Die Anwendung meiner Regel „Begeistere mich innerhalb von 10 Seiten, oder ich lege dich zur Seite!“ war hier recht schwierig anzuwenden. Die Story kommt nur langsam in Gang und Autor J. Patrick Black nimmt sich sehr viel Zeit die Protagonisten und das Umfeld vorzustellen. Auch war die Sicht der Geschichte aus sieben verschiedenen Augenpaaren ein wenig ungewohnt für mich. Black versteht es jedoch recht gut dieses Kuddelmuddel an Sichtweisen gut zu einem Strang zusammen zu fügen und die verschiedenen Interpretationen der Story nicht zu gleich erscheinen zu lassen.
Diese Anwendung der Ich-Sicht bringt den großen Vorteil mit sich das der Autor nicht zu viel den erklärenden Zeigefinger heben muss, sondern das er mit einem „Hey, das habe ich (XYZ) so erlebt und gerade eben so durchmachen müssen!“ davonkommt. Dies ist dem Fluss der Story an sich zuträglicher als zu ausufernde „Erzähler“-Anteile aus der Sicht des allwissenden Lesers.
Ich konnte mich während des Lesens nicht vom Eindruck lösen, das J. Patrick Black hier seine Vorliebe für „Die Tribute von Panem“ und „Star Wars“ ausleben musste. Auch hat seinen „Enders Spiel“ gelesen und verinnerlicht. So findet dann der dystopiegeschulte Leser eine Menge Dinge, welche ihm aus anderen Geschichte durchaus bekannt vorkommen dürften. Ein Umstand den man sicher bei vielen anderen Dystopien der Neuzeit berücksichtigen und teilweise übersehen sollte, denn das Genre an sich ist nicht wirklich dazu gedacht das Rad neu zu erfinden. Es kommt also bei zukünftigen werken eher auf die Mischung statt auf die Innovation an – zumindest sehe ich das subjektiv so.
So lässt sich „Die neunte Stadt“ auch in keiner von uns Deutschen so geliebte Genreschublade pressen. Alles läuft zwischen Fantasy und Science-Fiction hin und her Schlittschuh und auch die Eingrenzung des „Für Leser im Alter von…“ lässt sich nicht wirklich bestimmen. Mal richtet sich der Stil eher an jugendliche Leser welche sich nach dem Ende von Panem eine neue Heimat wünschen, manchmal ist alles recht erwachsen geraten. Eine Sache ist für mich jedoch fix: Es ist eine Dystopie im wahrsten Sinne der Genrebeschreibung…
Wikipedia dazu: „Eine Dystopie (zu griechisch dys- = schlecht und tópos = Platz, Stelle; englisch dystopia), auch Antiutopie genannt, ist ein Gegenbild zur positiven Utopie, der Eutopie, und ist in der Literaturwissenschaft eine fiktionale, in der Zukunft spielende Erzählung mit negativem Ausgang.
Sie entwirft ein zukunftspessimistisches Szenario von einer Gesellschaft, die sich zum Negativen entwickelt, und stellt somit einen Gegenentwurf zu Thomas Morus’ Utopia dar. Häufig wollen die Autoren dystopischer Geschichten mit Hilfe eines pessimistischen Zukunftsbildes auf bedenkliche Entwicklungen der Gegenwart aufmerksam machen und vor deren Folgen warnen.“
Wer sich nun also nicht mit einer Geschichte anfreunden kann, welche sich weder zu Fisch noch Fleisch bekennt, der sollte die Finger von diesem Buch lassen.
Wer sich jedoch gerne von einer neuen Welt und deren Spielplätze sowie Protagonisten das Hirn aktivieren lassen möchte, der sollte sich die 792 Seiten des Buches zu Gemüte führen. Neue Ansätze sind vorhanden und es wird sicher interessant sein, zu beobachten wie die Geschichte weitergeht.
Das „Die neunte Stadt“ eine Fortsetzung erleben wird ist für mich ein Fakt. Ich gehe einfach davon aus, dass dem so sein wird, denn die Story an sich gibt noch eine Menge an bisher nicht wirklich ausgearbeiteten Elementen her und irgendwo habe ich gelesen das dies der Auftakt für eine Trilogie sein soll.
Dystopia in nicht neuem Gewand, aber generationenübergreifend lesbar!