Inhalt:
Die Amerikanerin Samantha Whipple ist eine direkte Nachfahrin der drei Brontë-Schwester Charlotte, Emily und Anne. Von klein auf begleitet sie dieses Schriftstellertrio aus dem 19. Jahrhundert auf ihrem Lebensweg; von daher ist es nicht verwunderlich, dass sie nach dem Tod ihres Vaters in Oxford englische Literatur studiert. Gemeinsam mit ihrem Tutor Orville macht sie sich auf die Spurensuche nach geheimen Hinterlassenschaften der Brontës.
Meine Meinung:
Was in der Inhaltangabe sehr verlockend klingt, hat die Autorin leider grandios und auf der ganzen Linie vergeigt. Ich hab es selten so bereut, ein Buch bis zum Schluss durchgelesen zu haben, weil sie es an keinem Punkt geschafft hat, mich zu überzeugen.
Das fängt an beim Sprachstil; der ist holperig und ungelenk, so dass ganz unabhängig von Inhalt die Lektüre nicht gerade ein Vergnügen ist. Es sei eingeräumt, dass dieser Umstand eventuell der Übersetzung angelastet werden muss, aber unterm Strich hat es für mich keinen Unterschied gemacht, ob das Buch schlecht geschrieben oder schlecht übersetzt ist. Der Sprachstil ist uneinheitlich; manchmal ist er hochgestochen und mit komplizierten Fremdwörtern insbesondere aus der Literaturwissenschaft gespickt, dann aber wieder umgangsprachlich und flapsig. Dialoge kommen mit einem seitenlangen Austausch von Einwortsätzen daher, was mir wirklich keinen Spaß gemacht hat; und auch grammatikalisch sind einige Unachtsamkeiten versteckt, die das Lektorat niemals hätten überstehen dürfen.
Inhaltlich hat sich die Autorin einen nette Grundidee überlegt, die mich sehr gereizt hat. Die drei Brontë-Schwestern sind in meinen Augen interessante Persönlichkeiten, die einen Roman als Figuren sicherlich genug Stoff für spannende Unterhaltung bieten.
Leider wurde das Thema regelrecht versiebt, indem zum einen Samantha als Hauptfigur in den Mittelpunkt gestellt wurde; aber: Samantha war für mich an keinem Punkt greifbar oder interessant. Ich konnte ihre Gedankengänge und Handlungen kaum nachvollziehen, weil sie in sich nicht konsistent waren. Ich hatte keine Vorstellung über ihren Tagesablauf, obwohl man sie als LeserIn doch über Wochen hinweg begleitet. Ihr Verharren in der Vergangenheit und ihre Unfähigkeit, mit ihrer Umwelt umzugehen, hatte schon etwas Krankhaftes an sich, so dass ich sie durchwegs mit einem unguten Gefühl betrachtete. Die zweite Hauptfigur Orville kam bei mir besser weg, dieser Protagonist hatte aber den Vorteil, dass er sehr geheimnisvoll geschildert wurde und man sehr viel in ihn hineininterpretieren konnte.
Die Story selbst dümpelt lange Zeit vor sich hin, hat keinen linearen Aufbau und wirkt verworren. Viele Passagen erzählen in Rückblenden über Samanthas Kindheit, über ihren Vater und seine verqueren Vorstellungen von Erziehung und Lernen, aber auch von seiner unermüdlichen, fieberhaften Beschäftigung mit den Brontës. Daneben gibt es in der Gegenwart eine gute Portion Campusleben und vor allem literaturwissenschaftliche Diskussionen, die zwar hochambitioniert, in dieser Geschichte aber irgendwie fehl am Platz sind. Was für eine anstrengende Mischung! Die im Klappentext versprochene literarische Schnitzeljagd findet erst im letzten Drittel statt und hat - nach ein, zwei vielversprechenden Wendungen zwischendrin - am Ende eine banale, enttäuschende Auflösung.
Nachdem ich also auf der ganzen Linie, nämlich vom Sprachstil, von den Figuren und von der Handlung enttäuscht bin, kann ich nur betonen, dass ich diesem Roman absolut nichts abgewinnen konnte und ihn auch niemandem weiterempfehlen werde.