Ein irischer Dorfpolizist - Graham Norton

  • Ein irischer Dorfpolizist


    Graham Norton


    ISBN: 346340690X


    Kindler Verlag


    336 Seiten, 19,95 Euro



    Über den Autor: Graham Norton, Schauspieler, Comedian und Talkmaster, ist eine der bekanntesten Fernsehpersönlichkeiten der englischsprachigen Welt. Geboren wurde er in Clondalkin, einem Vorort von Dublin, aufgewachsen ist der Sohn einer protestantischen Familie aber im County Cork im Süden Irlands. Sein erster Roman „Ein irischer Dorfpolizist“ überraschte viele durch seine Wärme und erzählerische Qualität, er avancierte in Irland und Großbritannien zum Bestseller, wurde mit dem Irish Book Award 2016 ausgezeichnet und wird nun auch zu einer Fernsehserie. „Möglicherweise war es Verschwendung, dass der Mann die ganzen Jahre im Fernsehen war“, schrieb denn auch Bestsellerautor John Boyne in der „Irish Times“.



    Worum geht es? Die Hauptfigur in diesem Krimi ist Sergeant PJ Collins, der seit Jahren in dem kleinen irischen Dörfchen Duneen lebt und arbeitet. Schon als Kind war PJ dick und im Laufe der Zeit ist er ziemlich fett geworden. Das behindert ihn bei seiner Arbeit aber kaum, denn in dem kleinen Ort ist so gut wie nichts los – bis zu dem Tag, als bei Bauarbeiten menschliche Knochen gefunden werden. Alle im Ort scheinen zu wissen, dass es sich dabei um Tommy Burke handelt, der vor Jahren verschwand. Besonders betroffen von seinem Verschwinden sind zwei Frauen; Evelyn Ross und Brid Riordan, sie hatten sich damals beide Hoffnungen auf den attraktiven Tom gemacht und sich sogar am Tag seines Verschwindens auf dem Marktplatz öffentlich um ihn geprügelt.


    Dies ist ein sehr leiser Kriminalroman, dem es in der Hauptsache um die einzelnen Figuren geht, die liebevoll ausgearbeitet sind. Man lernt den Außenseiter PJ etwas kennen und auch Evelyn und Brid wirken glaubhaft dargestellt. Beide Frauen haben das Verschwinden von Tom nicht verwunden und auf ihre Weise gelernt, damit umzugehen.


    Collins, Evelyn Ross und Brid Riordan haben etwas gemeinsam, das auch die Grundstimmung des Romans ausmacht; sie fühlen sich ungeliebt und einsam. Die Aufklärung des Falles ist zwar der Grund aus dem PJ mit den beiden Frauen zu tun hat, doch spielen die Ermittlungen keine wirklich große Rolle und auch auf einen Spannungsbogen hat der Autor keinen besonderen Wert gelegt. Wichtig waren ihm allein die Befindlichkeiten seiner Figuren und die kommen deutlich rüber. Einsamkeit und Verlorenheit durchziehen das gesamte Buch und nach dem Lesen bleibt ein trauriges Gefühl. Das Buch hinterlässt keinen bleibenden Eindruck, es fehlt ein wenig an Spannung und ist irgendwie etwas blass, trotzdem ist es aber nicht schlecht geschrieben. 7 Eulenpünktchen von mir dafür.

  • Gleich zu Beginn des Buches lernen wir den stark übergewichtigen, gehemmten und etwas phlegmatischen Dorfpolizisten PJ kennen. Unverhofft werden im Ort Duneen auf der Baustelle eines Neubaugebietes die Überreste einer Leiche gefunden. Zunächst will PJ nur unbedingt überregionale Unterstützung anfordern, aber als diese dann unterwegs ist, überkommt ihn dann doch Bedauern, dass sie ihm dann sicher den Fall abnehmen werden. Noch bevor sie eintreffen hat er sogar schon eine Spur. Wie ihm zugetragen wird, gibt es seit langer Zeit einen Vermisstenfall. Thomas Burke ist damals auf geheimnisvolle Weise verschwunden und wurde von niemandem mehr gesehen oder gehört.


    Aus Cork wird Detective Superintendent Linus Dunne entsannt, der gleich nicht viel von „Sumo“ PJ hält. Umgekehrt hält PJ den Mann aus Cork für einen widerlichen Typen und unerträglichen Schwachkopf. Zwischen den beiden entwickelt sich mit der Zeit eine interessante Beziehung.


    Dem Dorftratsch muss nachgegangen werden. PJ würde selber so gerne eine der Vernehmungen durchführen, aber dann hat er auch wieder Ängste zu versagen. Trotzdem führt er dann das erste Gespräch mit Evelyn Ross, die damals in Thomas verschossen war.


    PJ ist 53 alt und eingefleischter Junggeselle, und plötzlich interessieren sich zwei Frauen gleichzeitig für ihn. Wieder haben Evelyn und Brid Riordan ein Auge auf denselben Mann geworfen. Trotz aller Unerfahrenheit zeigt sich nach und nach, dass die Ermittlungsarbeit ihm doch ganz gut von der Hand geht, irgendwie hat PJ doch eine gewisse Begabung dafür und kommt voran.


    Dann springt das Buch um mehrere Monate und geht in Teil 2 im Frühjahr weiter. Es kommt zu interessanten weiteren Entwicklungen und am Ende ereignet sich ein rasantes Finale. Alle Geheimnisse werden aufgeklärt.


    In diesem recht ruhigen Buch steht der Kriminalfall nicht so sehr im Mittelpunkt. Es geht sehr viel um das Zwischenmenschliche unter den beteiligten Personen und Dorfbewohnern. Auch für PJ finden ungeahnte Interaktionen statt. Nachvollziehbar wird das eigene Hadern im Zusammenhang mit Fresslust oder Alkoholmissbrauch dargestellt. Keine der Personen ist besonders sympathisch, man kann sich mit keinem der Protagonisten richtig identifizieren. Alle Charaktere sind jedoch detailreich ausgearbeitet, Mitleid prägt das Gefühl für die Handelnden. Anschaulich wird ein schlichtes Polizistendasein im ländlichen Irland beschrieben. Es dreht sich vieles um das Verharren im Vergangenen, unerfüllte Lebenskonzepte und wirtschaftliche Zwänge. Auch dieses Buch ist wieder eher ein Familiendrama als ein spannender Krimi zum Mitraten.


    Fazit: Ein ruhiger, nachdenklicher ländlicher Krimi.


    8 von 10 Punkten