Inseltochter - Marlies Folkens

  • Klappentext lt. amazon.de
    "Sie sind fremd hier, und das werden Sie auch bleiben. Niemand will Sie hier haben. Und ich würde mir eher noch das andere Bein abhacken lassen, als von Ihnen Hilfe anzunehmen."


    Nordseeküste, 1946: Aus ihrer Abneigung gegenüber den Flüchtlingen von der Insel Helgoland machen die Einheimischen keinen Hehl. Dennoch können Wiebke Hansen und ihre Familie sich glücklich schätzen, im Fischerdorf Fedderwardersiel eine neue Bleibe gefunden zu haben. Denn Helgoland liegt nach einem britischen Bombenangriff in Schutt und Asche. Wiebke tut alles, um ihre Familie irgendwie durchzubringen. Doch besonders der mürrische Fischer Freerk Cordes, der im Krieg ein Bein verloren hat, macht ihr das Leben schwer -


    Ein kleines Fischerdorf, eine heimatlose Familie und ein mutiger Neuanfang - eine mitreißende Familiengeschichte in stürmischen Zeiten.



    Zur Autorin
    Marlies Folkens wurde 1961 in Stollhamm-Ahndeich, einem kleinen Dorf direkt an der Nordseeküste, geboren. Als jüngstes von vier Geschwistern wuchs sie auf einem Bauernhof auf. Nach dem Abitur zog sie zum Studium der Geschichte und Politik nach Oldenburg, wo sie bis heute mit ihrer Familie lebt. Schon früh entdeckte Marlies Folkens das Schreiben für sich. Inseltochter ist ihr zweiter Roman.



    Meine Meinung
    Bei diesem Buch haben mich das Cover und der Klappentext sofort angesprochen und ich kann gleich behaupten, das ich nicht enttäuscht wurde.
    Eine Geschichte die alle Gefühlslagen vereint: Freundschaft, Liebe, Trauer, Tod, das Vermissen, Hoffen, Bangen und einige schwere Schicksalsschläge haben mich in diesen Roman eintauchen lassen. Der Schreibstil von Marlies Folkens ist so hervorragend, das man fast schon den Duft der Nordsee in der Nase spürt.
    Sehr berührt hat mich Wiebke Hansen, die Hauptprotagonisten des Buches. Eine starke junge Frau, die ihr Leben nach der Kriegsflucht von Helgoland, in Fedderwardersiel neu beginnen muss. Doch sie ist nicht alleine, mit dabei sind ihre beiden Kinder, ihre beiden Brüder, eine Tante und die Schwiegermutter. Jan, Wiebkes Ehemann, ist seit Jahren in Russland als verschwunden gemeldet und keiner weiß, ob er den Krieg nicht doch überlebt hat und eines Tages vor der Tür steht. Hier hat mir der Aspekt sehr gefallen, das Wiebke sich die ganze Zeit als Ehefrau sieht und jahrelang hofft, das Jan plötzlich wieder da sein könnte. Sehr berührt haben mich die Tagebucheinträge, die Wiebke in Briefform jeden Abend an Jan schreibt, aber niemals abschickt. Wohin auch? Um alle Familienmitglieder gut durch die schreckliche Zeit zu bringen, beginnt Wiebke eine Stelle beim Feind anzunehmen, sie schmeißt den Haushalt für den britischen Captain Watson. Da kann man sich natürlich vorstellen, das dies von den Dorfbewohnern nicht gern gesehen wird und der Tratsch los geht. Doch immer mehr zu einer Stütze wird Wiebke ihr mürrischer und eigenbrötlerischer Nachbar Freerk Cordes. Ein Mann der im Krieg seinen Zwillingsbruder verloren hat und schwer verletzt wurde. Er sieht sich als Krüppel, doch tief in ihm wächst die Liebe zu Wiebke. Diese sieht ihn als guten Freund an, bis ein einschneidendes Erlebnis geschieht und beide ...

    Fazit

    Ein wundervoller Roman über eine junge Frau die stark sein muss um ihre Familie durch die Nachkriegszeit zu bringen, doch sie darf auch nicht vergessen, ihr Leben zu leben und sich nicht nur aufzuopfern um es allen recht machen zu können. Ich habe mich sehr gut unterhalten gefühlt und kann dieses Buch uneingeschränkt empfehlen.

  • Marlies Folkens - Inseltochter


    Titel: Inseltochter

    Autor: Marlies Folkens

    ISBN-10: 3404175719

    ISBN-13: 978-3404175710

    Erscheinungsdatum: Juni 2017

    Verlag: Bastei Lübbe

    Seiten: 352



    Zur Autorin:


    Marlies Folkens wurde 1961 in Stollhamm-Ahndeich, einem kleinen Dorf direkt an der Nordseeküste, geboren. Als jüngstes von vier Geschwistern wuchs sie auf einem Bauernhof auf. Nach dem Abitur zog sie zum Studium der Geschichte und Politik nach Oldenburg.

    Schon früh entdeckte Marlies Folkens das Schreiben für sich und verfasste über die Jahre zahlreiche Kurzgeschichten, Satiren und Gedichte. Mit Von Schwalben und Mauerseglern legt sie ihren ersten Roman vor, der von Erzählungen ihrer Mutter über die Kriegs- und Nachkriegszeit inspiriert ist.

    Marlies Folkens lebt und arbeitet in Oldenburg, wo sie für eine Eventagentur Internetauftritte erstellt und pflegt. Sie ist verheiratet, hat zwei Töchter im Teenager- und drei Kater im Flegelalter. Neben dem Schreiben ist klassische Musik ihre große Leidenschaft. So oft es geht, besucht sie die Oper und singt auch selbst in einem Chor.

    (Quelle: Verlagsseite)



    Kurzbeschreibung/Klappentext:


    "Sie sind fremd hier, und das werden Sie auch bleiben. Niemand will Sie hier haben. Und ich würde mir eher noch das andere Bein abhacken lassen, als von Ihnen Hilfe anzunehmen."


    Nordseeküste, 1946: Aus ihrer Abneigung gegenüber den Flüchtlingen von der Insel Helgoland machen die Einheimischen keinen Hehl. Dennoch können Wiebke Hansen und ihre Familie sich glücklich schätzen, im Fischerdorf Fedderwardersiel eine neue Bleibe gefunden zu haben. Denn Helgoland liegt nach einem britischen Bombenangriff in Schutt und Asche. Wiebke tut alles, um ihre Familie irgendwie durchzubringen. Doch besonders der mürrische Fischer Freerk Cordes, der im Krieg ein Bein verloren hat, macht ihr das Leben schwer …


    Ein kleines Fischerdorf, eine heimatlose Familie und ein mutiger Neuanfang – eine mitreißende Familiengeschichte in stürmischen Zeiten

    (Quelle: Verlagsseite)




    Meine Eindrücke/Meinung:


    Als die Britische Armee im Frühjahr 1945, noch kurz vor Ende des Krieges, Helgoland mit einem Bombenhagel eindeckt und damit unbewohnbar macht, werden die Überlebenden auf das Festland evakuiert und in ganz Schleswig-Holstein verstreut. Unter den Inselflüchtlingen ist auch die junge Wiebke Hansen mit ihrer Familie, die in dem kleinen Fischerdorf Fedderwardersiel an der Wesermündung strandet. Willkommen sind die Helgoländer dort nicht, aber sie versuchen dennoch, sich so gut wie möglich einzurichten und so etwas wie ein neues Zuhause zu erschaffen. Zu siebt und sehr beengt leben sie in einer kleinen Kate: Wiebke, deren Mann Jan im Krieg verschollen ist, ihre noch recht kleinen Kinder Piet und Ike, dazu ihre beiden halbwüchsigen Brüder Gerd und Enno, sowie Wiebkes Schwiegermutter und deren Schwester, die einzigen Überlebenden der einst so einflussreichen Hoteliersfamilie Hansen von Helgoland.


    Wiebke hofft und bangt, dass ihr Mann Jan irgendwann heil aus Russland zurückkommen wird, doch auch im heißen Nachkriegssommer 1946 hat sie noch immer keine Nachricht von ihm. So lange er noch fern ist, kümmert sie sich um alles und versucht dafür zu sorgen, dass die Familie nicht verhungern muss. Doch die Not ist groß, und Geld und Essen knapp. Durch einen Zufall lernt sie Captain Watson kennen, einen Offizier der englischen Besatzungsmacht, die in der Region das Zepter schwingt.


    Als Watson ihr einen Job als Köchin und Haushälterin anbietet, greift sie sofort zu, und kann so ihre Lieben über Wasser halten, auch wenn ihre Familie und die Dorfbewohner sich empören, dass sie von nun an für den Feind und einen verhassten "Tommy" arbeitet. Als sie wegen ihrer guten Englischkenntnisse immer öfter auch als Übersetzerin aushilft und mit ihrem Chef im Dorf gesehen wird, da wird hinter vorgehaltener Hand sogar gemunkelt, sie sei das Flittchen des englischen Captains - wie sonst sollte sie an diesen Job gekommen sein?


    Auch Freerk, einem eigenbrötlerischer Fischer aus dem Dorf, der im Krieg ein Bein verloren hat, ist ihre Arbeit ein Dorn im Auge, und prompt gerät er mit Wiebke in einen erbitterten Streit. Doch Wiebkes Brüder Gerd und Enno haben einen Narren an Freerk gefressen, freunden sich mit ihm und seinem Onkel Emil an, und helfen den beiden oft mit ihrem Fischkutter. Und obwohl die anfängliche Ablehnung beinahe unüberwindbar scheint, wachsen die beiden Familien bald zusammen und stellen fest, dass das Leben viel leichter sein kann, wenn man zusammenhält und das wenige teilt, das man hat.


    Nach und nach tauen die Menschen auf und wagen eine zögernde Annäherung. Die engen Freundschaftsbande, die sich allmählich entwickeln, geben all diesen kriegsgebeutelten Menschen festen Halt in einer schweren Zeit und müssen sich alsbald bewähren, denn auf Wiebke und ihre Familie kommen böse Schicksalsschläge zu, mit denen wirklich niemand gerechnet hat.


    Die Handlung des Buches ist sehr geradlinig erzählt, in einem ruhigen und unaufgeregten Stil. Da gibt es nichts Reißerisches, keine Effekthascherei und auch keine billigen Tricks, die den Leser bei Laune halten sollten, keine fiesen Cliffhanger oder allzu dramatische Auftritte - und all das hat das Buch auch gar nicht nötig. Denn die Geschichte rund um Wiebke und ihre Familie ist auch ohne all dieses Brimborium sehr eindringlich und fesselnd. Mich hat sie von der ersten Seite an in ihren Bann gezogen.


    Den Schreib- und Erzählstil der Autorin mochte ich gleich von Anfang an, sie schreibt sehr farbig und vor allem lebensnah, ohne ihren Text unnötig zu überfrachten. Ganz besonders haben mir die Figuren gefallen. Sie haben Ecken und Kanten und alle haben ihr Päckchen zu tragen, keiner ist ohne Fehl und Tadel, jeder hat mit Vorurteilen zu kämpfen.


    Da ist Wiebke mit ihren zwei kleinen Kindern, die sich so sehr um ihren im Krieg gebliebenen Mann sorgt, ihm jeden Tag Briefe schreibt, die sie dann nicht abschickt, und die allein die Hoffnung auf seine Wiederkehr aufrecht erhält. Da sind ihre Brüder - zwar keine Kinder mehr, aber noch lang keine Männer -, die sie beschützen möchte, die aber energisch hinaus in die Welt drängen und sich zu beweisen versuchen. Da ist Wiebkes Schwiegermutter, die einst so reiche und stolze Hoteliersfrau, die ihre überzogenen Ansprüche zurückschrauben und lernen muss, dass es nicht ausreicht, nur arrogant die Nase hochzutragen, um eine siebenköpfige Familie satt zu kriegen. Und da sind die Dorfbewohner, der gutmütige Onkel Emil und der wortkarge, an Körper und Seele versehrte Freerk; die Fischer von Fedderwardersiel, die amerikanischen Besatzer und noch andere mehr.


    All diese Figuren wirken so echt und lebensnah, als könnten sie jeden Moment leibhaftig um die Ecke kommen. Man begleitet sie als Leser, nimmt teil an ihrem kargen Leben, bangt und hofft und lacht mit ihnen. Die Frauen sind keine wunderhübschen Supermodels und die Männer in den Nachkriegshungerjahren sind auch keine athletischen Muskelpakete, sondern tragen verfilzte Bärte, Holzbein und löchrige Pullover, aber gerade deswegen mochte ich sie um so lieber, denn sie wirken echt und authentisch. Auch der Charakter und die Wesensart dieser wortkargen, aber stolzen und herzensguten Küstenfischer wurde glaubwürdig dargestellt.


    In die Geschehnisse eingebettet ist auch eine kleine zarte Liebesgeschichte. Auch die fand ich schön und glaubwürdig in ihrer Schlichtheit. Es ist beileibe keine von der Sorte "Paar trifft sich, verliebt sich himmelhochjauchzend und verbringt die ersten Wochen mit heißem Sex, um sich dann glückstrahlend das Jawort zugeben". Es gibt nichts Übertriebenes, nichts Schnulziges, es ist eher eine vorsichtige Annäherung. Ich fand sie den handelnden Personen, die viel Schreckliches und viel Leid erlebt haben und im Krieg auch vieles verloren haben, wunderbar angemessen.


    Darüber hinaus fand ich das Buch auch sehr informativ. Der Leser erfährt einiges über das Leben während der Nachkriegsjahre an der norddeutschen Küste, und besonders auch über Helgoland, seine Geschichte und seine Bewohner. Ich wusste bis dahin weder, was ein Felswatt ist, noch dass der rote Stein der Insel durchlöchert wie ein Schweizer Käse und von endlosen Tunneln durchzogen ist, auch war mir nicht bekannt, dass die englischen Besatzer Helgoland eigentlich restlos zerstören und von der Landkarte tilgen wollten. Das Buch hat mich neugierig gemacht und dazu gebracht, einiges über die interessante Geschichte dieser Insel nachzulesen.



    Fazit:

    Eine wunderbar ruhige und doch fesselnde Geschichte mit tollen und glaubwürdigen Figuren, die ich gerne gelesen habe.