Werden die Verlage immer nachlässiger, was das Korrekturlesen betrifft?

  • Zitat

    Original von Mariangela
    ...
    Liest du Geschichten Wort für Wort, Satz für Satz, mit Denkpausen alle paar Sätze, ob das auch richtig geschrieben ist, oder fliegst du durch die Seiten, gebannt von dem Geschehen in der Geschichte?


    Bei einem qualitativ sehr guten Text gehe ich aufgrund des guten Stils oder der stimmungsvollen Beschreibungen oft ein paar Sätze zurück, um sie mit Genuss noch eimal zu lesen. Ich denke auch oft darüber nach, wie ein Autor Witz oder Ironie dosiert oder wie er/sie die Wirkung einer Figur auf mich anlegt - warum mag ich die Figur oder warum lehne ich sie ab.


    Du scheinst einen Widerspruch zwischen einer sehr guten Geschichte und sehr gutem Stil zu sehen, für mich bilden beide eine Einheit. Eine Geschichte, durch die ich nur fliege bis zum Ende, kann deshalb zwar eine gute, aber keine sehr gute Geschichte sein.

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    Original von Mariangela
    Liest du Geschichten Wort für Wort, Satz für Satz, mit Denkpausen alle paar Sätze, ob das auch richtig geschrieben ist, oder fliegst du durch die Seiten, gebannt von dem Geschehen in der Geschichte?


    Die Frage ist zwar nicht an mich gerichtet, aber bei mir ist das so:
    Ich "suche" nicht, und die Chance, etwas zu überlesen, ist an besonders spannenden Stellen gewiss größer, aber wenn beispielsweise statt eines Peters auf einmal ein Paul redet oder der Peter von einer Paula spricht, das "sie" jedoch wie in der Anrede groß schreibt, wenn in einem Vergleich wie und als verwechselt oder gar beide benutzt werden oder ein das/dass falsch auftaucht, wenn es Tri-o-logie statt Trilogie heißt oder die oben erwähnte Apostroph-Geschichte oder die Dativ-Genitiv-Angelegenheit vorkommen, stößt mir das meist ebenso auf wie wenn es heißt: "Das" Mädchen eilte über die Straße, während "sie ihren" Hund an der Leine hinter sich her zog. Ist einfach so... :schuechtern
    :wave

    “Lieblose Kritik ist ein Schwert, das scheinbar den anderen, in Wirklichkeit aber den eigenen Herrn verstümmelt.”Christian Morgenstern (1871 – 1914)

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    Original von Buchdoktor


    (...) Du scheinst einen Widerspruch zwischen einer sehr guten Geschichte und sehr gutem Stil zu sehen, für mich bilden beide eine Einheit. (...)


    Ja, selbstverständlich sind sie eine Einheit. Was für eine sonderbare Vorstellung, solange nur die Erzählung spannend genug sein, fielen die Textfehler ja gar nicht auf ... :-(

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    Original von Dieter Neumann


    Ja, selbstverständlich sind sie eine Einheit. Was für eine sonderbare Vorstellung, solange nur die Erzählung spannend genug sein, fielen die Textfehler ja gar nicht auf ... :-(


    Ist es nicht der Schreibstil, der eine Geschichten und ihren Verfasser noch viel besser macht? Nach meinem Empfinden, ist das so. Die Bücher und Autoren, die mir "direkt ins Herz geschrieben" wurden, sind die, in welchen Erzählweise und Geschichte eine untrennbare Einheit bilden. Das ist der der Grund, warum ich Bücher lese und liebe!
    Ein schlechter Stil in einer guten Geschichte, macht diese belanglos, ein guter Stil ohne gute Geschichte, kann diese nicht retten. Bei diesen fallen Rechtsschreibfehler bzw. schlechtes Lektorat einfach direkt ins Auge.


    Sollte sich der nötige Abstand zum Text, allerdings aufs Lektorat, hier vor allem die richtige Schreibweise und Grammatik beziehen, stimme ich Mariangela zu. Wenn man selbst etwas formuliert, fallen die Fehler nicht immer sofort ins Auge. Man überliest einige beim Lesen, weil man nicht sieht, dass man etwas falsch geschrieben oder sich vertippt hat. Eine "fremde" Person sieht diese Fehler einfach besser und schneller. Und das passiert bei Hausarbeiten, Schriftsätzen, etc. genauso. Deshalb kann ich ja immer nur den Kopf schütteln, wenn jemand behauptet, er brauche für sein geschriebenes Werk kein vernünftiges Lektorat.

  • Zitat

    Original von SaiyaDeshalb kann ich ja immer nur den Kopf schütteln, wenn jemand behauptet, er brauche für sein geschriebenes Werk kein vernünftiges Lektorat.


    Und genau darum geht es ja hier: dass JEDES veröffentlichte Buch ein professionelles Lektorat durchlaufen muss. Jeder macht Fehler, manchmal sogar in kurzen Postings, wie man an meinem vorherigen sieht ... :lache

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    Original von Mariangela
    Liest du Geschichten Wort für Wort, Satz für Satz, mit Denkpausen alle paar Sätze, ob das auch richtig geschrieben ist, oder fliegst du durch die Seiten, gebannt von dem Geschehen in der Geschichte?


    Viele Antworten, die darauf schon gegeben wurden, kann ich nur unterschreiben, v.a. den Gedanken der Einheit von tollem Inhalt und tollem Stil. Deshalb fasse ich mich jetzt kurz und unterstreiche nur noch einmal, dass auch ich "richtiges Schreiben" und "spannendes Schreiben" nicht als den Gegensatz sehe, den du hier immer wieder konstruierst.
    Nach Fehlern suche ich nicht, sondern sie fallen mir einfach von selber auf und dazu brauche ich nichtmal eine Denkpause. :lache So ist es einfach bei mir, dafür kann ich nichts und dafür brauche ich mich auch vor niemandem zu rechtfertigen, am wenigsten vor AutorInnen, die für ihre Bücher mein hart erarbeitetes Geld haben wollen. :grin


    Edit: Doch noch eine Ergänzung, um es dir @ Mariangela vielleicht noch klarer zu machen. Du scheinst zu denken (diesen Eindruck habe ich zumindest nach dem Lesen deiner Posts), dass es nur Menschen gibt, denen Fehler nicht von selbst auffallen, und dass alle Menschen stets nach Fehlern gezielt suchen müssen, um sie zu bemerken. Dem ist aber nicht so. Wenn ich ein gutes Buch lese, "fliege ich dann durch die Seiten, gebannt von dem Geschehen in der Geschichte" (Zitat Mariangela), wenn zugleich auch Rechtschreibung, Zeichensetzung, Grammatik und Stil stimmen. Wenn dies nicht der Fall ist, fliege ich vielmehr immer wieder aus der Geschichte heraus. Und wenn ich ein paarmal zu oft 'rausgeflogen bin, weil ich mich über Fehler im Buch geärgert habe, fliegt halt das Buch... an verschiedene mögliche Orte, denn dann fühle ich mich als Leserin einfach verschaukelt.

  • Zitat

    Original von Saiya
    ...
    Sollte sich der nötige Abstand zum Text, allerdings aufs Lektorat, hier vor allem die richtige Schreibweise und Grammatik beziehen, stimme ich Mariangela zu. Wenn man selbst etwas formuliert, fallen die Fehler nicht immer sofort ins Auge. Man überliest einige beim Lesen, weil man nicht sieht, dass man etwas falsch geschrieben oder sich vertippt hat. Eine "fremde" Person sieht diese Fehler einfach besser und schneller. Und das passiert bei Hausarbeiten, Schriftsätzen, etc. genauso. Deshalb kann ich ja immer nur den Kopf schütteln, wenn jemand behauptet, er brauche für sein geschriebenes Werk kein vernünftiges Lektorat.


    Ich habe schon die verschiedensten Texte für andere Korrektur gelesen. Es gibt Autoren, die ihre Texte so aus der Hand geben, wie sie ihnen gerade in den Sinn gekommen sind. Und es gibt Autoren, die sich vor der Korrektur durch einen Fremden selbst vom Korrekturprogramm Rechtschreibfehler anzeigen lassen und selbst auf die Formalien achten, z. B. den Punkt am Satzende. Es ist möglich auch ohne bezahltes Korrektorat einen sorgfältig geschriebenen Text abzuliefern.

  • Zitat

    Original von Buchdoktor
    Ich habe schon die verschiedensten Texte für andere Korrektur gelesen. Es gibt Autoren, die ihre Texte so aus der Hand geben, wie sie ihnen gerade in den Sinn gekommen sind. Und es gibt Autoren, die sich vor der Korrektur durch einen Fremden selbst vom Korrekturprogramm Rechtschreibfehler anzeigen lassen und selbst auf die Formalien achten, z. B. den Punkt am Satzende.


    Das kenne ich auch noch aus dem Studium, da habe ich sehr oft für Freundinnen oder Bekannte Hausarbeiten korrigiert. Wenn die so waren wie im zuerst beschrieben Fall, habe ich mich geweigert.


    Zitat

    Original von Buchdoktor
    Es ist möglich auch ohne bezahltes Korrektorat einen sorgfältig geschriebenen Text abzuliefern.


    JA!!! Und das ist das Mindeste, was ich von einer Person, die sich "AutorIn" nennt, erwarte. :-)

  • Zitat

    Original von Nadezhda
    ...
    Wenn ich ein gutes Buch lese, "fliege ich dann durch die Seiten, gebannt von dem Geschehen in der Geschichte" (Zitat Mariangela), wenn zugleich auch Rechtschreibung, Zeichensetzung, Grammatik und Stil stimmen. Wenn dies nicht der Fall ist, fliege ich vielmehr immer wieder aus der Geschichte heraus. Und wenn ich ein paarmal zu oft 'rausgeflogen bin, weil ich mich über Fehler im Buch geärgert habe, fliegt halt das Buch... an verschiedene mögliche Orte, denn dann fühle ich mich als Leserin einfach verschaukelt.


    :write :write
    Wenn ich gleich bei meinem ersten Flugversuch darüber stolpere, dass jemand einem leckeren Teilchen nicht "wiederstehen" kann, ist das auch nicht besonders sympathiefördernd...
    Und dann lese ich in der Danksagung, dass der Autor sich herzlich bei seinen tollen Testlesern bedankt :rofl
    Das Buch ist von Rowohlt.
    :wave

    “Lieblose Kritik ist ein Schwert, das scheinbar den anderen, in Wirklichkeit aber den eigenen Herrn verstümmelt.”Christian Morgenstern (1871 – 1914)

  • Zu meinen Kunden gehörten auch kleine Jungs, die sich mit Fan-Fiktion o. ä. an Geschichtenwettbewerben beteiligen wollten. Ich fand es höchst interessant, dass sie - anders als für ihre Hausaufgaben - sehr viel Wert auf erstklassige Recherche und perfekte Rechtschreibung legten.
    :rofl
    Ehrlich gesagt, sehe ich nicht ein, warum ein erwachsener Autor, der seine Texte einem Verlag anbieten oder selbst vermarkten will, hinter diese Mindest-Anforderungen zurücktreten sollte.

  • Buchdoktor :
    Ich habe nirgends geschrieben, dass Autoren nicht in der Lage sind, einen sorgfältig geschriebenen Text abzuliefern.
    Ich habe mich nur auf Mariangelas Aussage bezogen und warum Fremde manchmal mehr sehen. Sie werden ja auch nicht immer bezahlt.
    In Bezug auf Bücher denke ich persönlich, dass ein vernünftiges Lektorat unerlässlich ist. Ich lese allerdings auch keine BoD-Bücher o. ä.

  • Zitat

    Original von Saiya
    Buchdoktor :
    Ich habe nirgends geschrieben, dass Autoren nicht in der Lage sind, einen sorgfältig geschriebenen Text abzuliefern.
    Ich habe mich nur auf Mariangelas Aussage bezogen und warum Fremde manchmal mehr sehen. Sie werden ja auch nicht immer bezahlt.
    In Bezug auf Bücher denke ich persönlich, dass ein vernünftiges Lektorat unerlässlich ist. Ich lese allerdings auch keine BoD-Bücher o. ä.


    Verstanden.


    Mein Beitrag bezieht sich u. a. auf die Argumentation, die Kosten eines Korrektorats wären für Indie-Autoren zu teuer und deshalb dürften an ihre Texte nicht so hohe Anforderungen gestellt werden. Die Mindestanforderungen müssen nichts kosten ...

  • Zitat

    Original von Buchdoktor


    Verstanden.


    Mein Beitrag bezieht sich u. a. auf die Argumentation, die Kosten eines Korrektorats wären für Indie-Autoren zu teuer und deshalb dürften an ihre Texte nicht so hohe Anforderungen gestellt werden. Die Mindestanforderungen müssen nichts kosten ...


    Das sehe ich genauso. :-)

  • Zwischen einem Korrektorat, wie Buchdoktor es hier beschreibt, und einem professionellen Lektorat liegen Welten. Zweifellos kann man für wenig Geld (mit Glück und guten Bekannten sogar "für lau") Rechtschreibung und Grammatik - hier insbesondere die Interpunktion, die vielen Leuten heutzutage ein unergründliches Geheimnis zu sein scheint, - auf ein akzeptables Niveau bringen. Mit professionellem Lektorat hat das dann aber immer noch nichts zu tun. Das nimmt sich auch Stil und Duktus, Aufbau und Ausdruck vor, bringt neue Ideen und Vorschläge ein, um ein paar Themen zu nennen. Ganze Handlungsabläufe können durch eine(n) guten Lektor(in) verbessert werden, wie ich bei fast jedem meiner Romane dankbar erfahren darf. (Danke, Aletta! :-))


    Überspitzt ausgedrückt könnte man sagen: Korrektorat ist Basisarbeit, aber professionelles Lektorat macht das Buch für die Leser insgesamt besser - inhaltlich und erzählerisch. Und das gibt´s nur bei anständigen Verlagen, die ihre Profession ernst nehmen, oder - wenn man bei einem solchen nicht unterkommt, bei guten freien LektorInnen. Die gibt´s durchaus - allerdings nicht allzu viele. Und die kosten natürlich auch richtig Geld.

  • Zitat

    Original von Dieter Neumann
    Zwischen einem Korrektorat, wie Buchdoktor es hier beschreibt, und einem professionellen Lektorat liegen Welten. Zweifellos kann man für wenig Geld (mit Glück und guten Bekannten sogar "für lau") Rechtschreibung und Grammatik - hier insbesondere die Interpunktion, die vielen Leuten heutzutage ein unergründliches Geheimnis zu sein scheint, - auf ein akzeptables Niveau bringen. Mit professionellem Lektorat hat das dann aber immer noch nichts zu tun. Das nimmt sich auch Stil und Duktus, Aufbau und Ausdruck vor, bringt neue Ideen und Vorschläge ein, um ein paar Themen zu nennen. Ganze Handlungsabläufe können durch eine(n) guten Lektor(in) verbessert werden, wie ich bei fast jedem meiner Romane dankbar erfahren darf. (Danke, Aletta! :-))


    Überspitzt ausgedrückt könnte man sagen: Korrektorat ist Basisarbeit, aber professionelles Lektorat macht das Buch für die Leser insgesamt besser - inhaltlich und erzählerisch. Und das gibt´s nur bei anständigen Verlagen, die ihre Profession ernst nehmen, oder - wenn man bei einem solchen nicht unterkommt, bei guten freien LektorInnen. Die gibt´s durchaus - allerdings nicht allzu viele. Und die kosten natürlich auch richtig Geld.


    Ich habe in den letzten Jahren ebenfalls zunehmend bemerkt, dass manche Autoren ein Korrektorat mit einem Lektorat verwechseln. Meine Lektorin leistet ebenfalls, was du beschrieben hast. Bei meinem letzten Krimi hat sie mir z.B. einen wichtigen Gedankenanstoß für die letzten Kapitel gegeben, der zu wesentlich mehr Spannung geführt hat. Das gründliche Korrektorat war lediglich der letzte Arbeitsschritt.


    Trotzdem gehe ich die Druckfahnen dann selbst noch einmal Zeile für Zeile durch. Wie gesagt, mein Name steht auf dem Buch und ich bin am Ende verantwortlich für die Qualität des Textes. Selbst wenn ich in tagelanger Arbeit nur einen Fehler finde, bin ich zufrieden.

  • Nach dem Lesen dieser inzwischen schon recht ausführlichen und interessanten Diskussion hier ein paar verstreute Gedanken von mir.


    Ich gehöre auch zu denjenigen, die über Rechtschreibfehler und auch Ausdrucksfehler in Büchern stolpern und sich darüber ärgern. Allerdings sehe ich überall, auch in vielen Zeitungen, dass sich ein Wandel vollzieht.
    Es gehen immer mehr sprachliche Gegebenheiten verloren, die unsere Sprache ausmachen. Ich höre (Radio, Fernsehen) und lese z.B. ständig, dass selbst Journalisten Sätze mit einer Konjunktion einleiten, der zwingend im weiteren eine ganz bestimmte zweiten Konjunktion folgen müsste, doch diese kommt dann einfach nicht und während ich darauf warte, verpasse ich manchmal das, was inhaltlich gesagt/geschrieben wird.
    Ich meine damit Paar- Konjunktionen wie sowohl... als auch, weder...noch, je... desto, einerseits....andererseits, zum einen... zum anderen oder Folgen wie erstens... zweitens... drittens
    Das ist doch eigentlich nicht so schwer. Es scheint aber selbst in hochgebildetetn Kontexten immer weniger zu gelingen, solche Sprachfiguren richtig zu gebrauchen.


    Aber man soll sich ja nicht ärgern, also bemühe ich mich (tapfer), möglichst großzügig darüber hinweg zu hören und zu lesen. Schließlich ist es normal, dass sich Sprache wandelt und nur die Alten, die gerne am Gewohnten festhalten möchten, sind enttäuscht oder ärgern sich, während die Jüngeren vieles gar nicht bemerken. Es gelingt mir allerdings nicht immer, das alles entspannt zu sehen :chen
    Denn ich liebe es, Bücher zu lesen, die sich der sprachlichen vielfältigen Möglichkeiten geschickt bedienen.


    Offensichtlich gibt es in meinem Empfinden einerseits schlimme Fehler und andererseits Flüchtigkeitsfehler, die ich nicht als so störend empfinde. Oder man könnte auch sagen "dumme" und "zufällige" Fehler. Die ersteren zeigen, dass jemand eine Regel nicht kennt bzw. nicht verstanden hat oder dass er/sie diese Regel missachtet. Die anderen sind aufgrund von schnellem Schreiben oder tippen entstanden, sagen also nichts über das Können/die Intelligenz/ das sprachliche Unvermögen des Schreiberlings aus.
    Das habe ich dank der deutschen Schulbildung der 60er/70er leider stark verinnerlicht. Zu den krassen Fehlern gehören meines Empindens z.B. die solche, bei denen wider- oder wieder- als Vorsilbe verwechselt wird. Lese ich irgendwo "wiedersprechen", dann sträuben sich mir sofort die Nackenhaare.
    Aber warum ärgert mich sowas eigentlich so? Vielleicht deshalb, weil das als Kind/Jugendliche so mühselig geübt werden musste, man es immer wieder mal verwechselte und schließlich stolz ist, wenn es dann klappt? Dann ist es natürlich ein Unding, dass es Autoren gibt, die solche einfachen Regeln nicht beherrschen und trotzdem Bücher schreiben. Spätestens an diesem Punkt angelangt muss ich selbstironisch grinsen. Über was alles man sich doch ärgern kann!



    Zitat

    Original von Maikäfer:
    Wenn ich gleich bei meinem ersten Flugversuch darüber stolpere, dass jemand einem leckeren Teilchen nicht "wiederstehen" kann, ist das auch nicht besonders sympathiefördernd...
    Und dann lese ich in der Danksagung, dass der Autor sich herzlich bei seinen tollen Testlesern bedankt ROFLDas Buch ist von Rowohlt.


    So ähnlich ging es mir neulich bei einem Krimi einer anscheinend recht beliebten Reihe, die im Verlag grafit erschienen ist. Da wurde im ersten Viertel nicht nur wiedersprochen und sich wiederbegegnet etc., sondern es gab auch stilistische Merkwürdigkeiten, die nicht sofort auffielen, mir aber auf die Dauer beim Lesen zunehmend auf die Nerven gingen.
    Beispielsweise gibt es zu jeder wörtlichen Rede einen Begleitsatz, wodurch die Dialoge sehr schulmädchenhaft und sperrig wirken. Zur besonderen Würze sind auch noch ein oder mehrere Adjektiv/e in jeden, aber wirklich jeden dieser Unmengen von Begleitsätze hineingepackt.
    Beispiel: "Bla bla bla.....," sagte er nachdenklich mit brummiger Stimme.
    Zusätzlich sind in sehr vielen anderen Sätzen Adjektiveebenso inflationär eingesetzt, und das zumeist nicht einmal auf geschickte Art.
    Die Krönung aber ist, dass manche Adjektive auch noch permanent wiederholt werden.
    Das empfand ich als besonders peinlich. Wenn sich eine Autorin schon so sehr bemüht, ihre Sätze mithilfe von Adjektiven lebendig und farbig zu gestalten, dann sollte sie zumindest darauf achten, dass es nicht zu gehäufter Wiederholung bestimmter Lieblingsadjektive kommt.


    In den Danksagungen am Schluss war zu lesen, dass es sowohl Lektorat als auch Testleser/innen gegeben hat.
    Viele Leser finden diese Krimireihe offensichtlich ganz toll, wie die Bewertungen bei amazon zeigen. Tja...


    Ich habe diesen Band der Krimireihe als Kuriosum "genossen" und tatsächlich zu Ende gelesen.


    Die wunderbare Wirkung ist, dass ich seitdem alle Romane, Krimis und Sommerschmöker mit Freude (und Erleichterung) lese, auch die, die stilistisch nicht besonders wertvoll sind, sondern einfach nur "normal" geschrieben.
    Welch eine Wohltat! :grin


    So, ich hoffe, dass ich nun in diesem Text nicht allzu viele Flüchtigkeitsfehler stehen lassen habe, das wäre mir peinlich, aber ich kann jetzt einfach nicht mehr länger am PC sitzen, ich habe Hunger :wave

  • Zitat

    Original von ginger ale
    Die Krönung aber ist, dass manche Adjektive auch noch permanent wiederholt werden.
    Das empfand ich als besonders peinlich. Wenn sich eine Autorin schon so sehr bemüht, ihre Sätze mithilfe von Adjektiven lebendig und farbig zu gestalten, dann sollte sie zumindest darauf achten, dass es nicht zu gehäufter Wiederholung bestimmter Lieblingsadjektive kommt.


    Zu einer professionellen Arbeit als Autor gehört meiner Meinung nach auch, das Manuskript in Sachen Wiederholungen durchzuarbeiten. Ich mache das bevor ich den Text zur Lektorin schicke. Dafür gibt es übrigens auch eine spezielle Software, die Papyrus Autor heißt. Und wenn einem selbst auffällt, dass man manche Wörter oft benutzt, kann man auch einmal die Suchfunktion bei Microsoft Word oder im PDF-Reader benutzen (und dabei so manche Überraschung erleben).


    Es gibt wirklich keine Entschuldigung für schludriges Arbeiten.

  • Zitat

    Original von maikaefer
    Und dann lese ich in der Danksagung, dass der Autor sich herzlich bei seinen tollen Testlesern bedankt :rofl


    Autsch. :-)
    Mir ist auch während des Urlaubs ein Roman untergekommen, der vor Fehlern nur so gestrotzt hat, und da stand tatsächlich auch noch vorne drin, wer das Korrektorat gemacht hat. Ich tät' mich ja schämen... :wow



    Edit: OT wieder gelöscht. ;-)

  • Hier ein Einblick in die Entstehung eines Buches bei einem großen Verlag, in meinem Fall Oetinger.
    Da ist das Lektorat vor allem für den Inhalt zuständig, für Stil und Ausdruck.
    Fehler in diesem Bereich sind sehr störend, gehören aber in eine Schublade,
    während Beistriche, Groß- und Kleinschreibung, was zusammen und was getrennt geschrieben werden muss, in einer zweiten Schublade stecken, die dann von einem Korrektor gefunden und ausgebessert werden.
    Und bei mir sind es vor allem die oben drei genannten Punkte, wo ich nicht ab und an stolpere beim Schreiben. Nicht über so einfache Dinge wie widersprechen/wiedersprechen.


    Sowohl das Korrektorat als auch das Lektorat gehen mehr als einmal über den Text drüber und das ist gut so.
    Diese Arbeit ist enorm ermüdend und bei nur einem Durchlauf würde nicht alles gefunden werden.


    Für diese Arbeit verdienen Lektor und Korrektor großen Respekt und zu wenig Geld.
    Wenn ich mir als freier Autor diese Dienste zukaufe, um ein gut bearbeitetes Werk zu veröffentlichen, will ich Lektor und Korrektor auch fair bezahlen können.


    Infolge dessen müsste ich als Indie mein Ebook (mindestens) für dieselben 7.99 Euro verkaufen, die Schattenthron jetzt als Verlagsbuch kostet und (mindestens) ebenso viele davon verkaufen wie es der Verlag schafft, um nicht auf den Kosten sitzen zu bleiben.


    Hand hoch, wer hier für ein Indie-Ebook 7,99 bezahlen würde / bereits bezahlt hat. Wenn ihr aufgrund der Leseprobe (das natürlich vorausgesetzt) überzeugt wärt was Stil, Ausdruck, Erzählweise, Fehlerlosigkeit betrifft.

  • Zitat

    Original von Mariangela
    ...
    Hand hoch, wer hier für ein Indie-Ebook 7,99 bezahlen würde / bereits bezahlt hat. Wenn ihr aufgrund der Leseprobe (das natürlich vorausgesetzt) überzeugt wärt was Stil, Ausdruck, Erzählweise, Fehlerlosigkeit betrifft.


    Ich finde, dass dieser Vergleich hinkt. Die Preise für Indiebücher entstehen, weil es ein riesiges Angebot und eine noch riesigere Konkurrenz unter den Indie-Autoren gibt. Nach der Longtail-Theorie, dass sich online auch absolute Nischenthemen verkaufen, könntest du den kostendeckenden Preis dann erzielen, wenn du zu einem Nischenthema schreibst, z. B. einen Text mit starkem regionalen Bezug. Wenn du ein Buch schreiben würdest, das in meinem Heimatort spielt, oder die Biografie meiner Großmutter, würde ich dafür so viel bezahlen wie im Handel auch. Aber der Absatz insgesamt wäre gering ...