Manfred Haferburg - Wohn-Haft

  • Titel: Wohnhaft
    Autor: Manfred Haferburg
    Vorwort: Wolf Biermann
    Verlag: KUUUK
    Erschienen: 5. September 2013
    Seitenzahl: 524
    ISBN-10: 3939832596
    ISBN-13: 978-3939832591
    Preis: 32,00 Euro


    Das sagt der Klappentext:
    Wohn-Haft ist ein Roman, der auf einer wahren Geschichte basiert. Der Leser taucht in den Alltag der DDR-Jahre ein. Er begegnet Menschen, die in dieses Land hineingeboren wurden und die sich hinter der Mauer einrichten müssen. Manche sind stark, wie die junge Lehrerin Sigi, deren Schicksal wie zufällig mit dem System kollidiert. Liebe trifft auf Dummheit und Hass. Manche sind zu schwach, den Verlockungen der Menschenfänger zu widerstehen. Wir lernen den blonden Wikinger Paul kennen, den das System zum Verräter an sich selbst und seinen Freunden macht. Manni, die Hauptfigur, begehrt auf. Aus dem Mitläufer wächst ein Mann, der versucht zu widerstehen. Wer sich nicht beugt, muss zerbrochen werden. Er wird verraten, zersetzt, gefangen und eingekerkert. Wir leiden mit im aussichtslosen Kampf des Einzelnen gegen das übermächtige System.


    Die Geschichte bietet aber auch Einblicke ins Innenleben eines schier allmächtigen Apparates. Fasziniert folgen wir den Bonzen und Schergen bis in den Kopf hinein. Spitzel sind auf Spitzel angesetzt. Abgestoßen lesen wir von der Intelligenz des Bösen, von dessen Gemeinheit und Schläue. Eine Lehrstunde über totalitäre „Systeme“, wie sie als Gesamtheit funktionieren, samt genauer Beschreibungen einzelner Rädchen. Der Autor erzählt packend von menschlichen Stärken und Schwächen in einem menschenverachtenden System, dass man fast atemlos weiterliest. Dieser Roman ist so gesättigt mit realem Leben, dass man den Takt der untergegangenen Welt beim Lesen nachspüren und nacherleben kann. Wir werden erfahren, was wir eigentlich schon immer ahnten – am Ende sind Menschlichkeit und Liebe stärker als jede Diktatur.


    Der Autor:
    Manfred Haferburg wurde 1948 im Osten Deutschlands geboren. Er wuchs in Sachsen-Anhalt auf und studierte in Dresden. Er arbeitete im Kernkraftwerk Greifswald, dem damals wohl größten Atomkraftwerk der Welt. Durch seine sture Weigerung, in die SED einzutreten, fiel er der Staatssicherheit auf. Als er sich auch noch weigerte, Spitzel zu werden, erklärte ihn die Partei zum Staatsfeind. Von seinem besten Freund verraten verlor Manfred erst seinen Beruf, dann seine Familie und zuletzt die Freiheit. Ein Irrweg durch die Gefängnisse des sozialistischen Lagers begann, der im berüchtigten Stasigefängnis Hohenschönhausen endete. Hier gehörte er zu den letzten Gefangenen, die von der Stasi entsorgt wurden. Manfred Haferburg lebt heute mit seiner Frau in Paris.



    Meine Meinung:


    Bevor ich meine Meinung schreibe, muss ich sagen, dass ich Manfred Haferburg kenne. Er ist ein ehemaliger Kollege von mir, mit dem ich heute noch ab und an telefonisch oder per E-Mail Kontakt habe. Von anderen gemeinsamen Arbeitskollegen habe ich von diesem Buch erfahren. Es hat mir den Boden unter den Füssen weggerisssen, als ich es las. Denn ist seine Geschichte und niemals hätte ich diesem Mann, dieses Schicksal, diese Vergangenheit angemerkt.


    In seinem eigenen Schreibstil schreibt Manfred Haferburg einen ergreifenden, sehr emotionalen und persönlichen Roman, von einem Mann, der sich nicht beugen wollte, der er selbst bleiben wollte, der sich niemandem anschließen wollte, sich nicht anpassen wollte, der einfach nur glücklich leben wollte.


    Es gab Phasen, in denen ich das Buch aus der Hand legen musste, nicht weiterlesen konnte. Verdauen musste. Und doch habe ich es nicht bereut, es bis zum Schluss gelesen zu haben. Denn es ist eine wahre Geschichte, seine Geschichte. Ich selber bin in Westdeutschland geboren und kannte bis dahin zwar einiges von der Geschichte und dem Regime Ostdeutschlands, doch was ich las, hätte ich so nicht erwartet, oder vielleicht hat man diese Gedanken auch verdrängt. Ich weiß es nicht. Aber jeder, der in dieser Zeit im Osten gelebt hat, wird sich wiederfinden, wird es wahrscheinlich bestätigen können.


    Für mich erschreckend die Manipulationen, die Einschüchterungen, die Zerstörung der Menschen durch das System, das auch nicht vor Folter und Mord zurückschreckt, den Tod in Kauf nahm, wenn es unbequem wurde.


    Spannend, sehr bildlich, ohne zu beschönigen, schreibt Manfred Haferburg nicht nur aus der Sicht von „Manni“ und Menschen, die sich ebenfalls nicht anpassen wollten, sondern zeigt auch die Sicht der Stasi und deren Helfer. Sehr gut recherchiert und bestimmt nicht einfach für ihn. Detailgenaue Protokolle und Stasiberichte, die erschrecken, brutal sind, einen fassungslos werden lassen, sind nur ein Teil von dem, was er herausgefunden hat. Eindrucksvoll zeigt der Autor den Mechanismus der Stasi-Diktatur.


    Ich danke Manfred Haferburg für dieses Buch, dass mich leiden und hoffen ließ, dass mich Hass aufbauen ließ, weinen ließ, mich tief berührte. Ich danke Manfred Haferburg für seine Offenheit und hoffe, dass er mit diesem Buch einiges aufarbeiten konnte. Abschließen oder vergessen kann man so was nicht, aber so wie ich ihn kenne, hat er es geschafft sein Leben wieder lebenswert zu machen, auch wenn die Wunden immer bleiben werden.


    Ein sehr berührendes, empfehlenswertes Buch, dass für mich die volle Punktzahl verdient hat.

    :lesend Fenna Janssen - Die kleine Strandbar

    --------------------

    Hörbuch: Ildiko von Kürthy - Neuland

    Hörbuch: Jane Austen - Northanger Abbey

    SuB: 315