Schreibwettbewerb September - November 2017 - Thema: "Farbenfroh"

  • Thema September - November 2017:


    "Farbenfroh"


    Vom 01. September bis 31. Oktober 2017 - 18:00 Uhr könnt Ihr uns Eure Beiträge für den Schreibwettbewerb Sepbember/November 2017 zu o.g. Thema per Email an schreibwettbewerb@buechereule.de zukommen lassen. Euer Beitrag wird von uns dann anonym am 1. November eingestellt. Den Ablauf und die Regeln könnt Ihr hier noch einml nachlesen: Regeln Schreibwettbewerb.


    Bitte achtet darauf, nicht mehr als 500 Wörter zu verwenden. Jeder Beitrag mit mehr als 500 Wörtern wird nicht zum Wettbewerb zugelassen!



    Achtung: Achtet bitte auf die Änderungen! Annahmeschluß ist ab sofort immer am Monatsletzten um 18:00

  • Natürlich von Serendipity8


    Die Zeit scheint verlangsamt zu sein. Jede Bewegung ist mir bewusst, während ich durch das frische Wasser gleite und gemächlich ein- und ausatme. Wenn ich dazu fähig wäre, würde ich am liebsten vergessen, zu Blinzeln, um keine Millisekunde dieser Schönheit zu verpassen. Es ist als hätte ein Maler seine Farbpalette aufgebraucht, um jede Nuance, die mischbar ist, in dieser Umgebung fest zu verankern. Der türkisfarbene Streifen über mir wirkt fast künstlich, so eben und rein erscheint es mir.


    Amalia, meine geliebte Amalia, deutet auf einen Fleck direkt unter mir. Dort bewegt sich gerade ein leuchtend blauer Seestern über den Meeresgrund. Direkt über ihm wiegen sich Anemonen in sämtlichen gelb-orange Tönen sanft in der Meeresströmung. Mit einer unglaublichen Gelassenheit und Anmut schwebt – nein schwimmt – eine Schildkröte direkt an meinem Kopf vorbei. Amalia grinst. Ihre grünen Augen funkeln und sie scheint vollkommen absorbiert von der Umgebung. Es ist das erste Mal, dass ich sie zum Tauchen mitgenommen habe. Ihre anfängliche Angst scheint sich nun gelegt zu haben. Was wir beide nur ahnen können, aber noch nicht wissen: Alle fünf Jahre werden wir von nun an unseren Urlaub hier verbringen.


    Ich halte Ausschau nach den Clownfischen, die sich als Einzige in die Nähe der Anemonen trauen, doch keiner der kleinen orange-weißen Fische lässt sich blicken. Dafür kann ich ein paar Meter weiter einen Schwarm etwas größerer Fische erkennen. Wimpelfische, wie ich später in einem Fachbuch erfahren werde. Wir schwimmen ein Stück weiter, entlang verschiedenfarbiger Korallen. Wieder einmal wird mir bewusst, wie unglaublich diese Harmonie und Artenvielfalt doch ist. Während ich in den nächsten Urlauben genau Buch führen werde, welche Arten von Fischen wir auf unseren Tauchgängen begegnet sind und alle sorgfältig in ein in samt gebundenes Buch eintragen werde, wird Amalia Farben sammeln. Ihr Gedächtnis ist unglaublich und ab dem Zeitpunkt, an dem ich ihr die Unterwasserkamera schenke, wird sie mit ihren Acrylfarben neben den Fotos stehen und die Farbtöne der Fische nacharbeiten.


    Ich lasse die Augen noch einen Moment geschlossen und bade in den Erinnerungen. Meine Hand fährt über die kleine Leinwand, die mir Amalia zuletzt gegeben hat. Auch mit geschlossenen Augen kann ich die vielen Farben sehen und mit den Farben kommen die Eindrücke und Erinnerungen zurück. Dieses Jahr wäre wieder das fünfte Jahr und – wäre alles normal verlaufen – würde ich demnächst mit Amalia im Flieger nach Australien sitzen. Aber genauso unwirklich wie mir immer die Unterwasserwelt vorkam, so unwirklich ist der Gedanke, dass keiner von uns es je wieder sehen wird. Es klopft an der Tür. Ich hoffe inständig, dass dies nicht das letzte Mal sein wird, dass ich Amalias grüne Augen sehe. Sie setzt sich neben mich und nimmt meine Hand. Ihr Blick fällt auf die Leinwand, die ich noch immer festhalte. „Ich denke auch oft daran“, sagt sie leise. Ich nicke. „Eine Farbe fehlt allerdings bei deinen Bildern.“, antworte ich. Fragend sieht mich Amalia an. Ich lächle: „Deine Augen. So ein grün habe ich bei keinem Tauchgang entdecken können. Sie sind wahrlich einzigartig.“

  • Die trostlosen Tage von Johanna



    Endlich, jetzt ist es vollbracht

    Sie erstrahlt wieder, in all ihrer Pracht.

    Die Leere, so groß seit Freitag nacht

    Ihr ward nun der Garaus gemacht.


    Die Zeit des Vermissens,

    Trotz vorherigen Wissens,

    War dunkel, traurig und nackt.

    Es fehlte so sehr der Kontakt.


    Kein lesen, kein schreiben,

    wo sollt ich nur bleiben?

    Plaudern, meinen und reden,

    das hat allen so sehr viel gegeben.


    Die Bücher, sie lagen im Dunkeln

    Entschwunden ihr Funkeln.

    Es war so farblos, trist und grau,

    Wie ein mentaler Supergau.


    Aber, nun ist es soweit,.

    Fort ist sie, die Trostlosigkeit.

    Die Leere, sie starrt nicht mehr mich an

    Ich bin wieder voll von Tatendrang.


    Darf schreiben, lesen und genießen

    Mir kein´ mehr hinter die Binde gießen.

    Ich war so derart zerrissen,

    vor lauter traurigem Vermissen.


    Nun geht’s wieder aufwärts, in neuem Gewand

    Er regt sich wieder, mein erstarrter Verstand.

    Die Welt erstrahlt plötzlich herrlich bunt,

    Und ich bin wieder völlig gesund.

  • Freitagssause von Inkslinger


    Sonnenaufgangslila

    Fieberrot

    Sumpfgrün

    Mitternachtsblau


    Mein morgendlicher Blick in den Spiegel war schon lange nicht mehr so abwechslungsreich. Der gestrige Abend hat deutliche Spuren hinterlassen. Vermutlich war es keine gute Idee, nach unserem Saufgelage mit den Jungs noch um die Häuser zu ziehen.


    Die ersten zwei Stunden hatte es nicht nach Ärger ausgesehen. Fieps, Dig und Sven waren diesen Mädels vor der Disco zwar ordentlich auf den Zeiger gegangen, aber ich konnte die Lage entschärfen. Nach Fiepsis und Svens Kotzstrahlwettbewerb sind die Ladys eh nicht mehr in Stimmung gewesen. Schade um die Stunden, die die Kleinen zu Hause vorm Spiegel mit Aufhübschen verbracht hatten. Die Bröckchen haben sie sich aber ganz gut von Haaren und Kleidchen gepflückt. Als wir weitergezogen sind, haben sie sich ja gleich beruhigt und aufgehört zu kreischen. Alles halb so schlimm.


    Meine Aktion, mit blankem Hintern vorm Fitnessstudio zu posieren, ist auch noch harmlos gewesen. Und gerechtfertigt. Die brauchen sich gar nicht wundern, dass sie verarscht werden. Wer trainiert schon Freitagnachts?!


    Polizei ist die ganze Zeit nirgends zu sehen gewesen, was mich bei unserer Lautstärke etwas überrascht hat. Vielleicht haben sich die Anwohner schon an unsere Schlager- und Schlachtrufmedleys gewöhnt. Dank Diggis Katzengejammer eine echt starke Leistung.


    Die Sache fing erst an schief zu laufen, als Sven den glorreichen Vorschlag gemacht hatte, ins Freibad einzusteigen und schwimmen zu gehen. Er und Fieps waren gleich ins Becken gesprungen, Diggi und ich sind ihnen in geringem Abstand gefolgt, was im Nachhinein betrachtet unser Glück war.

    Diggi hatte als Erster geschnallt, dass die Schreie der beiden nicht von Freude herrührten. Hätte er mir nicht ein Bein gestellt, wäre ich nicht am Beckenrand langgeschlagen und würde jetzt mit den anderen im Krankenhaus liegen.


    Diggi kommt ins Badezimmer und umarmt mich von hinten. Wie immer schafft er es dabei 'aus Versehen' meine Brüste zu streifen. "Hey, Süße. Wie geht's deinem Gesicht heute?"


    Ich brumme nur und löse mich aus der Umklammerung. Buntes Gesicht oder nicht – Zähneputzen muss erstmal sein. "Wie geht's den Jungs?"

    Er setzt sich auf den Badewannenrand. "Zwei gebrochene Beine, ein zertrümmerter Arm, ein angeknackter Steiß, viele Prellungen. Ich habe grade mit ihnen telefoniert. Sie hatten Glück. Der Arzt meinte, andere Trocken-Arschbomber hätte es schon schlimmer erwischt."

    Ich schüttle fassungslos den Kopf. "Erinnere mich daran, dass ich nie wieder mit diesen Idioten saufe. Besonders nicht im Herbst und Winter."

    Er grinst schelmisch. "Ja, Schatz, natürlich."

  • Was das Herz bewegt von Suzann


    „Ich habe mir eine neue Waage gekauft! Die misst den Fettanteil im Körper.“


    Selina stand vor der verspiegelten Schranktüre und beugte sich über eine Schachtel mit bunter Sportbekleidung, während sie Julia von ihrer neuesten Errungenschaft erzählte.


    „Jetzt weiß ich, warum ich trotz des vielen Sports nicht abnehme. Das ganze Fett verwandelt sich in Muskulatur und die ist schwerer. Ich fühle mich nicht mehr so wabbelig.“


    Selina drehte sich in einem neuen Fabletics Sportoutfitvor dem Spiegel und sah ihre beste Freundin auf dem Ehebett hinter ihr erwartungsvoll an.


    „Soll ich diese Leggins behalten? Wie sieht mein Hintern darin aus?


    Julia fand die bunte Leggins toll, konnte aber nicht verstehen, wofür man ein Sportklamottenabonnement brauchte. Während sie diesem Gedanken nachhing, quasselte Selina weiter.


    „Wenn ich mehr so aussehe, wie vor der Geburt, bekommt Lukas vielleicht wieder Interesse an mir“, vertraute Selina dem Spiegelbild der Freundin ihre Hoffnungen an.


    „Früher haben Lukas und ich viel mehr … geredet. Ich vermisse seine Aufmerksamkeit.“


    Julia wusste ungefähr, woran es hakte, aber wie konnte sie Selina einen Schubs in die richtige Richtung geben, ohne ihr Versprechen Christoph gegenüber zu brechen?


    „Woher nimmst du mit den Zwillingen nur die Zeit so viel Sport zu treiben?“ fragte sie, um Zeit zu gewinnen.


    Julias Freund Christoph war Lukas´bester Kumpel. Daher verfügte Julia über Details über die Beziehung ihrer Freundin, die sie lieber nicht gewusst hätte.


    Als Julia vor kurzem das Thema Familiengründung angesprochen hatte, hatte Christoph unter dem Siegel der Verschwiegenheit ausgeplaudert, wie es um Lukas´ Gefühle für Selina stand. Christophhatte Angst, ein solcher Schritt wäre auch für ihre Beziehung der Todesstoß. Lukas konnte nichts mehr mit Selina anfangen. Die beiden hatten sich total auseinander gelebt.


    „Ich weiß gar nicht mehr, was ich mir ihr reden soll. Abgesehen von den Kindern haben wir praktisch keine Gemeinsamkeiten. Und seit sie diesen Sportwahn hat, ist es noch schlimmer geworden“, hatte sich Lukas einmal beklagt, als sie in ihrer Lieblingskneipe versumpft waren.


    Wie leitete man am geschicktesten vonLeggins auf Beziehungsratschläge über? Von diesem Gedanken beansprucht, bemerkte Julia nicht, dass Selina sie erwartungsvoll ansah.


    „Was hältst du davon, wenn du Lukas zum Geburtstag ein Wochenende schenkst?“ wich Julia aus.„Nur ihr zwei!“ Sie wühlte in dem bunten Haufen knapp geschnittener Kleidung mit hohem Stretchanteil und fischte ein sexy Oberteil heraus.


    „Du mietest euch in ein schnuckliges Hotel ein.“ Sie schwenkte das knallige Top, grinste vielsagend und wackelte mit den Augenbrauen wie ihr Lieblingskomiker Groucho Marx. „Und dein Fitnessprogramm verlegst du zwischen die Laken.“


    Unschlüssig ließ sich Selina neben ihrer Freundin auf das Bett fallen. „Meinst du wirklich? Aber wer soll auf die Zwillinge aufpassen?“


    „Die übernehmen Christoph und ich!“, versicherte Julia schnell, bevor sie kalte Füße bekam. Christoph würde sie umbringen, wenn er erfuhr, was sie gerade versprochen hatte. Aber nach ein paar Tagen mit zwei Kleinkindern würden sie es definitiv wissen, ob ihre Beziehung reif für den nächsten Schritt war.


    „Was hältst du jetzt von dieser Leggins, Julia? Steht mir dieses knallige Muster?“