Schreibwettbewerb April - Thema: "Losgelöst"

  • Ab dem 01. April bis zum 21. April könnt ihr hier eure Beiträge zum 'Schreibwettbewerb für registrierte Mitglieder' reinsetzen. Den Ablauf könnt ihr hier noch einmal nachlesen:


    Das von Alex vorgeschlagene Thema lautet:


    "Losgelöst" 


    Wir wünschen euch viel Spaß und viel Erfolg!



    Diesen Thread bitten wir nur und ausschließlich zum schreiben Eurer Beiträge zum Wettbewerb zu nutzen und die Beiträge hier NICHT zu kommentieren! 

  • Vier Sekunden


    Weisses Licht. Ihre Mutter nimmt sie gerade ganz sanft in den Arm. Ihr Vater ist auch da, liebevoll und stolz blickt er auf sie herab. Fotos werden geschossen. Blitzlicht. Ihr Lieblings-Teddy ist verlorengegangen. Sie sucht die ganze Wohnung nach ihm ab und findet ihn dann unter ihrem Bettchen wieder. Teddy wird fotografiert. Blitzlicht. Sie steht mit einer übergrossen Schultasche auf dem Rücken im Schulhof, eine grosse blaue Schultüte in der Hand. Es werden Fotos geschossen. Blitzlicht. Im Kino nimmt ein Junge aus der Parallelklasse schüchtern ihre Hand. Dunkel. Sommergewitter. Es regnet und sie ist durchnässt. Das Herz klopft ihr bis zum Hals, als sie in einem Hauseingang umarmt und zum ersten Mal in ihrem Leben richtig geküsst wird. Blitzlicht. Fotos werden geschossen. Ihr Name wird vorgelesen. Sie steht auf und geht nach vorne. Sie bekommt aus der Hand des grauhaarigen Rektors ihr Abschlusszeugnis. Sie lässt die grosse, schwere hölzerne Doppeltür der Schule ein letztes Mal hinter sich zufallen. Winter. Es schneit, Alles ist weiss, auch ihre Schlittschuhe. Mitten auf dem zugefrorenen See wird ihr ein Heiratsantrag gemacht. Das Eis knackt. Blitzlicht. Es werden Fotos geschossen. Das glasklare Wasser umspielt ihren braungebrannten Körper. Ein leichter Wind bewegt die Palmen am Strand hinter ihr. Sie sieht einen Delphin. Sonnenlicht. Ihr letzter Arbeitstag. Ein riesiger Blumenstrauss verdeckt ihre feuchten Augen. Die Kolleginnen verabschieden sie mit herzlichen Worten. Fotos werden geschossen. Blitzlicht. Sie schreit und wird festgehalten. Die Hebamme ist ganz in weiss gekleidet. Draussen strahlt die Sonne, im Kreissaal strahlt ihr Gesicht. Ihr Mann macht Fotos. Blitzlicht. Silvester. Sie tanzt, sie lacht und sie trinkt. Fernlicht. Schweinwerfer im Dunkeln. Ein Reh mitten auf der Strasse, überall Bäume. Blackout. Sie müssen sie aus dem Auto schneiden, es werden Fotos geschossen. Blitzlicht. Sie steht am Grab ihrer Familie. Ihr Mann wurde vierunddreissig, ihre Tochter drei. Angetrunken hat sie beide in den Tod gefahren. Blitzlicht. Fotos werden geschossen. Die Bank lässt das Haus schätzen, sie muss es verkaufen. Sie findet keine Arbeit und wohnt jetzt in einem Wohnsilo mitten in der Stadt. Dunkelheit. Es ist eine klare Nacht, doch die Lichter der Stadt unter ihr machen die Sterne fast unsichtbar. So unsichtbar, wie sie sich fühlt. Verblasst, losgelöst. Hier gibt es Nichts mehr. Es heisst, am Ende sieht man noch einmal sein ganzes Leben vor sich ablaufen - nach einem Sprung vom Dach eines Hochhauses bleiben dafür noch vier Sekunden. Sie sieht weisses Licht.






    Danke für's Lesen.


    Gruss,


    Doc

  • ER


    Er hatte die Nase voll, gestrichen voll. Gestern war es wieder einmal soweit gewesen.


    Müde und hungrig kam er vom Meeting nach Hause. Schmidt hatte - wie üblich – nur Schwachfug abgelassen und der Chef fiel - wie immer - drauf rein. Er hätte kotzen können. Seine Superideen wurden - wie üblich - wieder mal als unausgegorene Spinnereien abgetan.


    Auf diesen Scheißtag hatte er natürlich erst ein paar Bierchen auf dem Heimweg gebraucht.


    Daheim sah es wieder aus wie im Saustall und Essen hatte sie ihm auch keines gemacht. Wer war er, daß er sich von jedem so mies behandeln lassen mußte? War er denn ihr Fußabtreter? Dann überhäufte sie ihn auch noch mit Vorwürfen... jetzt reichte es aber. Jetzt würde er ihr aber mal zeigen, wer hier der Herr im Hause war.


    Also warf er sie aufs Bett und zeigte es ihr. Sie wehrte sich, aber das war ihm egal – ein paar gezielte Ohrfeigen und schon spurte sie. Daß man ihr immer erst alles auf die harte Tour beibringen mußte.


    Er mußte seinen Ärger ablassen, seinen Frust... das alles mußte raus – und er ließ es raus.


    Am nächsten Morgen wachte er wie üblich verkatert und mit erheblichen Erinnerungslücken auf. Sie würdigte er keines Blickes. Wie üblich duschte er, zog sich an und ging in seine Arbeit, wo ihn ein neuer frustrierender Tag erwartete...


    SIE


    Sie hatte die Nase voll, gestrichen voll. Gestern war es wieder einmal soweit gewesen.


    Vorsichtig betastete sie ihre Nase. Gebrochen war sie nicht, soweit sie das beurteilen konnte. Sie ging ins Bad und blickte sich im Spiegel an... soweit das durch die zugeschwollenen Augen möglich war. Ihre Lippe blutete noch immer leicht und die Rippen schmerzten.


    Sollte es denn immer so weitergehen? Immer, wenn er mal wieder versagt hatte, dafür büssen? Den Sündenbock spielen, nur weil er mit seinem Leben nicht klarkam? Sollte sie ihr Leben für immer zwischen Küche, Bett und Notaufnahme verbringen? Hatte sie nicht alles für ihn getan, sich selbst bis zur Selbstverleugnung aufgegeben? Und das war nun der Dank?


    In ihr arbeitete es. Dann fasste sie einen Entschluss. Genug! Sie hatte endgültig genug! Der gestrige Abend war der Tropfen gewesen, der das Fass endlich zum Überlaufen gebracht hatte.


    Langsam band sie sich die Schürze ab, machte die Türe auf und ging hinaus. Mit leeren Händen, aber endlich wieder sie selbst, ging sie mutig ihre ersten Schritte in ein neues Leben...

    Lieben Gruß,


    Batcat


    Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt (aus Arabien)

  • Nun sollte es sein. Und es kam ganz ungeplant. Eigentlich ging es nicht um mich,
    es ging um's Team; zu dem ich ja nicht gehörte... Aber einer fehlte,
    war krank. Und ich sollte einspringen !!! Mir wurde ganz anders, als sie es vorschlugen.
    Und als es dann soweit war, da zitterten mir die Knie.
    Die anderen schauten mich teils erwartungsvoll und teils belustigt an...
    Ich weiss nicht, wie ich aussah,wahrscheinlich hatte ich den Mund vor Staunen geöffnet.
    Wie ein Kind vorm Weihnachtsbaum.
    Als ich um mich sah, da konnte ich es nicht fassen , alles war weiss,
    alles war ruhig, durch den Schnee verloren sich die Konturen, alles sah weich aus.
    Ich hatte das Gefühl, selbst alles harte an mir sei geschmolzen,
    meine Probleme ohne Ecken und Kanten, nichts an dem ich mich stossen könnte.
    Ich ganz allein, die Anderen nur Beiwerk.
    Ich hörte nichts, sie waren mit sich selbst beschäftigt. Ein Vogel mal
    und auch ein Hase, aber ansonsten nichts.Nur zwischendurch unterbrach
    über mir ein Zischen die Stille. Es holte mich in die Welt zurück
    und hüllte mich warm ein. Kein schöner Ton, erschreckend das erste Mal,
    aber auch beruhigend, die Seele des Ganzen.
    Angst vor dem Feuer darf man nicht haben, man muss sich ihm ausliefern,
    um einmal frei zu sein; sein Gewicht los zu werden, Gedanken frei zu lassen...
    Ich liess sie gehen und sie kamen zurück. Leichter und lebendiger als vorher,
    aber auch gedämpfter und weniger beängstigend. Hier war ich ich.
    Alles andere unwichtig. Nur meine Wahrnehmung und mein Empfinden.
    Meine wackeligen Knie und mein aufgeregtes Herz.
    Es war, wie sich zu verlieben. Und das tat ich, glaub ich, auch.
    Nach einer knappen Stunde war alles vorbei. Und ich gehörte
    fortan dazu. Darauf verzichten wollte ich nicht mehr.
    Die Anderen standen um mich und lachten. Sie freuten sich mit mir
    und tauften mich. Mit Sekt, Feuer und Luft, wie es sich gehört
    für eine Prinzessin der Lüfte, damit sie auch in Zukunft losgelöst
    von allem irdischen im Ballon über schneebedeckte Wälder, Seen und
    Wiesen fahren kann!

  • Eine Erkenntnis


    Es kam der Tag, der unvermeidbar war. Das Land stand kurz vor einem noch nicht begonnenen, aber schon verlorenen Krieg. Ein Bündnis blieb die einzigste Hoffnung. Daher mein Treffen mit dem Erzfeind. Seit Generationen sind unsere Völker schon verfeindet. Und ich stehe vor ihm – ohne Schutz, nur mit der Hoffnung auf ein Bündnis. Er blickt auf. Plötzliches - gegenseitiges Erkennen erfasst uns. Erinnerungen an eine frühere, sehr leidenschaftliche Begegnung dringen unbändig in mein Bewusstsein. Damit gleichzeitig das Wissen: er kann nicht der Patriarch, der Erzfeind sein. Nach kurzer Zeit wurde es falsches Wissen. Er war der Patriarch. Informationen über ihn überspülen jeden klaren Gedanken, werden immer aufdringlicher, eigene Torheit wird erkannt. Immer schneller kreisende Gedanken, ein Ohnmachtgefühl überkommt mich. Der rettenden Stuhl hinter mir. Ich sinke hinein. Keinen klaren Gedanken fassen könnend wünsch ich mir nur noch eins. Losgelöst zu sein. Losgelöst von meinen Pflichten, meiner Verantwortung, der gegenwärtigen Situation, meiner Vergangenheit, meinen Gedanken, meiner Torheit. –


    Er spricht. Holt mich aus meiner Ungläubigkeit zurück. Keine Ohnmacht, die mich für kurze Zeit erlöste. Verzweiflung in meinen Worten. Er, ganz anders als ich ihn kennen lernte. Kalt. Kühl. Berechnend. Doch meine Pflicht war zu erfüllen.
    Seine Worte drängen mich immer näher zu seinem Ziel, der Kapitulation. Hilfesuchend werf ich Blicke um mich herum. Versuche, jemanden zu finden, der mir den richtigen Weg weist. Blicke bleiben unbeantwortet. Alle möglichen Wege vereinen sich zu einem Einzelnen. Kraftlos einen Ausweg zu suchen, begeb` ich mich auf den Einzelnen. Kapitulation. Meine Aufgabe - gescheitert. Den Stolz für mein Volk wenigstens gekämpft zu haben – von mir zunichte gemacht.
    Taumelnd find ich mich in Feindesstadt wieder. Nur noch ein Wunsch, losgelöst zu sein von meiner Bürde . Flehen zu meiner Göttin. Antwort: Loslösen erscheint einfach, Beschwerden allein lassen einen stark werden.
    Loslösen, ja – aber später. Gewissheit – du hast noch was zu tun, du wirst gebraucht.


    Bedrückte Rückkehr zu meinem Volk. Ihm mein Scheitern zu erklären, eine schwere Hürde. Und doch eine Tochter, die mich braucht. Mein Scheitern hat mich nicht nutzlos gemacht. Es löste mich von meiner Verantwortung dem Volk gegenüber.
    Meinem Wunsch losgelöst zu sein wurde nachgegeben, nur nicht so, wie ich es anfangs erhoffte.


    Hoffe es hat euch gefallen,
    Bye,
    Immi!

  • Himmel euch fallen Themen ein, aber gut.....:


    Die Tapete


    Da kommt man müde von der Arbeit nach Hause, will nur noch ins Bett, hat nicht mal mehr Hunger und was ist. Das Katzenviech springt einem widl vor den Füßen rum ist anhänglich, wie sonst nie. Man wird mistrauisch. beäugt erst das Katzenviech und dann langsam die ganze Wohnung. Das Katzenviech bei diesem Rundgang natürlich immer im Schlepp, maunzend und katzbuckelnd schleicht es hinter einem her. Erst ins Bad. Licht an, Schneller blick durch den Raum, Duschvorhang hängt noch, Parfums stehen in Reih und Glied und aus dem Klo hat das Katzenviech offenbar auch nichts geangelt. Also weiter. Schlafzimmer. Die Schranktüren sind zu, auf dem Spiegel ein paar verräterische Katzenviechnasenspuren. Die werden schnell mit dem Ärmel weggewischt. Immer noch schleicht das kleine schwarze Monster hinter einem her. Fast als würde es sich amüsieren und warte nur darauf, daß man die Mißetat entdeckt und es als Übeltäter entlarvt.
    Die Küche. Der Mülleimer steht noch, kein Katzenviechfutter ist durch die Küche verteilt lediglich auf dem Tsich finden sich kleine zarte Fußspürchen vom Katzenviech. Auch die werden mit dem Ärmel entfernt und das Katzenviech versteckt sich vor dem strengen Blick unter dem Weinregal.
    Langsam beginnt man sich zu fragen, war das Katzenviech vielleicht einmal artig als man weg war. Man bückt sich, nimmt das kleine Katzenviech auf den Arm und ist schon fast milde gestimmt. Da betritt man mit dem Kateznviech das Wohnzimmer.
    Ein Schrei entringt sich der Kehle, das Kateznviech entwindet sich aus den Armen. Und flieht wohl wissend was los ist unter das Sofa. Man blickt sich um, fassungslos, entsetzt, traurig und sehr müde.
    Man läßt sich auf Sofa fallen und weint. Das Kateznviech war keineswegs artig, es hat gekämpft wie ein wilder Stier, und es hat den Kampf gewonnen. Welchen Kampf, nun den Kampf gegen die Tapete. Kleine weiße Fetzchen liegen auf dem Ikeateppich verteilt. An der Wand ist nichts mehr weiß und klar und geradlinig und rein. NEIN, das Katzenviech hat wiedermal ganze Arbeit geleistet, hat ein Lochmuster in die Tapete gerissen. Hat ganze Tapetenbahnen in einem unbarmherzigen Kampf vernichtend geschlagen.
    Im Wohnzimmer hat während man abwesend war ein Krieg getobt, der mit nichts zu vergleichen war.
    Stolz trabt das Katzenviech an der Wand entlang. Schmiegt sich an ihr Werk. Maunzt und will gelobt werden für das stylische Werk. Man gibt sich alle Mühe streng zu klingen, läßt die Stimme tief aus dem Bauch kommen, holt tief luft und setzt zu einer noch nie da gewesenen Schimpfkanonade an und doch man kann nicht schimpfen, sondern lacht und nimmt das Katzenviech zum Farbe holen mit in den Keller. Man greift zum Farbeimer und streicht zum x-ten Mal das Wohnzimmer neu. Während das Katzenviech mit weißen Durex-FarbPfötchen das Laminat verschönert.


    Und die Moral von der Geschicht:
    Sollte man sich ein Katzenviech anlachen, dann sollte man sich halt von gewissen konventionellen Einrichtungsvorstellungen lösen.

  • In der Ankunftshalle


    „Da ist sie wieder.“ Old Pete, wie der Leiter der Ankunftshalle liebevoll genannt wird, nickt mit dem Kopf in Richtung der Gestalt.
    „Wen meinen Sie?“ fragt Angela, Old Pete’s neue Sekretärin. Sie folgt dem gütigen Blick ihres Vorgesetzten und sieht eine blasse Frau in schwarz, die sich auf einer Bank gegenüber des Haupteingangs niedergelassen hat. „Die Dame in schwarz?“
    „Weniger eine Dame, als viel mehr ein junges Fräulein. Kein Mädchen mehr und doch auch noch keine reife Frau. Sie hat einen kindlichen Ausdruck in ihrem Gesicht, vielleicht denke ich darum so über sie.“ Old Pete zögert. „Diese Züge muss sie schon als Kind gehabt haben. Sie sind die eines Kindes.“
    „Was ist mit ihr? Kennen Sie sie?“ Angelas Blick ist zu Old Pete zurückgewandert.
    „Sie kommt jeden Tag hier her. Immer, wenn der Betrieb losgeht. Setzt sich immer auf denselben Platz. Sie redet mit niemandem. Ihr Blick ist so… so entrückt und trüb, in sich gekehrt.“ Old Pete starrt die Frau, das junge Fräulein, weiterhin unverwandt an.
    „Sie wird wohl auf jemanden warten, nicht wahr?“
    „Sie ist nicht wie die anderen. Sie hat bis jetzt umsonst gewartet. Sie kommt allein und geht allein.“
    Das Interesse der sonst so nüchternen Angela ist geweckt: „Was, glauben Sie, ist mit ihr?“
    „Ich glaube, dass ihr jemand fehlt. Und dass sie ohne diesen Menschen hier nicht unbeschwert sein kann. Und deshalb wartet sie jeden Tag auf diesen Menschen und hofft, dass er ankommen wird.“ Seine Worte kommen ihm ohne jedes Zögern über die Lippen.
    „Ein ‚Er’? Was macht Sie da so sicher? Warum nicht ein Familienmitglied?“
    „Ich arbeite schon so lange in dieser Halle, dass es mir wie eine Unendlichkeit vorkommt. Und ich erkenne die Liebe, wenn sie vor mir sitzt.“
    Ein Zeichen ertönt.
    „Es wird Zeit. Lassen wir sie ein.“
    „Gewiss, Herr Petrus“, entgegnet Angela dienstbeflissen und händigt ihrem Chef den Schlüssel aus. Gemeinsam gehen sie zur Pforte, hinter der sich in der vergangenen Nacht und dem frühen Morgen wieder viele Menschen in einer langen Warteschlange aufgereiht haben. Petrus, genannt „Old Pete“, stellt den Neuankömmlingen immer dieselben Fragen, Angela schreibt, wie schon ihre Vorgängerin, die Antworten ins Anmeldeformular…


    Auch an diesem Tag war „Er“ nicht dabei. Nach Dienstschluss verlässt das blasse junge Fräulein in schwarz, wie schon so oft, allein die Ankunftshalle. Old Pete blickt ihr hinterher und weiß, dass er sie morgen wieder sehen wird und sie wieder auf „ihn“ warten wird.


    Ende

  • Faszination Schreiben


    Losgelöst von den Anforderungen des realen Daseins konzentriere ich mich auf die Buchstaben des Alphabets, bilde daraus Wörter, bekannte und kaum bekannte, erschaffe, wenn nötig neue.
    Die Wörter setzte ich zu Sätzen zusammen, die Sätze zu Absätzen, die Absätze zu Kapiteln, die Kapitel zu einem Buch. Ich erschaffe mir aus gut 30 Buchstaben und Zeichen meine eigenen fiktiven Welten, die andere mit mir teilen können, wenn Sie dies wollen und dafür bezahlen. Denn auch meine Welten sind nicht kostenlos, sie sind manchmal ernst, mal bedrückend, mal heiter, mal zynisch, mal belehrend, mal hilfreich. Sie fordern den Leser oft zum Widerspruch, manchmal auch zum Nachdenken oder zum Widerspruch heraus. Meine eigene Welt ist nicht farbig, nur schwarz-weiss, es sei denn ein Lektor versucht, meine Welt seinen Regeln anzupassen, dann erscheint mir die rote Korrekturfarbe oft wie eine blutende Wunde, ein Eindringen fremder Mächte in meine Welt. Immer frage ich mich dann, muss ich des schnöden Mammons wegen dies dulden, eigentlich nicht, sage ich mir dann. Doch wenn ich andere Menschen erreichen, sie an meinen Gedanken teilhaben lassen will, dann muss ich daran halten. Dies beeinträchtigt mitunter meine Lust am Schreiben, aber nur kurz. Dann lockt mich wieder der PC, die leere Fläche fordert mich heraus, der Drucker wartet begierig darauf, weisses Papier mit schwarzen Zeichen zu verzieren. Die Gedanken in meinem Kopf wollen sich über meine Finger mitteilen, nur dann fühle ich mich wohl, in meiner eigenen fiktiven Welt, die für mich oft realer ist, als die reale Welt der anderen. Ich schreibe, um gelesen zu werden, denn der Schreiber braucht den Leser, um in seiner Welt nicht einsam zu sein, er braucht das Lob und die Kritik, um besser zu werden, auch wenn ich bei mancher Kritik doch sicher bin, ich bin weit besser als sie. Die Leser sind das Salz in der Suppe des Schreibers.
    Ich schreibe, also lebe ich.