Katrin Burseg: In einem anderen Licht

  • Katrin Burseg: In einem anderen Licht
    Verlag: List Hardcover (8. September 2017). 320 Seiten.
    ISBN-10: 347135140X
    ISBN-13: 978-3471351406. 18€


    Verlagstext
    „Fragen Sie Dorothea nach Marguerite.“ Miriam bekommt anonyme Briefe mit nur diesem Satz geschickt. Dorothea Sartorius ist die charismatische Witwe eines Reeders und eine große Mäzenin in Hamburg. Gemeinsam mit ihr bereitet Miriam gerade die Verleihung des Sartorius-Preises für Zivilcourage vor. Dorothea beantwortet Miriams Frage nicht, ermuntert sie aber, nach dem Absender der Briefe zu suchen. In einem Beginenhof an der Schlei findet Miriam eine alte Bewohnerin und Antworten, die ihr Weltbild ins Wanken bringen. Dorothea war in den 70er Jahren Mitglied in einer linksextremen Terrorgruppe. Die frühere Freundin und politische Weggefährtin von Dorothea erhebt schwere Anklage: „Sie hat uns verraten. Sie hat alles verraten, was ihr heilig war.“ Katrin Burseg erzählt von Liebe und Verrat, von Wahrheit und Wahrhaftigkeit. Und von der Herausforderung, authentisch zu leben. "In einm anderen Licht" ist ein lebendiges Porträt einer Frau vor dem historischen Hintergrund des deutschen Herbstes.
    „Ein ungewöhnlicher und spannender Roman, an dem mir vieles gefallen hat“ Rainer Moritz, Literaturhaus Hamburg


    Die Autorin
    Katrin Burseg arbeitete bereits während ihres Studiums (Kunstgeschichte, Literaturwissenschaften, Romanistik) in Kiel und Rom als freie Autorin für diverse Zeitungen. Danach ging sie nach Hamburg, wo sie als freie Autorin für Zeitungen und Magazine tätig war. Die Autorin hat bereits einige historische Romane veröffentlicht ("Die Rebellin des Papstes", 2010 und "Das Königsmal", 2008). Unter ihrem Pseudonym Karen Best erschien im Sommer 2012 "Unter wilden Sternen". In dem Gemeinschaftsroman "Die vierte Zeugin" (2012) verfasste die Autorin eine Episode.


    Inhalt
    Miriam ist Journalistin bei einem Hamburger Frauenmagazin und bereitet die Verleihung eines großzügigen Preises für Zivilcourage vor. Die „Anabel“ wird die Aktion mit einem Interview der Stifterin Dorothea Sartorius groß herausbringen. Eine Serie anonymer Briefe direkt an Miriam werfen die Frage auf, ob Dorothea aus der Zeit vor ihrer Ehe mit einem prominenten Reeder ein dunkles Geheimnis verbergen könnte. „Fragen Sie Dorothea nach Marguerite“, beharrt die Verfasserin der soldatisch sorgfältig verfassten Briefe. Miriam fühlt sich der Sartorius-Stiftung dankbar verbunden; die Stiftung hat Miriams trauerbegleitende Therapie nach dem Tod ihres Mannes ermöglicht. Gregor Ravens tragischer Tod im Einsatz als Fotograf liegt erst 2 Jahre zurück und weder Miriam noch ihr Sohn Max haben ihn bisher verarbeitet. Nach ihrem völligen Zusammenbruch bedeutet die Vorbereitung der Preisverleihung für Miriam die Rückkehr in den Beruf an einem neuen Arbeitsplatz.


    Im Interview gibt sich Dorothea Sartorius als bescheidene, verantwortungsvolle Stifterin, die mit ihrem Vermögen Gutes tun will. Ob gerade auf dem Gebiet der Forschung, Therapie und Bildung große Stiftervermögen den Stiftern oder NGOs nicht zu viel Macht geben, hinterfragt Miriam als betroffene Klientin leider nicht. Gleich zwei attraktive Männer, die zufällig auch beide Kinder mögen, tauchen in Miriams Leben auf. Nardim, der das französische Bistro im Erdgeschoss ihres Wohnhauses betreibt, und Bodo, bei dem sie gemeinsam mit Max einen Drachenbau-Workshop verbringt. Welch ein Zufall, dass Miriam ebenso zufällig den Ort entdeckt, an dem Dorothea ihren späteren Mann kennenlernte und an dem der Schlüssel zu ihrer verschwiegenen Vergangenheit liegt. Miriam recherchiert, dass zur Zeit der RAF Marguerite der Codename einer kleinen terroristischen Gruppierung gewesen ist. Die Motive, aus denen Dorothea sich der Aktion Marguerite angeschlossen haben könnte, hinterfragt Miriam nicht. Noch ist sie unbewusst in einem persönlichen Loyalitätskonflikt gegenüber Dorothea gefangen.


    Fazit
    Katrin Burseg verknüpft das Schicksal einer frisch verwitweten Journalistin mit deren Recherche nach der möglicherweise terroristischen Vergangenheit einer prominenten Hamburger Mäzenin. Die Verknüpfung zwischen Frauenroman und jüngerer deutscher Geschichte hat sofort meine Neugier auf das Buch geweckt. Ob ein Unterhaltungsroman außer einem Rückblick in die deutsche Geschichte auch Einblick in die Ursachen des RAF-Terrorismus bieten kann, sei mal dahingestellt. Dorotheas geheimnisvolle Vergangenheit sorgt für eine im Genre Frauenroman ungewöhnliche Spannung - und mit der trauernden Miriam und dem vaterlosen Max wird vermutlich jede/r Leser/in mitfühlen können. Abgesehen von einer auffälligen Anhäufung von Zufällen in Miriams Leben, rührt der Roman an und bietet einige Einblicke in Miriams Recherchearbeit als Journalistin.


    8 von 10

  • Miriam hat nach dem tragischen Tod ihres Mannes Gregor den Arbeitsbereich in einem großen Hamburger Verlag gewechselt. Für die Frauenzeitschrift Anabel bereitet sie die Preisverleihung der Satorius Stiftung vor. Unter den Bewerbungsschreiben der vielen sozialen Initiativen befindet sich eines Tages ein anonymes Schreiben, das nur den Satz enthält: „Fragen sie Dorothea nach Marguerite“.
    Über Dorothea Satorius, Witwe eines Reeders und Mäzenin, ist sehr wenig bekannt. Sie gilt als medienscheu und Miriam hat nach hartnäckigen Versuchen endlich einen Termin bei ihr bekommen. Dorothea gibt Miriam einen Namen und sie beginnt zu recherchieren. Das Ergebnis erahnt man schon, denn der Klappentext verrät zu viel.
    Bekennt sich Dorothea zu ihrer Vergangenheit oder schweigt sie für immer? Wie entscheidet sich Miriam, die früher als investigative Journalistin gearbeitet hat? Wie geht Miriam mit dem Verlust von Gregor um?


    Sehr einfühlsam und überzeugend hat die Autorin das Thema der Trauerbewältigung beschrieben. Hier kann man sich Miriam und ihren Kampf mit dem Raben sehr gut vorstellen. Auch wie schwierig es ist, Vater und Mutter gleichzeitig zu sein. Max, ihr Sohn, träumt davon, dass sie eines Tages wieder zu dritt sind. Dorothea und und Elisabeth leben beide zurückgezogen, jeder auf seine Art. Bo scheint ein „Tausendsassa“ zu sein mit seinen Eigenschaften und Lebensweg.
    Unwillkürlich hat hat man bei der Beschreibung der Redaktion ein bestimmtes Verlagsgebäude plus Zeitschrift vor Augen.


    Bei dem Handlungsablauf des Romans bekommt man den Eindruck, dass nichts dem „Zufall“ überlassen wurde, obwohl Miriam dieses annimmt. Gerade bei den Begegnungen an der Schlei wirkt vieles sehr konstruiert. Man fragt sich auch, ob es wirklich so einfach war, die Geschehnisse zu vertuschen.


    Der Roman ist flüssig zu lesen mit einer Mischung aus Landschaftsbeschreibungen, Frauenschicksale und kurze Anrisse auf aktuelle Themen, der auch auf die Situation vor 45 Jahren eingeht.




    7 Eulenpunkte

  • Vor zwei Jahren hat Miriam ihren Mann verloren, er war Fotograf und wurde bei einem Auslandseinsatz als Journalist getötet. Immer noch wütet die Trauer in ihr, doch irgendwie muss es weitergehen, schließlich hat sie ja auch ihren kleinen Sohn Max, für den sie da sein muss.
    Auch ihre Arbeit gibt ihr Halt, auch wenn sie innerhalb ihres Verlages von einer Nachrichten-Zeitung zu einer Frauenzeitschrift gewechselt hat. Aber die „Anabel“ ist ein anspruchsvolles Frauenmagazin und so macht die Arbeit dort Miriam auch Spaß. Aktuell bereitet sie eine Preisverleihung vor. Die bekannte Hamburger Reederswitwe und Vorsitzende einer Stiftung, Dorothea Sartorius stiftet einen Preis für Zivilcourage und Miriam organisiert all das. Auch ein Interview mit der medienscheuen Mäzenin steht an. Doch dann erhält Miriam immer wieder Briefe mit dem Wortlaut „Fragen Sie Dorothea nach Marguerite“, unterschrieben von einer Elisabeth. Die ersten Briefe wirft Miriam weg, doch die Absenderin bleibt hartnäckig und so erwacht die Journalistin in Miriam und sie fängt an, zu recherchieren. Sie zögert, Dorothea Sartorius direkt darauf anzusprechend, dann traut sie sich aber doch. Die Sartorius gibt ihr keine direkte Antwort, aber ermuntert sie, selbst weiter nach der Geschichte zu suchen. Mehr durch Zufall gerät Miriam auf die richtige Spur – oder ist es doch Fügung?


    Meiner Meinung nach verrät der Klappentext viel zu viel, in welche Richtung Dorotheas Geheimnis geht. Zum Glück habe ich das vor der Lektüre nur ganz kurz überflogen und konnte so selbst bei Miriams Nachforschungen mitfiebern, ohne das Ergebnis bereits zu kennen.


    Obwohl das Buch mit gerade mal 320 Seiten nicht besonders lang ist, geht es darin um viele tiefgreifende Themen. Allen voran das Thema Trauer nach dem Verlust eines geliebten Menschen. Miriams Gefühle werden sehr anschaulich und berührend beschrieben, man kann sich den „schwarzen Raben“ in ihrem Inneren gut vorstellen, auch wenn man selbst so etwas noch nicht erleben musste. Die Schwierigkeit, loszulassen, etwas Neues anzufangen und die Schuldgefühle, wenn sie es dann doch zumindest teilweise tut, wirken sehr glaubwürdig.


    Zum anderen geht es natürlich um das Geheimnis in Dorotheas Vergangenheit, das mit der deutschen Geschichte zu tun hat – ohne hier mehr verraten zu wollen, empfinde ich auch diesen Part als sehr gut dargestellt.


    Einzig die Zufälle waren mir ein paar zu viel in dieser Geschichte. Aber wie es eine der Figuren so schön ausdrückt, vielleicht gibt es ja tatsächlich auch eine Art Quantenverschränkung, also einen gemeinsamen Zustand zwischen Menschen, auch wenn sie nichts davon ahnen - wer weiß?


    Insgesamt eine berührende, lesenswerte Geschichte über Trauer und Mut, die ich gerne weiterempfehle!

  • „Manchmal ist die Wahrheit nur eine Sache der Vorstellungskraft.“ Dieser Satz aus dem Roman trifft das Thema dieses Buch meiner Ansicht nach sehr gut. Denn in diesem Roman geht es um Schuld, Trauer, Hoffnung und Neubeginn, aber auch um Liebe und Verrat.
    Das Cover kommt erst einmal nicht sehr einladend daher, hätte nicht Katrin Burseg auf dem Cover gestanden, hätte ich mich wohl nicht mit dem Buch beschäftigt. Bei näherem Betrachten ist es schlicht und gleichzeitig ausdrucksvoll, denn man fragt sich, wer diese beiden Figuren sind und was sie uns wohl für eine Geschichte erzählen.
    Der Klappentext verrät leider auch bei diesem Buch wieder viel zu viel, ich habe mittlerweile den Verdacht, dass das eine neue Strategie der Verlage ist, aber liebe Verlagsmenschen, dies ist definitiv keine Gute! Denn als Leser geht man dann häufig mit ganz falschen Ansprüchen an diese Bücher heran und wird gerade, wenn man den Autor/die Autorin nicht kennt, enttäuscht.
    Miriam ist eine Protagonistin wie ich sie mag, ich konnte mich sehr schnell mit ihr identifizieren, sie muss immer noch den Tod ihres Mannes verarbeiten, kämpft aber für ihren Sohn wie ein Löwin und steht auch im Berufsalltag ihre Frau. Dabei ist sie sich bewusst, dass sie keine Heldin ist, sie weiß um ihre Schwächen und gesteht sich ihre Zweifel ein. Die zweite große Protagonistin in diesem Buch ist Dorothea Sartorius, die Gönnerin, die Stifterin, die Witwe des reichen Geschäftsmannes. Durch ihre Arbeit stößt Miriam auf Ungereimtheiten in der Vergangenheit der Witwe und sofort ist ihr journalistischer Instinkt geweckt die Wahrheit über Dorothea herauszufinden. Was ist im Sommer 1972 wirklich geschehen?
    Katrin Burseg beschreibt sehr meisterhaft, äußerst glaubwürdig und intensiv die Verstrickungen von Wahrheit und Lüge, von Hass und Liebe, von Freundschaft und Verrat. Besonders die Dialoge sind beeindruckend und bringen die Dinge auf den Punkt bzw. deuten Dinge zwischen den Zeilen an. Äußerst schön fand ich beim Lesen auch den Raben der Trauer, der immer wieder Miriam begleitet und auf ihr Herz „einhackt“, ein sehr treffendes und symbolträchtiges Bild. Das Nachwort erklärt dem Leser welche Fakten dem Buch als Grundlage dienten und was Fiktion ist.
    Eine grandiose und leise Geschichte der man unbedingt seine Aufmerksamkeit schenken sollte, denn dieses Buch hat es sehr verdient viele, viele Leser und Leserinnen zu finden. Wer sich für deutsche Zeitgeschichte interessiert wird diesen Roman lieben.
    Ich bedanke mich bei Katrin Burseg für diesen tollen Roman und NetGalley, sowie der Ullstein-Verlagsgruppe für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars.


    10/10 P.