Broschiert: 592 Seiten
Verlag: Heyne Verlag
Erscheinungsdatum: 12. Dezember 2016
Sprache: Deutsch
Originaltitel: The Three Body Problem Trilogy Book 1 - Sanbuqu Santi
Übersetzung: Martina Hasse
Preis: 14,99 €
Nächster Band: Der dunkle Wald
Innerer Klappentext:
China im Jahr 1967: Im ganzen Land tobt die Kulturrevolution, Millionen Menschen werden verfolgt und sterben. Die junge Astrophysikerin Ye Wenjie verliert ihre Familie und kommt an eine geheime Militärbasis namens Rotes Ufer weit im Norden Chinas. Eine große Radiowellenantenne ragt dort empor. Ye Wenjie beginnt mit der Erforschung von Himmelskörpern, findet allerdings nach und nach heraus, dass mit der Antenne auch nach intelligentem Leben im All gesucht wird. Als eine Tages ungewöhnliche Radiowellen aufgezeichnet werden, ergreift Ye Wenjie die Gelegenheit und trifft eine folgenschwere Entscheidung.
Die nahe Zukunft: Der Nanowissenschaftler und Professor Wang Miao wird zu einer von der Öffentlichkeit abgeschotteten Sitzung hochrangiger Militärs und Physiker eingeladen. Auf der ganzen Welt, so erfährt er, versucht man, eine Erklärung für eine Reihe geheimnisvoller Phänomene zu finden, die das naturwissenschaftliche Fundament des Universums erschüttern. Gleichzeitig beginnt Wang Miao Dinge zu sehen, die er sich nicht erklären kann - und die, je länger er nach Antworten sucht, nur einen Schluss zulassen: Irgendwo da draußen in den Weiten des Alls befindet sich eine außerirdische Zivilsation - beheimatet auf einem von drei Sonnen umgegebenen Planeten. Un diese Zivilisation hat nun Kontakt zur Menschheit aufgenommen. Ein Ereignis, das nicht nur Wang Miaos Leben, sondern den Lauf der Geschichte auf existenzielle Weise verändern wird.
Über den Autor:
Cixin Liu ist einer der erfolgreichsten und produktivsten chinesischen Science-Fiction-Autoren. Er hat lange Zeit als Ingenieur in einem Kraftwerk gearbeitet, bevor er sich ganz seiner Schriftstellerkarriere widmete. Seine Romane und Erzählungen wurden bereits mehrfach prämiert. Cixin Lius erfolgreichster Roman "Die drei Sonnen" wurde mit dem Galaxy-Award, dem bedeutensten Genre-Literaturpreis Chinas und 2015 al erster chinesischer Roman überhaupt mit dem Hugo-Award ausgezeichnet und wird international als Meilenstein der Science-Fiction gefeiert.
Meine Meinung:
Dem Roman ist ein Verzeichnis der wichtigsten, handelnden Personen vorangestellt. Trotzdem hat es sich für mich als schwierig herausgestellt, die ungewohnten Namen und damit die Protagonisten auseinanderzuhalten, was das Verständnis der Ereignisse für mich in weiten Teilen des Buches sehr erschwert hat. Zusätzlich sind chinesische Geschichte, Mentalität und Lebensauffassung dem normal gebildeten Europäer eher weniger bekannt bzw. nicht vertraut, was zu weiteren bedauerlichen Lücken zwischen Erzählung und Verständis führt.
Die drei Sonnen ist der Auftaktband einer Trilogie, die das Aufeinandertreffen der Menschheit mit den Bewohnern von Trisolaris (Planet mit den drei Sonnen) beschreibt. Die Anfänge gehen auf die Kulturrevolution zurück, in der viele schreckliche und traurige Ereignisse erzählt werden und die den Grund dafür liefern, warum die Astrophysikerin Ye Wenjie den folgenschweren Verrat an ihrer menschlichen Rasse begeht. So interessant dieser äußerst ausführliche Blick in die Vergangenheit war, hat er für mich die Lektüre sehr schwierig gemacht, weil lange nicht erkennbar war, auf was der Autor damit abzielt. Viele Ereignisse, mal in der Vergangenheit, mal in der Gegenwart, sowie viele Personen hatten auf mich einen sehr verwirrenden Effekt und haben mich ehrlich gesagt auch ziemlich gelangweilt, weil es dem Autor nicht gelingt, dass man zu den Hauptpersonen Ye Wenjie und Wang Miao eine emotionale Verbindung knüpfen kann. Zwischen dem ganzen Ballast waren allerdings immer wieder auch für die Handlung wichtige Dinge versteckt. In meinen Augen hätte eine gewisse Straffung der Geschichte sehr viel zu ihrer Lesequalität beigetragen, denn wenn man zwangsläufig mit seiner Konzentration abschweift, bleiben manch wichtige Hinweise und Verbindungen vom Leser unbemerkt.
Vermutlich sollte die Art und Weise der zusammenhanglosen Erzählung der wichtigen Begebenheiten und der vielen belanglosen Einzelheiten zum einen Spannung erzeugen, damit nicht gleich zu Beginn zu viel verraten wird und zum anderen einen lebendigen Hintergrund für die wichtigen Ereignisse bilden, aber auf mich hinterlies das über lange Strecken des Buches einen sehr negativen Eindruck und ich musste mich zum Weiterlesen zwingen. Cixin Liu schneidet auch philosophische Fragen an, z.B. wie sich die Gewissheit der Anwesenheit einer außerirdischen Intelligenz auf die menschliche Gesellschaft auswirkt, bevor es noch zur ersten Kontaktaufnahme kommt und was für Interessensgruppierungen sich in der Konsequenz daraus entwickeln können. Das waren die interessanteren Teile des Buches. Sehr geschickt hat der Autor dem Leser die fremdartige Welt mit den drei Sonnen nahe gebracht, deren Bewohner unter den extremsten Lebensbedingungen zu leiden haben und die ihre Existenz durch Dehydration sichern, um lange Hitze- bzw. Kälteperioden zu überdauern. Das Computerspiel Three Body macht den Leser mit dieser Welt vertraut, aber mir ist bis jetzt nicht klar, auf welche Weise die Außerirdischen den Menschen dieses Programm untergejubelt haben. Anfangs war nicht einmal klar, dass diese Welt auch außerhalb des virtuellen Raums existiert und dass deren Bewohner nach Zielen suchen, wofür sie ihren unwirtlichen Planeten verlassen können.
Der umfassende Anhang des Buches beinhaltet das 13seitige sehr interessante Nachwort des Autors, in dem er auf einige Erlebnisse in der Vergangenheit eingeht, und wie diese ihn geprägt haben , Erläuterungen zur Schreibweise und Aussprache (in denen vermutlich die Übersetzerin Martina Hasse versucht, die Besonderheiten der chinesischen Sprache und Schrift zu erklären) und umfassende Anmerkungen. Eigens für die westliche Ausgabe des Romans hat der Autor auf 29 Seiten über 100 Anmerkungen angefügt, die Erklärungen zu geschichtlichen Ereignissen, Örtlichkeiten und Begebenheiten in China, sowie zu physikalischen Gesetzen und wichtigen Physikern und ihren Theorien beinhalten. Leider hat das alles die Lektüre von drei Sonnen nicht erleichert.
Mich überrascht es sehr, dass dieser Roman so erfolgreich ist. Unabhängig vom fremdartigen kulturellen Hintergrund schätze ich Allgemeinbildung der Masse der Chinesen eigentlich nicht so hoch ein, dass denen die physikalischen Gesetze und Wirkungsweisen so viel einleuchtender erscheinen, als dem Durchschnittseuropäer. Auch in Science-Fiction-Romanen wie etwa "Sternenspiel" von Sergei Lukyanenko oder "Herr aller Dinge" von Andreas Eschbach kommen komplexe physikalische Themen zur Sprache und trotzdem habe ich mich von diesen Autoren nicht so "abgehängt" gefühlt, wie in "Die drei Sonnen". Das mag zum Teil vielleicht an der Übersetzung liegen, aber sicher auch an der Erzählweise von Cixin Liu, die mir sehr bruchstückhaft erscheint. Erst auf den letzten rund einhundert der 534 Seiten hat sich mir langsam ein vages Bild vom dem erschlossen, was der Autor erzählen wollte.
Trotz meiner Vewirrung und meines Unverständnisses übt "Die drei Sonnen" trotzdem eine gewisse Faszination aus und ich empfehle das Buch guten Gewissens Lesern, die schon Erfahrung mit chinesischer Kultur/Lektüre/Sprache und fundiertes physikalisches Hintergrundwissen haben.