Annette Mingels - Was alles war

  • Über die Autorin
    Annette Mingels, geboren 1971 in Köln, wurde dort im Alter von zwei Wochen adoptiert. Sie studierte Germanistik und promovierte über Dürrenmatt und Kierkegaard. Danach arbeitete sie als Dozentin und Journalistin. 2003 veröffentlichte sie ihren ersten Roman, dem drei weitere und ein Erzählband folgten. Nach Aufenthalten in Zürich und New York lebt Annette Mingels seit 2011 mit ihrer Familie in Hamburg.


    Kurzbeschreibung
    Für ihre Eltern war Susa das lange ersehnte Kind, es fehlte ihr an nichts. Dass sie adoptiert wurde, hat sie nie gestört. Als erwachsene Frau verspürt sie zwar eine leichte Neugier auf die leibliche Mutter, aber als sie Viola kennenlernt, ist diese für sie eine Fremde. Doch das Treffen setzt mehr in Bewegung als vermutet. Die Frage, was Familie eigentlich ausmacht, erhält für Susa eine neue Bedeutung, auch, weil sie sich in Henryk verliebt, der zwei Töchter mit in die Beziehung bringt.


    In ihrem neuen Roman begibt sich Annette Mingels literarisch auf die Spur unseres prägendsten und faszinierendsten Beziehungsgeflechts: der Familie. Sie erzählt von den vielen Spielarten moderner Beziehungen und davon, was Familie heute ausmacht, von Nähe und Geborgenheit, von Distanz und Konkurrenz, von der Unmöglichkeit, einander ganz und gar zu verstehen, von der Brüchigkeit des Ganzen, aber auch von seiner Belastbarkeit.


    Meine Rezension
    Susa wurde von ihren Eltern adoptiert, sie haben ein sehr herzliches Verhältnis zueinander und eigentlich haben Susa ihre leiblichen Eltern nie gefehlt. Doch als ihre leibliche Mutter Viola den Kontakt zu ihr aufnimmt, ist sie doch recht neugierig. Viola stellt sich als nett, aber oberflächlich, exzentrisch und sehr egoistisch heraus. Und sie hat noch weitere Kinder, die Susa kennenlernt. Auch in Susas Leben ändern sich die familiären Verhältnisse: sie verliebt sich in einen Witwer mit zwei Kindern, die beiden heiraten und es folgt noch ein gemeinsames Kind. Susas Vater erkrankt schwer. Im Alltag haben die beiden mit den Problemen berufstätiger Eltern und ihrer beider Karriereansprüchen zu kämpfen.


    In ihrem Roman beleuchtet Annette Mingels verschiedene Facetten von Familie: die eigene, die angeheiratete, die leibliche - was Familie ausmacht und womit Familien zu kämpfen haben. Ich fand es zwar interessant zu lesen, doch letztlich konnte mich das Buch innerlich nicht berühren. Auch ließ mich das Ende des Buches unzufrieden zurück. Ich kann noch nicht mal festlegen, woran es genau lag, darum fällt es mir auch schwer, meine Leseeindrücke in Worte zu fassen: angenehm zu lesen, dennoch ein Buch, das nicht haften bleibt.


    ASIN/ISBN: 3813507556

    Lieben Gruß,


    Batcat


    Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt (aus Arabien)

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  • Susa wurde schon als Baby adoptiert und wuchs in einer liebevollen Familie auf. Zu ihren Eltern hat sie ein vertrauensvolles Verhältnis. Inzwischen ist sie erwachsen und hat eine eigene Familie. Ihr Mann Henryk ist verwitwet und hat aus dieser Ehe zwei Töchter. Ihr gemeinsamer Sohn ist noch ein Säugling. Das geregelte Familienleben erfährt kleine Schwankungen als Susa ihre leibliche Mutter Viola kennenlernt. Die freiheitsliebende Frau hält es nirgends länger aus und hat ihre vier Kinder zur Adoption freigegeben. Susa erfährt also nicht nur, wie ihre biologische Mutter ist, sondern dass sie auch noch drei Halbgeschwister hat. Viola überlässt ihr ebenfalls einen zerknitterten Brief ihres mutmaßlichen Vaters. Nun hat sie einen Namen und stellt Nachforschungen an.


    Annette Mingels schreibt in ihrem fünften Roman über das Thema Familie und beleuchtet dabei verschiedene Verwandtschaftsbeziehungen. Dabei stellt sich unweigerlich die Frage, ob eine Bindung fester ist, wenn man zumindest die Hälfte der Gene teilt oder ob sich Bindungen durch den liebevollen Umgang miteinander entwickeln. Susa ist mit ihren Adoptiveltern immer offen mit dem Thema Adoption umgegangen und empfindet auch nicht das Gefühl des Ausgegrenztseins. Als sie nun ihre Halbgeschwister kennenlernt, sucht sie nach Gemeinsamkeiten und eben diesen natürlichen Gemeinsamkeiten.


    Als erwachsener Mensch seine leiblichen Eltern kennenzulernen, bedeutet eine ganz andere Sicht auf das Verhältnis. Man ist unabhängig voneinander und kann sich auf die Eigenheiten des anderen konzentrieren. Susa sucht verständlicherweise etwas in ihrer Mutter, was sie sich als Kind immer vorgestellt hat. Die Autorin hat dieses Gefühl des Zögerns, eigentlich doch Wollens und dann die Erkenntnis nachfühlbar beschrieben, ohne dass ich als Leser eine vorgefertigte Meinung ausgezwungen bekam.


    Gleichzeitig wird die moderne Patchworkfamilie vorgestellt, in der die Kinder nicht alle dieselben Elternteile haben. Henryk bringt zwei Teenagertöchter mit in die Ehe, die sich erst mal an Susa gewöhnen müssen. Sie müssen nicht nur den Verlust ihrer eigenen Mutter verarbeiten, sondern sich auch noch an Susa als jemanden gewöhnen, der Entscheidungen trifft. Als Leve geboren wird, nimmt er als gemeinsamer Sohn nochmal eine andere Stellung in der Familie ein. Die Familienstruktur mit allen Verpflichtungen gegenüber Kindern, Eltern und Beruf belastet die Beziehung von Susa und Henryk. Dies wird ebenfalls während des Lesens spürbar, aber gleichzeitig begibt man sich als Beobachter in eine unparteiische Position.


    Die Geschichte lässt sich leicht lesen, allerdings hat es der Text durchaus in sich. Er weckt Emotionen, die dann auch mal eine Verschnaufpause fordern, was aber vermutlich auch mit den Erfahrungen des Lesers zusammenhängt. Das Buch handelt vom Suchen, Finden und Verlieren und welche Verantwortung man selber am Verlauf des Lebens hat. Die Hauptfiguren werden so deutlich erarbeitet, dass man das Gefühl hat, direkt in ihre Leben hineinzublicken. Auf knapp 300 Seiten drängen sich die Themen, bei denen man merkt, dass sich Mingels wirklich mit ihnen auseinandergesetzt hat. Der in leiser Tonart geschriebene Roman lässt sich nicht pauschal empfehlen, sondern wird wohl eher nach eigenen Interessen ausgewählt.