Im Lautlosen - Melanie Metzenthin

  • Titel: Im Lautlosen
    Autor: Melanie Metzenthin
    Taschenbuch: 524 Seiten / 7.99 Euro
    Verlag: Tinte & Feder (11. Juli 2017)
    Sprache: Deutsch
    ISBN-10: 1542045967
    ISBN-13: 978-1542045964


    Autorin (Amazon)
    Dr. Melanie Metzenthin wurde 1969 in Hamburg geboren, wo sie auch heute noch lebt. Als Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie hat sie einen ganz besonderen Einblick in die Psyche ihrer Patienten, zu denen sowohl Traumatisierte als auch Straftäter gehören.


    Bei der Entwicklung ihrer Romanfiguren greift sie gern auf ihre beruflichen Erfahrungen zurück.



    Inhalt (Amazon)
    Ein bewegender Roman über eine große Liebe in unruhigen Zeiten.


    Hamburg, 1926: An der noch jungen Universität der Hansestadt gehören Richard und Paula zu den begabtesten Medizinstudenten ihres Jahrgangs. Sie beide verbindet mehr als nur die Leidenschaft für den Arztberuf – sie verlieben sich unsterblich ineinander. Als nach ihrer Heirat die Zwillinge Emilia und Georg geboren werden, ist ihr Glück komplett, auch wenn der kleine Georg gehörlos ist. Doch dann ergreifen die Nationalsozialisten die Macht und das Leben der jungen Familie ändert sich von Grund auf. Richard, der inzwischen als Psychiater in der Heil- und Pflegeanstalt Langenhorn arbeitet, kann sich mit der menschenverachtenden Gesetzgebung der Nazis nicht arrangieren, von der auch sein gehörloser Sohn betroffen ist. Um seine Patienten vor der Euthanasie zu bewahren, erstellt er fortan falsche Gutachten. Damit nimmt er ein großes Wagnis auf sich, das nicht nur sein eigenes Leben, sondern auch das seiner Familie bedroht …



    Im Lautlosen


    Hamburg in den zwanziger Jahren: Richard und Paula, beide Medizinstudenten, lernen sich an der Uni kennen, heiraten, gründen eine Familie und sind ein Paar von vielen in dieser Zeit. Alles scheint perfekt zu sein, bis sie feststellen , dass eines ihrer Zwillinge gehörlos ist. Wie gehen die beiden damit um ? Gleichzeitig beginnt der Aufstieg der Nationalsozialisten. Diese schleichende Entwicklung , die das berufliche und private Umfeld der Protagonisten betrifft, verfolgt der Leser gespannt.
    Man erlebt Schicksalsschläge, die die Familie und Freunde treffen, aber auch erfreuliche Ereignisse.
    In diesen Roman steht das Geschehen in der Psychiatrie im Mittelpunkt, denn Richard arbeitet als Psychiater. Welche Entscheidungen trifft er, als der Druck immer größer wird?


    Eine Familiengeschichte mit dramatischen und ruhigen Szenen, die realistisch ohne große Effekthascherei erzählt wird. Melanie Metzenthin hat in diesen Roman viele private Erlebnisse von Zivilisten verarbeitet, sowie durch ihren beruflichen Hintergrund detaillierte Einblicke in die Psychiatrie gegeben.
    Ein Spiegelbild der Zeit zwischen den zwanziger Jahren und Ende des zweiten Weltkrieges , das man auf viele Städte und Familien übertragen könnte.
    Ein Roman, den man gerne weiter empfiehlt.


    8 Eulenpunkte


    ASIN/ISBN: 1542045967

  • Ein Roman der mich berührte und fesselte. Ich schloß die Protagonisten sogleich in mein Herz. Einerseits Richard und Paula und deren Freunde Fritz und Dorothea. Alle kommen aus der Welt der Medizin und ihre Wege trennen sich trotz der Kriegswirren nie so ganz. Harte Schicksalsschläge, bedineungslose Liebe und der Wille zu helfen und zu retten verbindet sie alle. Dafür begeben sie sich selbst in Gefahr.


    Ein ernstes Thema unserer Geschichte, das in diesem Buch gut verarbeitet wurde. Ein düsteres Kapitel - Euthanasie, die Vernichtung von lebensunwerten Leben im zweiten Weltkrieg. T4 war die zuständige Stelle in Berlin, Tiergarten Nummer 4. Von dort wurde die unfassbar grausame Ermordung von Menschen mit geistige und körperlichen Behinderungen gelenkt. Ich finde Melanie Metzenthin ist es gut gelungen das Thema in einer Geschichte zu verarbeiten und darzustellen, dass es Menschen gab die nicht nur nach Vorschrift handelten, sondern auch Menschen die trotz aller Widerstände ihre Menschlichkeit behalten wollten.

  • Meine Meinung:
    Bei diesem Roman passt einfach alles, er überzeugt auf ganzer Linie und erobert die Herzen der Leser im Sturm.
    Zuerst wirkte das Cover auf mich ein wenig kitschig und unpassend für einen Roman der in der NS-Zeit spielt, aber Melanie Metzenthin hat mich überzeugt, dass dieses Cover zu ihrem jüngsten Roman passt. Der Klappentext bietet eine sehr gute Zusammenfassung und löst bereits beim Lesen erste Gefühle aus. Der Roman steht dem Klappentext in nichts nach. Die Autorin hat ein Buch geschrieben, was berührt, nachdenklich macht, ein wenig beklemmend ist und dennoch nur so vor Liebe strahlt.
    Ein absolut atmosphärisch dichter Schmöker, der einem beim Lesen immer mehr ans Herz wächst, man zittert, leidet, bangt und hofft mit den Protagonisten. Paula und Richard sind zwei ganz, ganz tolle Figuren, ihre Kinder Emilia und Georg stehen ihnen in nichts nach. Aber auch alle anderen Figuren erobern die Herzen der Leser im Sturm, weil sie echt authentisch und lebhaft sind. Sie sind nicht fehlerlos, sie sind menschlich und wirken in ihrem Handeln und Reden überzeugend. Hier zieht die Psychologin alle Register und erschafft Figuren, die „echten“ Menschen in nichts nachstehen.
    Der Kampf der Familie gegen die Nazis im Kleinen: im Beruf, im Freundeskreis, bei der Arbeit ist so geschildert, dass man sich diese kleinen Nadelstiche von hunderten Bürgern dieser Zeit vorstellen kann. Allen war bewusst, dass offener Protest oder offene Sabotage nur ihr eigenes Todesurteil bedeuten würde, dass sie aber im „Kleinen“ immer noch Macht haben. Ein wahrlich eindrucksvolles und authentisches Portrait.
    Durch die verschiedenen Perspektiven und Handlungsorte nimmt der Roman automatisch an Fahrt auf und lässt sich wunderbar lesen. Dazu der sehr angenehme Erzählstil der Autorin. Man taucht innerhalb von wenigen Sätzen so ins Geschehen ab, dass man die Figuren am liebsten endlos lang begleiten möchte.
    Der Schwerpunkt dieses Romans ist durch die Arbeit der Autorin zu erklären und dennoch muss auch dieser Teil der NS-Vergangenheit aufgearbeitet werden und dazu trägt die Autorin mit diesem Buch bei, denn es waren nicht nur die Juden die deportiert wurden, sondern auch deutsche völlig hilflose Personen. Ein absolut großartiger, authentischer und berührender Roman, der mich noch lange begleiten wird, denn viele Bilder in diesem Roman haben mich sehr bewegt, dass ich noch lange daran zurück denken werde.
    Ich danke netgalley Deutschland für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars und Melanie Metzenthin für die überaus fesselnde und fantastische Unterhaltung, auch wenn es nicht immer „leichte“ Kost war.


    10/10 P.

  • Auch mich hat dieser Roman von der ersten bis zur letzten Seite tief in seinen Bann gezogen und wird sicher auch noch länger in meinen Gedanken nachwirken.
    Sowohl in die Epochen der Weimarer Republik, des Nationalsozialismus und dann kurz noch der Nachkriegszeit als auch in die handelnden Figuren mit ihren inneren und äußeren Konflikten konnte ich mich gut hineinversetzen. Die Handlungsverläufe fand ich spannend, das Thema ohnehin sehr berührend und verstörend (auch wenn es mir nicht neu war - ich bin mit einer "Euthanasie"-Gedenkstätte im Nachbarort aufgewachsen). Aber vor allem habe ich die Dialoge und Gedankengänge der Figuren sehr genossen. Zum Teil witzig, zum Teil mit viel Tiefgang und zum Nachdenken anregend, mit ganz viel Wärme und Menschlichkeit selbst angesichts großen Leids und schreiender Ungerechtigkeit.


    Und nicht zuletzt trifft mich ganz besonders der (zufällige) Zeitpunkt der Lektüre - das Wochenende, an dem die AfD in den Bundestag eingezogen ist. In diesem Roman bekommt man aufgeschlüsselt, wie das nationalsozialistische Gedankengut vor knapp hundert Jahren in die Gesellschaft und ins politische System eingesickert ist und da lange nicht wieder herauszubekommen war. Man kann nur hoffen und sich nach Kräften dafür einsetzen, dass die Geschichte sich in diesem Fall NICHT wiederholt.


    Ich bin Melanie Metzenthin von Herzen dankbar für dieses wunderbare Buch und vergebe 10 Eulenpunkte.

  • Ich bin auch sehr beeindruckt von dem Buch. Melanie Metzenthin schreibt eindringlich, dabei aber auch unaufgeregt. Gerade deshalb geht dieser Roman unter die Haut. Aus heutiger Sicht ist es leicht, zu verurteilen und zu bewerten. Und es erscheint ungeheuerlich und unglaublich, was da, wenn auch zum Teil verschleiert, ablaufen konnte. Unvorstellbar, wenn man selber in der Situation gewesen wäre, zwischen Schweigen und Risiko für das eigene Leben und das der Familie wählen zu müssen.


    Das Buch hat mich berührt und nachdenklich gemacht. Und der Autorin ist es gelungen, diesen schwierigen Stoff so zu verarbeiten, dass trotz allem viel Hoffnung und Positives durchschimmern konnte.


    Ein sehr lesenswertes Buch.

    Kinder lieben zunächst ihre Eltern blind, später fangen sie an, diese zu beurteilen, manchmal verzeihen sie ihnen sogar. Oscar Wilde

  • Ich habe es gestern beim Zahnarzt angefangen und bin sehr erfreut, ein gutes, günstiges ebook erwischt zu haben. Das hat man nicht immer bei den Angeboten. Wenn gleich man auch weiß, worauf die Geschichte hinausläuft, ich finde, dass es sehr viel "Zufälle" gibt, bzw. gehäufte Problem im Hinblick auf die Nazizeit, der Stil mir manchmal etwas zu einfach ist, mag man es doch nicht aus der Hand legen und liest mit Interesse, wie wieder einmal Menschen der Propaganda der Nazis zum Opfer fallen und durch die Ideologie so viele Menschen zu Tode kommen oder auf andere Art leiden müssen.

  • Stiller Widerstand


    1926 Hamburg. Paula und Richard lernen sich während ihres Medizinstudiums an der Universität kennen und verlieben sich ineinander. Obwohl Richard „nur“ der Sohn eines Tischlers ist und eigentlich nicht standesgemäß, heiraten die beiden und bekommen Zwillinge, Emilia und den gehörlosen Georg. So erlernt die Familie die Gebärdensprache, damit sie alle zwanglos miteinander kommunizieren können. Als die Nationalsozialisten die Macht in Deutschland ergreifen, ändert sich für die Familie alles. Richard, der als Psychiater arbeitet, ist absolut gegen die Nazis und deren menschenunwürdigen Ansichten, welche auch seinen gehörlosen Sohn Georg betreffen. Um so viele Menschen wie möglich vor dem Wahnsinn der Nazis zu retten, nutzt er seine Position als Arzt und stellt falsche Gutachten aus. Damit setzt er nicht nur sich selbst, sondern auch seiner Familie einer großen Gefahr aus, denn Richards Widersacher Dr. Krüger findet heraus, was Richard getan hat. Leider kostet ihn das seinen Job als Arzt und er wird zum Wehrdienst eingezogen. Doch Richard hat in seinem besten Freund Fritz einen Fürsprecher, der ihn vor der Front rettet und eine Versetzung zu ihm ins Lazarett nach Tripolis ermöglicht. Richard ist jetzt erst einmal aus der Schusslinie, doch Paula ist immer noch mit den Kindern in Hamburg und versucht, sich und die Kinder vor den Bomben zu schützen. Während all dem Kriegsgeschehen wird Georg schwer krank und wird ausgerechnet in das Krankenhaus eingeliefert, wo Dr. Krüger als Handlanger der Nazis das Zepter führt…


    Melanie Metzenthin hat mit ihrem Buch „Im Lautlosen“ einen sehr berührenden und spannenden Roman vor der schrecklichen Kulisse Nazideutschlands vorgelegt. Der Schreibstil ist flüssig und ohne Schnörkel, mitreißend und fesselnd. In wechselnden Perspektiven erfährt der Leser mal aus der Sicht von Richard, mal aus der von Paula um die jeweilige Situation und die Geschehnisse und wird eingeweiht in ihr Denken und ihre Gefühle. Die damalige Zeit wird auf unheimliche Weise zum Leben erweckt und lässt einen erschauern ob dieser Unmenschlichkeit und Grausamkeit, ob diesem wirren Gedankengut, dass damals von den Nazis verbreitet wurde. Der Spannungsbogen zieht sich wie ein roter Faden durch das ganze Buch und ständig ist der Leser auf der Hut vor der lauernden Gefahr, die unterschwellig immer spürbar ist und an den Nerven zerrt. Die Autorin hat sehr gut recherchiert und ihre Handlung mit einem glaubhaften historischen Hintergrund versehen, der dem Leser die Möglichkeit gibt, einen Blick in die verstörende Vergangenheit zu gewähren. Über einen Zeitraum von 20 Jahren erlebt man die Kriegswirren und Grausamkeiten mit und wird auch ein Teil der Familie von Richard und Paula.


    Die Charaktere sind sowohl lebendig als auch sehr realistisch gestaltet und liebevoll ausgearbeitet worden. Sie wirken sehr authentisch und einige von ihnen möchte man am liebsten persönlich kennenlernen. Richard ist ein sehr sympathischer Charakter, er ist ehrlich und seinen Prinzipien treu. Dafür nimmt er jede Gefahr in Kauf, solange er anderen Menschen helfen und sie retten kann. Paula ist ebenfalls sehr liebenswert, sie versucht, neben ihrer Familie auch andere zu schützen und setzt dafür viel aufs Spiel. Fritz ist ein offener und fröhlicher Mensch, der immer Optimismus versprüht und jede Minute des Lebens auskostet. Dabei ist er ein guter Freund und immer hilfsbereit. Der kleine Georg ist auch ein toller Protagonist. Obwohl gehörlos, wirkt er lebensfroh und lässt das Herz des Lesers höher schlagen, wenn er auf der Bildfläche erscheint.


    „Im Lautlosen“ ist ein sehr berührender und überzeugender Roman mit einer einzigartigen Familiengeschichte vor historischem Hintergrund, der nachdenklich macht und das Herz des Lesers anrührt. Absolute Leseempfehlung für eine fesselnde Handlung, die sehr gut umgesetzt wurde!

    "Bleibe Du selbst, die anderen sind schon vergeben"(Oscar Wilde) :)

    "Bücher sind wie Drogen, nur ohne die Gefahr einer Überdosierung" (Karl Lagerfeld)

  • Ich habe gestern bei FB gelesen, daß es mittlerweile Band 3 gibt und ich hatte noch nicht mal Band 1 gelesen. Also habe ich damit begonnen und konnte nicht eher aufhören, bis ich soeben die letzte Seite gelesen hatte.


    Für mich ein bewegendes und berührendes Buch. Die Figuren, die Geschichte und vor allem die Atmosphäre wurden für mich realistisch beschrieben, teilweise stand mir die Gänsehaut auf so gruselig waren die Anfeindungen. Man hat zwar schon viel gehört und gelesen über diese Themen, aber trotzdem macht es immer wieder betroffen und man kann es nicht glauben.


    Ich bin noch so geflasht, so daß ich morgen mit dem nächsten Band gleich weitermachen werde.

  • Als Richard und Paula sich an der Universität Hamburg während ihres Medizinstudiums kennenlernen ist die Welt noch in Ordnung. Die beiden heiraten und starten glücklich in ihr gemeinsames Leben. Doch als die Nazis 1933 an die Macht kommen und sich herausstellt, dass ihr Sohn Georg taub geboren wurde wird das Leben für die Familie immer schwieriger. Dazu kommt, dass Richard im Zuge seiner Arbeit Gutachten über Behinderte schreiben soll und er herausfindet, dass diese Gutachten über Leben und Tod entscheiden.


    Wir begleiten die Hellmers über knapp 20 Jahre, mit dem Schwerpunkt auf die Zeit im Nationalsozialismus. Weder Paula und Richard noch ihre Familien und Freunde können etwas mit der Ideologie anfangen und arbeiten im Geheimen und im Rahmen ihrer Möglichkeiten daran, unschuldigen Menschen das Leben zu retten. Das wird Richard fasst zum Verhängnis und ohne seinen Freund Fritz Ellerweg wäre er wohl deutlich schlechter durch den Krieg gekommen.


    Mir hat das Buch wieder wahnsinnig gut gefallen. Die Geschichte ist einfach rund, die Familie und Freunde toll gezeichnet. Niemand ist perfekt und doch helfen alle zusammen. Ich habe sie alle sehr gerne begleitet und habe mitgelitten, als es immer wieder Rückschläge gibt. Ich fand es toll beschrieben, wie sehr diejenigen, die im kleinen Widerstand geleistet haben am Ende des Krieges dann auch noch von den Besatzern nicht ernst genommen wurden, weil sich ehemalige Täter auch als Unschuldsengel darstellten und damit auch die in Verruf brachten, die sich wirklich nicht beteiligt und gewehrt hatten. Richard und Fritz haben dabei aber das Glück, bereits vor und im Krieg Kontakte zu englischen Offizieren geknüpft zu haben, die ihnen am Ende geglaubt haben und es geschafft haben den einzelnen Menschen und nicht das Volk zu sehen.


    Ich kann das Buch nur empfehlen zusammen mit dem zweiten Band „Die Stimmlosen“, der dann die unmittelbare Nachkriegszeit der Protagonisten schildert.


    10 von 10 Punkte