Ich sehe schon, Ihr habt's nicht so sehr mit den Klassikern. Trotzdem möchte ich einen meiner Lieblingsromane vorstellen. Erschienen ist er 1862, und es handelt sich um einen der ersten historischen Romane, der diese Bezeichnung wirklich verdient.
"Salambo" von Gustave Flaubert
Im Jahre 244 v.Chr. führt Karthago Krieg auf Sizilien. Sein Heer besteht vorwiegend aus Söldnern, die aus allen Ländern des Mittelmeerraumes stammen. Aber Söldner kosten Geld, und als das Heer nach Nordafrika zurückkehrt, sieht sich die Stadt nicht in der Lage, die Soldaten zu entlohnen. Man hält sie hin, macht ihnen halbherzige Versprechungen, würde sie am liebsten los sein. Aber die Söldner, die ihr Lager in der Nähe Karthagos aufschlagen, sind nicht gewillt, das Land zu verlassen, solange sie nicht die ihnen zustehende Belohnung in den Händen halten.
In dieser Situation lernt der Libyer Matho, einer der Krieger des Söldnerheeres, Salambo kennen, die Tochter des ehemaligen Oberbefehlshabers Hamilkar und Priesterin der Göttin Tanit. Er entbrennt in Liebe zu ihr, was unter den gegebenen Umständen keine gute Idee ist, da es letztendlich zum Krieg der Söldner gegen Karthago kommt. Zu Beginn sieht es so aus, als würden diese die Oberhand behalten, und auch Matho macht bei der Tochter des Suffeten Fortschritte. Doch dann ernennt man ihren Vater erneut zum Oberbefehlshaber des Heeres, und Hamilkar geht mit Energie daran, die abtrünnigen Söldner vom Erdboden zu vertilgen...
Für einen so alten Roman ist "Salambo" erstaunlich gut recherchiert. Flaubert hat fast alles gelesen, was es zu seiner Zeit zu diesem Thema in französischer Sprache gab und sich auch die damals stattfindenden Ausgrabungen in Karthago angesehen. Selbst dort, wo er Wissenslücken mit eigener Phantasie zu füllen hatte, wirkt das Buch ungemein realistisch. Für die Handlung hatte er sich einen Teil der Punischen Kriege ausgesucht, der durch römische Quellen recht gut bekannt war; darüberhinaus gelang es ihm ausgezeichnet, diese Epoche lebensnah zu beschreiben. Trotz der Liebesgeschichte gibt es keine kitschigen Stellen, Flauberts Stil ist ungemein nüchtern und distanziert, einfach in seinen Beschreibungen und nie langweilig. Es ist allerdings kein Buch für all jene, die beim Lesen gerne dahinschmelzen und auf einem Happy End bestehen.
Trotz der beinahe anderthalb Jahrhunderte, die das Buch inzwischen auf dem Buckel hat, ist es einer der gelungensten historischen Romane bis heute, und steht bei mir in den Top3, neben "Quo Vadis" und "Ben Hur".
Auf der Webseite von Projekt Gutenberg kann man "Salambo" übrigens kostenlos lesen.