mia dort Menschen, denen sie bald Zuneigung oder sogar mehr entgegenbringt, die ihr helfen, sie unterstützen in den harten Monaten bis zur letzten Prüfung. Aber dann kommt einiges ganz anders als erwartet.
Der Autor wagt mutig und mit einem sarkastischen Augenzwinkern einen ganz eigenen Erzählstil. Nicht nur, dass er ein Meister des Spannungsaufbaus ist und bei seiner Geschichte weder vor Brutalität noch vor intensiven Sexszenen zurückschreckt, er fordert den Leser aufs Trefflichste mit vielen, teils sehr ausführlichen Fußnoten, in denen er tief und intensiv diese ganz eigene Fantasywelt vor dem Leser ausbreitet. Fasziniert war ich vor allem davon, dass Kristoff mit traumwandlerischer Sicherheit den Spagat schafft zwischen hart und sanft, zwischen brutal und gefühlvoll, zwischen Solidem und Überraschendem. Das Buch lehrt einen das Fürchten aber es zeigt auf der anderen Seite auch, was wichtig und gut ist im Leben, nämlich Liebe und Freundschaft.
Der Plot war für mich von der ersten bis zur letzten Seite ausgeklügelt und vielschichtig, das Finale so nervenzerfetzend spannend, dass ich die letzten 250 Seiten am Stück lesen musste. Ich habe die Charaktere lieb gewonnen, und schwer am Tod des ein oder anderen Novizen und am Unglück so manches Protagonisten geschluckt. Zwischendurch musste ich aber auch oft schmunzeln und sogar lauthals lachen. Ich habe Mias Nicht-Katze, Herrn Freundlich, als besten, witzigsten und hilfsbereitesten Schatten aller Zeiten kennengelernt und für mich ist tatsächlich mit diesem Buch Jay Kristoff neben Tad Williams auf meinen Fantasythron gehüpft.
Das Buch war für mich auf ganzer Linie ein Jahreshighlight. Wer über 16 ist (Sex und Gewalt sind definitiv in diesem Buch in ihrer Ausführlichkeit nichts für ganz junge Leser) und sich nicht "fürchtet" vor Tod und Schatten :rofl, dem kann ich dieses Buch nur wärmstens ans Herz legen.
10 von 10 Punkten - weil mehr nicht mehr geht.