Die Gauklerin von Buchhorn - Birgit Erwin u. Ulrich Buchhorn

  • Die Gauklerin von Buchhorn
    (publ. 2010)


    Fortsetzung von "Die Herren von Buchhorn"


    Zur Handlung lt. Klappentext bzw. Amazon:

    Zitat

    Nach jahrelanger Gefangenschaft bei den Ungarn hofft Graf Udalrich von Buchhorn auf ein friedlicheres Leben mit seiner Frau Wendelgard am Bodensee. Doch als sie im September 919 dem Ruf des neu gekrönten Königs, Heinrich dem Vogeler, nach Konstanz folgen, um dort die Strapazen der Vergangenheit zu vergessen, ereilt sie neues Ungemach: Während einer Jagdpartie ersticht ein Meuchelmörder einen Beamten des königlichen Hofs. Kurz darauf wird auch ihr eigener Burgverwalter in Buchhorn ermordet. Weder Eckhard, Sekretär des Bischofs von Konstanz, noch Gerald, treuer Schmied der Grafenfamilie, glauben an einen Zufall. Gemeinsam machen sie sich auf die Suche nach den Mördern. Die Spur führt sie zu einer Gruppe Fremder, die im Wald um Buchhorn lagern. Unter ihnen befindet sich die ebenso attraktive wie geheimnisvolle Gauklerin Kunigunde …


    Das Autorenduo (Information lt. Angabe bei Amazon)

    Zitat

    "Birgit Erwin", geboren 1974, hat Anglistik und Germanistik in Heidelberg und Southhampton studiert und lebt heute als Gymnasiallehrerin in Karlsruhe. Sie hat mehrere Romane sowie zahlreiche Kurzgeschichten unterschiedlicher Genres veröffentlicht.


    Zitat

    "Ulrich Buchhorn", Jahrgang 1961, lebt in Heidelberg. Der Althistoriker unterrichtet Latein und ist Autor von Kriminalkurzgeschichten, die in verschiedenen Anthologien erschienen sind...


    Persönlicher erster Eindruck:
    ACHTUNG: SPOILER zu BUCH 1


    Der Titel ist unglücklich gewählt, weil er einerseits zu viel verrät (die Gauklerin Kunigunde ist für die Handlung selbst eine Schlüsselfigur), andererseits aber falsche Erwartungen weckt (sie ist keineswegs das Zentrum des Romans, wo die Fäden zusammenlaufen).


    Abgesehen davon wird die Fortsetzung dem ersten Band gerecht, ich finde sie sogar noch gelungener, da sich die Figuren weiterentwickeln und da hier im Vergleich zum ersten Buch die Figuren hier wesentlich abgründiger sind. Der "plot" der Fortsetzung ist aus dem Vorgängerbuch schlüssig entwickelt und schließt an dieses fließend an. Das ist umso auffallender, als das Vorgängerbuch in sich abgeschlossen wirkte.


    Bischof Salomon weiß, dass er nicht mehr lange zu leben hat, und das tut ihm leid, denn gerade jetzt zeichnet sich ab, dass der neue König Heinrich I. seinen Aufgaben gewachsen ist und sich somit bessere Zeiten ankündigen. Der Bischof hat sein Versprechen gehalten, Wendelgard durfte die Inklusen verlassen und ist wieder mit ihrem geliebten Udalrich vereint. Nichtsdestoweniger ist Udalrich durch seine harte Gefangenschaft bei den Ungarn und persönlichen Verluste (er weiß ganz gut, dass er diese Zeit ohne seinen treuen Diener Adalbert nie überstanden hätte) traumatisiert und Wendelgard von den Strapazen des Inklusenlebens gezeichnet. Das wirkt sich keineswegs auf ihr eheliches Zusammenleben aus, wird aber in der Geschichte selbst immer wieder gezeigt und macht die beiden als Figuren umso glaubwürdiger. (Im Unterschied zu anderen Romanen, wo so etwas überhaupt weggelassen wird oder nur Teil einer typischen "Helden/innen-Laufbahn" ist und somit ein Scheinproblem, das sich am Ende schemagerecht heilen lässt.)


    Doch auch Geralds Ehe mit Friedrun ist keineswegs problemlos, wie Friedrun selbst feststellt: eine Schankmagd zu sein war für sie leichter als die Rolle der Ehefrau zu erfüllen. Dabei sieht sie diese Ehe als großes Glück an, mit dem sie gar nicht rechnen konnte. Dennoch ist es nicht der übliche Ehekonflikt, sondern es wird glaubwürdig gezeigt, dass eine gute Ehe nicht nur auf Liebe und Achtung aufbaut, sondern auch auf der Bewältigung des Alltags und des Zusammenlebens. Dazu muss Gerald noch den Tod seiner Eltern bewältigen, und da gibt es einige Versuchungen. Reicht es ihm, dass der Mann, der wesentliche Verantwortung für ihren Tod trägt, am Folgetag hingerichtet wird oder soll das noch möglichst qualvoll sein? Gerald ist beauftragt, das Schwert bereit zu machen, und vorübergehend trägt er sich mit dem Gedanken, sogar selbst als Henker zu walten. Als dann die Hinrichtung nicht stattfinden kann, muss Gerald für sich eine Entscheidung treffen ...


    Ob es freilich in Ordnung ist, wie das Dorf Buchhorn diesen Mann Wulfhard behandelt und misshandelt, der nicht nur der Hinrichtung entgegen sieht, sondern ihnen völlig wehrlos ausgeliefert ist ... Auch wenn das Autorenduo dies wohl eher beschreibt, um es uns Leserinnen und Lesern leichter zu machen, nun doch Sympathien für Wulfhard zu entwickeln, stimmt das Ganze nachdenklich, die Leute aus Buchhorn sind im Roman schließlich "normale" Menschen und eben nicht die bösen Wichte.


    Dass dann ausgerechnet der Verwalter, der das Henkersamt hätte ausüben sollen, ermordet wurde, hat nicht nur zur Folge, dass die Hinrichtung zunächst nicht stattfinden kann. Obwohl ziemlich klar ist, dass Wulfhard jedenfalls nicht diesen Mord begangen hat, droht ihm nun, gelyncht zu werden, worauf er nach Konstanz geschafft wird, da es auch unter den Leuten von Buchhorn einige gibt, die so etwas nicht verantworten wollen. Dort nimmt dann die Geschichte eine weitere eher unerwartete, aber nicht gänzlich unglaubwürdige Wende ...


    Im Unterschied zum ersten Band wird Eckhard vom Bischof diesmal schon relativ früh mit den Ermittlungen der Morde in Buchhorn (nach dem Mord an dem Verwalter hat es noch einen weiteren Mord gegeben) beauftragt, der Bischof vermutet einen Zusammenhang mit einem weiteren Mordanschlag in Konstanz ... Dennoch ist "Die Gauklerin von Buchhorn" weniger ein Kriminalroman als ein historischer Roman. Die besten und auch eindringlichsten Momente hat das Buch aber, wenn es um die Einwohnerschaft von Buchhorn und ihr Zusammenleben geht.


    FAZIT:
    Wem das erste Buch gefallen hat, der sollte sich die Fortsetzung nicht entgehen lassen. Abgesehen davon ist die Gauklerin ein gelungener historischer Roman, der die meisten Hardcover-Romane in diesem Genre übertrifft bzw. es mit ihnen durchaus aufnehmen kann. Von meiner Seite eine uneingeschränkte Leseempfehlung.


    Edit: Autorennamen im Threadtitel ergänzt. LG JaneDoe

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    Die gefährlichsten Unwahrheiten sind Wahrheiten, mäßig entstellt. (Georg Christoph Lichtenberg)

    Dieser Beitrag wurde bereits 2 Mal editiert, zuletzt von Teresa ()