Alles über Beziehungen – Doris Knecht

  • Die Autorin (Quelle: Amazon)
    Doris Knecht, geboren in Vorarlberg, ist Kolumnistin («Kurier», «Falter») und Schriftstellerin. Ihr erster Roman, «Gruber geht» (2011), war für den Deutschen Buchpreis nominiert und wurde fürs Kino verfilmt. Für «Besser» (2013) erhielt sie den Buchpreis der Stiftung Ravensburger Verlag. Zuletzt erschien ihr vielgelobter Roman «Wald» (2015). Doris Knecht lebt in Wien und im Waldviertel.


    Das Buch (Quelle: Amazon)
    Viktor ist ein Mann mit durchschnittlichen Problemen: Er wird demnächst fünfzig, er hat hohen Blutdruck, fünf Kinder, zwei Exfrauen und eine Lebensgefährtin, die nicht immer so glücklich wie er selbst damit ist, dass er gerade Festival-Intendant wurde. Und er hat eine heimliche Leidenschaft: noch mehr Frauen. Viktor fühlt sich interessant und wie scharf gestellt durch die Frauen, mit denen er Sex hat: Josi und Helen, Anja, Camille, Lisbeth und noch ein paar andere. Die Frauen wiederum haben ihre eigenen Geschichten und entsprechende Gründe, warum sie sich mit einem wie Viktor einlassen – oder auch nicht mehr. Magda, seine Lebenspartnerin, die endlich geheiratet werden will, ahnt davon nichts, und so schwebt über allem eine große Bedrohung: dass Viktor auffliegt und all seine schönen Rechtfertigungen und feinen Begrifflichkeiten von Treue, Komplizenschaft und Loyalität gleich mit. Denn: Was ist das, Treue? Ist jedes Fremdgehen auch ein Betrug? Und: Existiert etwas Derartiges wie eine perfekte, glückliche, ehrliche Beziehung überhaupt?


    Doris Knecht erzählt furchtlos, manchmal frivol, stets aber extrem unterhaltsam von Viktor und den Frauen – und verrät im mitreißenden Knecht-Sound nebenher viel darüber, wie moderne Menschen lieben und was passiert, wenn sie damit aufhören.


    Meinung
    Die ersten 220 Seiten hat die Autorin unnötig in die Länge gezogen. Weniger wäre mehr gewesen. Dennoch schaffen es nur wenige Autorinnen, Langatmiges brillant zu erzählen. Doris Knecht gehört dazu und das in einer Tonlage, die den Leser zum Schmunzeln bringt – ob er will oder nicht. Und er bekommt auch noch einen Bonus, sofern er die frechen Zwischentöne herausfiltert.


    Das Thema ist nicht neu und wird seit einer Ewigkeit immer wieder neu inszeniert: Traurige Gestalten aus dem großstädtischen Kulturbetrieb ruinieren ihr Leben mit Fremdgehen, weil ihnen nichts Besseres einfällt. Ist das so? Sind die Leute wirklich so gelangweilt und einfältig? Glaubt man Doris Knecht, dann lautete die Antwort eindeutig ja. Mir ist auch keine bessere eingefallen.


    Das Ende hat mir sehr gut gefallen und insgesamt hat die Autorin sich 8 Eulenpunkte verdient.