Kurzbeschreibung (Quelle: Verlagsseite)
Das erste Werk des Autors des Weltbestsellers ›Stoner‹
Das Leben des jungen Arthur Maxley scheint beherrscht von Müßiggang und einem nie verwundenen Trauma aus der Kindheit. Einen Abend, eine Nacht lang, folgen wir Arthur. Zunächst zu einem Dinner mit seinem Vater, den er viele Jahre nicht gesehen hat. Etwas Schwerwiegendes steht zwischen ihnen, Schuld und Scham lasten auf dieser Begegnung, deren hoffnungsloses und abruptes Ende einen Vorgeschmack gibt auf das verheerende Finale dieser Nacht. Die Straßen und Bars des nächtlichen San Francisco sind die Kulisse, vor der sich Arthurs innerer Abgrund auftut. Während er der sinnlichen Verführung durch eine fremde Schöne nachgibt, enthüllt sich Arthurs ganze existenzielle Not: Sein Begehren ist tiefer, als dass erotische oder sexuelle Erfüllung es befriedigen könnten.
Autor (Quelle: Verlagsseite)
John Williams wurde 1922 in Texas geboren. Trotz seiner Begabung brach er sein Studium ab. Widerstrebend beteiligte er sich an den Kriegsvorbereitungen der Amerikaner und wurde Mitglied des Army Air Corps. Während dieser Zeit entstand die Erstfassung seines ersten Romans, der später von einem kleinen Verlag publiziert wurde. Williams erlangte an der University of Denver seinen Master. 1954 kehrte er als Dozent an diese Universität zurück und lehrte dort bis zu seiner Emeritierung 1985. Er veröffentlichte zwei Gedichtbände und vier Romane, von denen einer mit dem National Book Award ausgezeichnet wurde. John Williams starb 1994 in Fayetteville, Arkansas.
Allgemeines
Titel der amerikanischen Ausgabe: „Nothing But the Night“, Erstveröffentlichung 1948
Erscheinungstermin der deutschen Ausgabe: 8. September 2017 bei der dtv Verlagsgesellschaft als HC mit 160 Seiten, ins Deutsche übersetzt von Bernhard Robben
Gliederung: Deutlich voneinander abgesetzte Kapitel ohne Nummerierung, Nachwort von Simon Strauß
Erzählung in der dritten Person aus der Perspektive von Arthur Maxley
Handlungsort und -zeit: San Francisco in den 1940er Jahren
Inhalt und Beurteilung
Das Erstlingswerk von John Williams, das dieser als 22-jähriger – bei einem Flugzeugabsturz knapp dem Tod entronnen – im burmesischen Dschungel schrieb, schildert einen Tag im Leben des Arthur Maxley.
Arthur ist in den Zwanzigern und eigentlich Student, er scheint seine Studien allerdings nicht ernst zu nehmen und lebt einsam in seiner schmuddeligen Wohnung von den Schecks seines Vaters, den er seit drei Jahren nicht gesehen hat. Aufgrund einer traumatischen Erfahrung aus seiner Kindheit, über die der Leser erst nach und nach informiert wird, ist der Kontakt zwischen Vater und Sohn abgebrochen worden. Doch auch mit anderen Menschen und mit sich selbst kommt Arthur nicht zurecht. Er kann sich kaum aufraffen, die Wohnung zu verlassen und spazieren zu gehen, was ihm ein Arzt offenbar als heilsam für seine Seele nahegelegt hat, und sein einziger Freund, der homosexuelle Stafford Long, wird von ihm im Grunde gar nicht als Freund gesehen, die Begegnungen mit ihm enden immer als Fiasko, weil das exaltierte Auftreten Longs Arthur aggressiv macht.
An diesem speziellen Tag kommt es zum Wiedersehen mit seinem Vater Hollis, dieser scheint das traumatische Erlebnis aus der Vergangenheit weitgehend hinter sich gelassen zu haben. Als Arthur, der mit geradezu übertriebener Liebe an seiner Mutter gehangen hat, feststellt, dass sein Vater Damenbekanntschaften hat, kommt es zum Eklat. Arthur stürzt davon und beschließt, seinen Vater nie wieder zu sehen. Das Treffen hat allerdings verschüttete Erinnerungen in ihm freigelegt. Angesichts dieses emotionalen Ausnahmezustandes kann es nicht verwundern, dass auch der Abend in einem Nachtklub, in dem Arthur eine „aufgeschlossene“ Frau kennenlernt, ein übles Ende nimmt…
Es ist fast unglaublich, mit welchem Einfühlungsvermögen und welcher psychologischen Einsicht der erst 22-jährige Autor die Psyche eines jungen Mannes beschreibt, der offenbar schon als Kind überaus sensibel war und durch eine Tragödie schwer traumatisiert wurde. Arthur Maxley ist eine Persönlichkeit, die immer nur um sich selbst und sein Leid kreist, gleichzeitig sieht er sich aber auch quasi von außen mit den Augen eines fremden Beobachters. Er sieht sich als jungen Mann, der auch inmitten einer Partygesellschaft einsam und Außenseiter bleibt. Es ist jedoch kein Ansatz oder Wille zur Veränderung dieser Situation erkennbar.
Der (heutige) Leser wird von dieser trostlosen Atmosphäre zu dem Wunsch verleitet, Arthur zu schütteln, um ihn, der am liebsten in seinen Träumen lebt, „aufzuwecken“ und ihn zu zwingen, sich Hilfe zu suchen und am Leben teilzuhaben. Die Ungewissheit über das traumatische Erlebnis ist ein weiterer Faktor, der trotz der sehr schwermütigen Stimmung zum Weiterlesen animiert, man möchte unbedingt wissen, was sich damals zugetragen hat. Die Information, die hierzu gegeben wird, lässt allerdings einige Fragen offen, deren Beantwortung die Entwicklung des jungen Arthur verständlicher hätte machen können.
Es stellt sich die Frage, ob und inwieweit diese Novelle von autobiographischen Faktoren beeinflusst ist.
Fazit
Eine – besonders angesichts des damals jugendlichen Alters des Autors – beeindruckend reife Darstellung der Psyche eines „sozial gestörten“ Menschen, lesenswert, aber nicht stimmungsaufhellend!
8 Punkte