Kurzbeschreibung (Quelle: Verlagsseite)
Das Leben an der Seite eines Räuberhauptmanns:
dramatisch, romantisch und hochgefährlich
Um 1800: Die achtzehnjährige Juliana zieht mit ihrem Vater und ihren Schwestern durch den Hunsrück. Eines Tages lernt sie den berühmtesten Räuberhauptmann der Gegend kennen. Der "Schinderhannes" umwirbt sie, liebt sie, nennt sie seine kleine Prinzessin und ist ihr sogar fast treu. Fortan streift sie mit ihm durch die Lande, bald heiraten sie. Doch kann das Glück an der Seite eines Räubers lange währen?
Autorin (Quelle: Verlagsseite)
Astrid Fritz studierte Germanistik und Romanistik in München, Avignon und Freiburg. Als Fachredakteurin arbeitete sie anschließend in Darmstadt und Freiburg und verbrachte mit ihrer Familie drei Jahre in Santiago de Chile. Zu ihren großen Erfolgen zählen "Die Hexe von Freiburg", "Die Tochter der Hexe" und "Die Vagabundin". Astrid Fritz lebt in der Nähe von Stuttgart.
Allgemeines
Erschienen am 21.07.2017 bei Wunderlich als HC mit 495 Seiten
Gliederung: Prolog (1844) – 51 Kapitel – Nachwort der Autorin – Umfangreiches Glossar des Rotwelsch
Erzählung in der dritten Person aus wechselnden Perspektiven
Handlungsorte und -zeit: Verschiedene Orte im Hunsrück, 1800 – 1803, 1844
Inhalt
Der Roman „Die Räuberbraut“ schildert das Leben der Juliana Blasius (1781 -1851) an der Seite des berüchtigten Räubers Johannes Bückler (ca.1779 – 1803), genannt „Schinderhannes“, dessen letzte Lebensgefährtin sie war. Als Tochter eines Tagelöhners und Musikanten geboren, zieht „Julchen“ mit ihrem Vater Hannikel und ihrer Schwester Margret durch die Dörfer des Hunsrücks, um bei Festlichkeiten aufzuspielen. Bei einem solchen Auftritt lernt sie im Jahr 1800 den Schinderhannes kennen, der trotz seiner Bekanntheit als Anführer einer berüchtigten Räuberbande weitgehend unerkannt durch das Land ziehen kann. Juliana und Margret, die das kärgliche Leben in ihrer zerstrittenen Familie leid sind, schließen sich der Räuberbande an, ohne allerdings an deren Straftaten direkt teilzuhaben. Juliana, die schon bald die „Frau vor Gott“, wenn auch nicht „von Amts wegen“ des Schinderhannes wird, zieht trotz des strapaziösen und unsteten Lebens klaglos mit ihm durch den Hunsrück und verlässt ihn auch nicht, als sich das Netz der Gendarmen in den französisch besetzten Teilen des Landes immer enger zusammenzieht. Doch nicht nur die Gendarmerie ist zu fürchten, auch der Rückhalt des einfachen Volkes für die Räuber wird schwächer, seitdem die Bande sich nicht auf Straßenraube und Schutzgelderpressung von reichen Juden beschränkt, sondern zusätzlich Einbrüche begeht, bei denen immer brutaler vorgegangen wird. Die zunehmende Gewalt- und Risikobereitschaft führt auch zu Differenzen und Machtkämpfen unter den Räubern, die Gefahr, verraten und verhaftet zu werden, steigt rapide an…
Beurteilung
Der Roman stützt sich stark auf die historischen Quellen, die im Falle des Schinderhannes und des großen Schauprozesses in Mainz gegen ihn und seine Bande reichhaltig, im Falle der Juliana Blasius jedoch spärlicher sind. Hier ergänzt die Autorin die Lücken durch ihre eigene Interpretation von Julchens Charakter und Motiven. Die Charakterdarstellung ist sehr gelungen: Sowohl Julchen als auch der Schinderhannes werden sehr glaubwürdig und mit ihren Stärken und Schwächen ausgewogen präsentiert, wobei der Leser den Schinderhannes durch die Augen seiner Lebensgefährtin in einem gewissen Maße idealisiert betrachtet.
Dieser ist ein zärtlicher Partner und auch ein liebender Vater, durch den liebenswürdigen Umgang im familiären Bereich fällt es Julchen leicht, die dunklen Seiten ihres geliebten Hannes zu verdrängen und sich in Bezug auf seine „beruflichen“ Tätigkeiten selbst etwas vorzumachen. Erst in eingeschobenen Kapiteln, die im Jahr 1844 spielen, legt sie im Rückblick ihre Scheuklappen ab und kann die damaligen Ereignisse auch aus der Sicht der Opfer betrachten.
Das unstete und unsichere Leben der Räuberbanden an der Wende vom 18. zum 19.Jahrhundert wird eindrucksvoll geschildert. Die Arbeit der strafverfolgenden Behörden ist zwar in den Zeiten vor der Fotografie und der Nutzung von Fingerabdrücken zur Beweissicherung nicht einfach, zumal es seinerzeit nicht schwierig ist, sich falsche Pässe ausstellen zu lassen. Andererseits arbeiten aber gerade die Franzosen in den napoleonisch besetzten Gebieten intensiv an einer effektiven Verwaltung und der Einsetzung einer schlagkräftigen Gendarmerie. Die Landbevölkerung, die größtenteils antisemitisch eingestellt ist und gegen die Beraubung reicher Juden nicht viel einzuwenden hat, ändert ihre Einstellung, als auch sie damit rechnen muss, brutal überfallen oder das Opfer von Schutzgelderpressung zu werden. Somit haben die Räuber auch den Verrat durch einfache Bürger oder unzufriedene “Kollegen“ zu fürchten.
Außer einem informativen Nachwort der Autorin ergänzt auch ein sehr umfangreiches Glossar der unter den Räubern gesprochenen Gaunersprache Rotwelsch den Roman, was sehr hilfreich ist. Leider fehlt eine Landkarte des Hunsrücks, ohne die es für Ortsunkundige schwierig ist, den Wegen der äußerst mobilen Räuberbande zu folgen.
Fazit
Ein anschaulich und flüssig unterhaltender Roman für Leser, die sich für das Räuberunwesen des 18./19. Jahrhunderts – speziell für den Schinderhannes – interessieren. Sehr lesenswert!
9 Punkte