Sylvia Lott- Die Fliederinsel

  • Taschenbuch, Broschur, 544 Seiten
    Verlag: Blanvalet
    erschienen am 15. Mai 2017


    über die Autorin:
    Die freie Journalistin und Autorin Sylvia Lott ist gebürtige Ostfriesin. Sie schreibt für verschiedene Frauen-, Lifestyle- und Reisemagazine und veröffentlichte bei Blanvalet bereits die Romane »Die Rose von Darjeeling«, »Die Glücksbäckerin von Long Island«, »Die Lilie von Bela Vista« und »Die Inselfrauen«.


    zum Inhalt:
    Celia verbringt ihren Urlaub ohne ihre Familie auf der dänischen Insel Fünen, nachdem sie ein Haus aufgrund einer alten Kindheitserinnerung recherchiert hatte. Zu ihrem Glück ist das Haus immer noch zu mieten. Auf der Veranda des Ferienhauses entdeckt sie ein Gemälde, das lange verschollen galt. Es zeigt einen Strauß Flieder, wie er für die Gegend typisch ist. Um mehr über dieses Bild zu erfahren, fragt Celia ihre Vermieterin Inger nach dessen Herkunft. Daraufhin wird ihr nach und nach die Geschichte von Ingers Eltern erzählt.


    meine Meinung:
    Sylvia Lott hat ein weiteres Mal eine berührende Familiengeschichte auf zwei Zeitebenen als Grundlage für ihren Roman genommen. Sie führt die junge Frau Celia ein, die nun den Anstoß für den Rückblick nach 1938 bis Kriegsende gibt. Während dieser Zeit ist die junge Malerin Ruth frisch verheiratet mit dem Schriftsteller Jakob Liebermann. Das Paar mit jüdischen Wurzeln bekommt in Nazi-Deutschland die Ablehnung zu spüren und flüchtet nach Dänemark. Jakob wünscht sich zwar eine Auswanderung in die USA, was aber von den Behörden abgelehnt wird. Da Ruth ein Haus – Celias Ferienhaus – auf Fünen geerbt hat, klingt es nur vernünftig, dass beide dorthin ziehen. Ruth schafft es, mit ihren Bildern so viel Geld zu verdienen, dass es zum Überleben reicht. Als die gemeinsame Tochter Ingrid geboren wird, scheint das Familienglück perfekt zu sein. Doch dann sickert durch, dass die Deutschen alle Juden in Dänemark in der Nacht des jüdischen Neujahrsfestes in ihren Wohnungen festnehmen und in Konzentrationslager bringen wollen. Ruth und Jakob müssen ihre schwerste, eine folgenschwere Entscheidung treffen.


    Die tragische Geschichte wird in Rückblicken aus Ingers Sicht erzählt. Es wird nicht nur die Familiengeschichte erzählt, sondern auf eine wichtige historische Entscheidung aufmerksam gemacht. Obwohl Dänemark unter der deutschen Besetzung litt, konnten nahezu alle Juden durch die Flucht nach Schweden gerettet werden. Dieser nationale Zusammenhalt beschreibt die Gesellschaft auf sympathische Weise. Es zeigt auf, wie trotz der grausamen Zeiten die Menschlichkeit siegte. Man ist als Leser sehr nah an den Figuren in diesem Handlungsstrang, um mit ihnen mitfühlen zu können, ihre Sorgen und Entbehrungen werden greifbar und vor allem die psychische Belastung. Dass das so ist, ist natürlich auch die schriftstellerische Leistung von Sylvia Lott. Das berührende Thema wird dennoch mit einem außergewöhnlich leichten Erzählstil vorgetragen. Fiktive Personen treffen dabei auf Persönlichkeiten wie Berthold Brecht oder Karin Michaelis, die ebenfalls auf Fünen lebten.


    Das Buch fesselt vor allem mit dem historischen Teil. Es ist keine leichte Kost für zwischendurch, sondern hallt gerade wegen der bedrückenden Umstände nach. Manchmal wäre ich gerne früher zu Celia und Inger zurückgekehrt, um einfach eine Verschnaufpause zu haben. Aber dann hätte Ruths Geschichte an Intensität verloren. Sie verdient diese Bühne auf alle Fälle, die vom Flieder und dem idyllischen Fünen eingerahmt wird. Der Roman bekommt von mir eine uneingeschränkte Leseempfehlung.


    Edit hat Korrektur gefordert. :-(

    aktuelles Buch: Die Henkerstochter und der Rat der Zwölf von Oliver Pötzsch
    A Killer Closet von Paula Paul

    Bingo 2017

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  • Findus, ich kenne "Die Glücksbäckerin von Long Island" und "Die Lilie von Bela Vista" und diese haben mir sehr gut gefallen. Das Wort seicht passt m. M. nach nicht zu den beiden. Zu dem zweiten Buch gab es auch eine Leserunde und vielleicht hilft Dir weiter, mal in die diversen abschl. Meinungen hineinzulesen.

    Manche Bücher müssen gekostet werden, manche verschlingt man, und nur einige wenige kaut man und verdaut sie ganz.
    (Tintenherz - Cornelia Funke)

  • Findus
    "Seicht" ist kein Adjektiv, das ich zur Beschreibung der fünf Romane von Sylvia verwenden würde. Im aktuellen geht es im historischen Strang um die Deportation der Juden und wie die Figuren unter diesen Bedingungen zurecht kamen. Empfehlen kann ich sie dir alle.

  • Sylvia Lott hat ein Buch geschrieben, welches unter die Haut geht. So lieblich und schön das Cover daher kommt, so schwere Kost ist das Buch an einigen Stellen. Wer hier eine leichte Sommerlektüre erwartet, wird enttäuscht werden. Wer allerdings gerne Bücher mit Tiefgang liest, die auch zum Nachdenken anregen, der ist hier genau richtig.
    Wie schon gesagt, das Cover ist sehr schön und stimmungsvoll. Die Farben sind ein Traum und man hat das Gefühl den Fliederstrauch riechen zu können.
    Sylvia Lott erzählt in alter Manier ihre Geschichte auf zwei Zeit-Ebenen, sie kann somit wunderbar Parallelen aufzeigen und die Spannung steigern, auch dies gelingt ihr wieder sehr gut.
    Der Erzählstrang in der Vergangenheit hat mich wesentlich mehr bewegt, als der in der Gegenwart, auch waren mir die Figuren in der Vergangenheit näher, als die in der Gegenwart. Besonders mit Celia konnte ich nichts anfangen. Sie blieb mir den ganzen Roman lang etwas fremd. Umso mehr vereinnahmte mich Ruth, sie ist eine tolle, facettenreiche Persönlichkeit, die vor allen Dinge mit ihrer Individualität besticht. Aber auch mit Jakob, Ruths Mann, ist der Autorin ein glaubhafter Zeuge seiner Zeit gelungen.
    Im Mittelpunkt stehen die emigrierten Juden, die in Dänemark Zuflucht gefunden haben. Die Solidarität der dänischen Bevölkerung mit den Emigrierten und ihre Hilfsbereitschaft. Ein besonderes Augenmerk hat die Autorin auf das Schicksal der Kinder gelegt und genau dieses Schicksal geht unter die Haut.
    Die Geschichte wird jeweils chronologisch auf beiden Ebenen erzählt, sicherlich die Erzählung in der Vergangenheit mehr gerafft, als die der Gegenwart. Der Roman wird von der Autorin schlüssig und sehr bewegt dargestellt. Die Dialoge wirken authentisch und echt. Der Schreibstil ist flüssig, sehr angenehm zu lesen und dabei hoch emotional.
    Als Zielgruppe sind hier sicherlich die Leserinnen zu nennen, dennoch könnte ich mir sehr gut vorstellen, dass auch geschichtlich interessierte Männer ihre Freude an dem Roman haben können, denn wie bereits erwähnt, lernt man sehr viel über Dänemark und die Menschen dort zur Zeit des zweiten Weltkrieges.
    Ein überaus gelungener Roman, der noch sehr lange nachhallt, weil er so ein bewegendes Schicksal in den Mittelpunkt stellt. Dieser Roman ist sicherlich keine leichte Strandlektüre, dennoch bin ich mir sicher, dass dieser Roman in diesem Sommer seine Leser finden wird. Denn unsere Geschichte ist immer ein Teil von uns und diese Geschichte dürfen wir nicht vergessen oder verdrängen, wir müssen sie lebendig halten, dies sind wir unseren Vorfahren schuldig.
    Eine glasklare Lese- und Kaufempfehlung von mir, ein Roman der es verdient hat, ganz viele Leserinnen und Leser zu erreichen.
    Vielen Dank an den blanvalet Verlag und an die Verlagsgruppe Random House.


    10/10 P.

  • Ich habe das Buch während der Eulen-Zwangspause gelesen und kann eure Rezis nur unterschreiben. Ein tolles, bewegendes Buch und es ist keinesfalls seicht. Die Autorin schafft es mit jedem Buch mich zu packen, der Schreibstil und die zwei Zeitebenen - super! :thumbup::)