Taschenbuch: 688 Seiten
Verlag: Ullstein Taschenbuch
erschienen am 14. Juli 2017
zum Autor:
Oliver Pötzsch, Jahrgang 1970, war jahrelang Filmautor beim Bayerischen Rundfunk und lebt heute als Autor in München. Seine historischen Romane um den Schongauer Henker Jakob Kuisl haben ihn weit über die Grenzen Deutschlands bekannt gemacht. (Quelle: Ullstein-Verlag)
zum Inhalt:
1672 findet in München das Treffen der zwölf besten Henker Bayerns statt. Endlich hat auch Jakob Kuisl eine Einladung erhalten. Es wurmt den Schongauer Henker schon lange, dass zwar sein jüngerer Bruder im Rat der Zwölf beiwohnt, er jedoch nicht. Mit der ganzen Familie reist er in die Landeshauptstadt, in der auch der Kurfürst seinen Sitz hat. Kaum sind die Kuisls angekommen, wird auch schon die erste Leiche entdeckt. Jakob kann zum siebten Mal seinen Scharfsinn beweisen und den wohl schon seit zwanzig Jahren unentdeckten Serienmörder entlarven. Es muss wohl nicht extra erwähnt werden, dass nach und nach die ganze Familie eingebunden wird und es wieder brenzlige Situationen zu bestehen gibt?
meine Meinung:
Oliver Pötzsch lässt die Henkersfamilie nun schon zum siebten Mal ermitteln. Natürlich passieren nicht im beschaulichen Schongau immerzu Morde, sondern der reiselustige Henker begibt sich wieder einmal in eine andere Stadt. Diesen Fall löst er in München. 1672 sind die Auen noch das Viertel für die Armen, wo sich Gestalten tummeln, die nicht von der Stadtwache erkannt werden wollen. Auch die Unehrlichen wie Gaukler, Musikanten oder eben Henker haben hier ihre Unterkünfte. So findet sich direkt vor Jakob Kuisls Nase die erste Leiche, der noch weitere folgen. Der clevere Henker beginnt sofort mit seinen Überlegungen und rekonstruiert den Tathergang. Wie schon sooft macht er sich damit gerade bei den Vertretern der Obrigkeit keine Freunde. Der Henker bleibt somit auch in dieser Fortsetzung seinem Charakter treu.
Auch die anderen Familienmitglieder haben ihre Positionen bei den Ermittlungen wieder passend besetzt. Simon verliert sich wieder einmal in seine Forschungen als Arzt, schreibt sogar ein Traktat, in dem er auf die Wichtigkeit von Hygiene beim Behandeln hinweist. Zu glücklich ist er, dass er sogar vom Hofarzt des Kurfürsten ins Schloss eingeladen wird. Allerdings erwartet ihn da nur die Aufgabe, das entlaufene Schoßhündchen des Prinzen zu suchen. Die Henkersfamilie rückt also näher an den Adel heran, was in seinen Beschreibungen ein ausgewogenes Bild des 17. Jahrhunderts ergibt. Aber Simon ist eben auch nicht immer so aufmerksam, weswegen er bald wegen Falschmünzerei und Diebstahl eines Buches gesucht wird.
Ganz anders hingegen sind die Henkerstöchter Magdalena und Barbara. Beide haben ihre Vorstellungen vom Leben, die sie gegen die Bevormundung der Männer gerne durchsetzen. Mit den beiden wird deutlich, wie sich die Gesellschaft seinerzeit zusammengesetzt hat und mit welchen Problemen gerade Frauen zu kämpfen hatten. Henkersfrauen hatten nur eine begrenzte Auswahl an heiratswilligen Männern, die zudem von ihren Vätern ausgesucht wurden. Viele dieser Gesetze wurden in den letzten 300 Jahren zum Glück abgeschafft. Der Erzählstil des Autors schafft es aber, dass man es sich mühelos vorstellen und Empathie zu den weiblichen Figuren aufbauen kann. Wie nebenbei fließen jede Menge Informationen über Geschichte der Stadt und medizinischer Entwicklung ein.
Die Krimihandlung ist gewohnt temporeich und besteht aus vielen Wendungen. Die Spannung hält sich bis zum Schluss. Logisch folgernd setzt sich Mosaikstück für Mosaikstück zu einem Gesamtbild zusammen, wobei man auch immer wieder einen Verdächtigen von der Liste streichen muss. Die Morde scheinen alle von einem Scharfrichter verübt zu sein, was aber für versierte Leser verdächtig deutlich ist. Pötzsch schafft es auch diesmal wieder, aus allem einen spannenden historischen Krimi zu kreieren, der auch mit 540 Seiten viel zu schnell gelesen ist. Als großer Fan der Serie habe ich natürlich immer die Befürchtung, dass es irgendwann zu Ende geht und niemand mehr sinnierend an seiner Stielpfeife schmaucht. Der Henker altert und wer könnte dann seinen Platz einnehmen? - Eben.