Tom Daut - Anno Salvatio 423: Der gefallene Prophet

  • Rezension: „Anno Salvatio 423 – Der gefallene Prophet“ von Tom Daut (Dystopie/ Science Fiction)


    Klappentext:
    Das Gelobte Land – eine finstere Zukunft aus gigantischen Städten und gewaltigen Kathedralen, beherrscht vom unsterblichen Papst Innozenz XIV.
    Mit seiner Gefolgschaft aus Engeln, übersinnlich begabten Inquisitoren, Exorzisten und Priestern predigt er seit 423 Jahren die neuen Zwölf Gebote und merzt jeden Widerstand unter seinen Gläubigen gnadenlos aus.
    Der Straßenpriester Desmond Sorofraugh ist mit weit mehr Heiligem Geist, der magischen Kraft Gottes, gesegnet als seine Brüder. Von Geburt an gezwungen, diese verbotenen Talente zu verbergen, lockt ihn eines Tages eine geheimnisvolle Nachricht in den Untergrund seiner Heimatstadt. Dort bietet sich ihm Veneno Fate, gefallener Prophet und meistgesuchter Aufrührer des Landes, als Mentor an.
    Ein Bündnis würde Desmond zur Hoffnung der Unterdrückten werden lassen, könnte jedoch auch Entdeckung, Folter und Tod bedeuten.
    Aber kann er den Untergrund an der Seite des Propheten wirklich vor den Intrigen der Kirche schützen? Und was hat es mit dem geheimnisvollen Iskariot auf sich?


    Eigene Meinung:
    Dieser dystopische Roman entwirft eine düstere Welt in der Zukunft, in der eine alternative Version einer Katholisch geprägten Kirche die absolute Macht hat, angeführt von einem als unsterblich geltendem Papst und einer ausgeklügelten Hierarchie, in der viele Priester auch wie Polizisten bzw. militärisch eingesetzt werden. Andersgläubige und Sünder werden streng bestraft. Doch weder dem Papst noch seinen Gefolgsleuten ist daran gelegen, dass es den einfachen Gläubigen gut geht. So ist es nicht verwunderlich, dass sich im Geheimen eine Gemeinschaft aus „Ketzern“ gebildet hat, die in einem Höhlensystem Zuflucht findet.


    Die Hauptfigur Desmond ist eigentlich ein gläubiger Priester, doch ein Kontakt mit den Rebellen aus dem Untergrund bringt sein Weltbild nach und nach immer mehr zum Schwanken. Desmond ist mit besonderen Talenten gesegnet, die hier nicht auf Magie basieren, sondern dem „Heiligen Geist“ - welche Talente das genau sind, werde ich hier mal nicht verraten. Desmond steht schon bald vor mehr als einem moralischen Dilemma, und versucht dabei stets, seinen Prinzipien treu zu bleiben.


    Der Roman besticht durch eine Fülle an originellen Einzelheiten, unter anderem im technischen Bereich. Außerdem hat sich der Autor zahlreiche Redewendungen und Schimpfworte oder Flüche ausgedacht, welche direkt mit dem Glauben oder der Religion zu tun haben.


    Und wie in jeder guten Dystopie wird in diesem Roman Gesellschafts- und Sozialkritik deutlich - nicht nur bezogen auf (über-)mächtige religiöse Institutionen und deren Tendenz zum Fundamentalismus, sondern auch auf Sexismus, Homophobie, Intoleranz, Verschwendung von Ressourcen und andere Problematiken.


    Der Stil ist sehr anschaulich und lebendig, so dass die Actionszenen spannend sind, die Gefühle und Empfindungen der handelnden Personen stets deutlich werden und man sich auch die beschriebenen Räumlichkeiten sehr gut vorstellen kann. Treffende Metaphern und Symbole verstärken dies noch zusätzlich. Es gibt zum Beispiel eine Szene, in der Desmond fast Mitleid mit einem Gegner bekommt, den er auf Leben und Tod bekämpft. Doch dann fällt sein Blick auf die Zerstörung, welche dieser angerichtet hat,und er sieht eine zerrissene Kinderpuppe – ein sehr gelungenes Symbol für die Grausamkeit seines Gegners.


    Ich bin gespannt auf die Fortsetzung.