Fragen an Pierre Lagrange

  • Du hast unter deinem Namen unter anderem schon mehrere Dünenkrimis veröffentlicht und hast jetzt mit einem Pseudonym den zweiten Provence-Krimi herausgebracht. Diese Provence-Krimis sind anscheinend jetzt angesagt. Woran liegt das deiner Meinung? Und was unterscheidet deine Provence- Krimis von beispielsweise den Dünenkrimis. Machst du da bewusst Unterschiede?

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    "Es hat alles seine Stunde und ein jedes seine Zeit, denn wir gehören dem Jetzt und nicht der Ewigkeit."

  • Ich mache durchaus bewusst Unterschiede - denn es ist ein anderes Setting, andere Figuren und jeweils andere Herangehensweisen an Fälle. Das gibt natürlich einen anderen Takt vor. Zudem habe ich - ebenfalls durchs Setting vorgegeben - den Norden lieber "kühl" und den Süden eher "warm", falls das Sinn macht. Ich schreibe das auch jeweils mit einer anderen Haltung - und ich glaube, der Ton ist etwas anders, die Sprache. Die "Dünen"-Fälle habe ich außerdem ganz gern im deutschen Alltag verortet, das heißt: Es tauchen Dinge aus dem unmittelbaren Erlebnishorizont auf. Bei den Provence-Fällen setzte ich ebenfalls gern Akzente, die mit Frankreich, der Geschichte des Landes usw. zu tun haben. Die Albin-Romane dürfen außerdem immer ein Augenzwinkern haben und die Szenen etwas süffig sein - bei den Dünen-Fällen nicht.


    Die Frankreich-Welle schlug ja mit dem Erfolg von Herrn Bannalec und der Bretagne neu hoch. Die Verlage haben daraus den "Urlaubsland"-Krimi gemacht. Vor einer Reihe von Jahren war die Provence schon durch die Peter Mayle Bücher sehr attraktiv, das ebbte wieder ab. Und quasi im Windschatten von Bannalec machte plötzlich der erste Provence-Krimi von Sophie Bonnet "Boom!" und wurde ein superfantastischer Erfolg, zudem Nina Georges "Lavendelzimmer" (auch wenn's kein Krimi ist) - was die Büchse der provencalischen Pandora öffnete :-) Zu der Zeit saß ich gerade an der ersten Konzeption zu "Tod in der Provence", das weiß ich noch - es gibt ja so merkwürdige Effekte, dass einige plötzlich irgendwie ähnliche Ideen haben, weil die Antennen von Autoren irgendwie Signale von bestimmten Frequenzbändern auffangen oder darauf funken.


    Ich glaube, dass uns Frankreich einerseits sehr nahe ist, und uns gefällt die Lebensart. Im Süden ist außerdem immer schönes Wetter, und jeder hat von der Provence ein Bild als Sehnsuchtsort im Kopf - wie von der Toskana. Lecker Essen, es gibt jeeeeede Menge Geschichte, so viele schöne Dinge, alles hat Stil - also glaube ich schon, dass das viel mit der Region zu tun hat, und es ist nicht so weit fort, man könnte schnell mal hin. Viele waren auch schon irgendwann im Leben mal dort, und so Romane triggern die schönen Erinnerungen. Die gleichen Geschichten auf Mallorca, glaube ich zB, das würde keinen interessieren.


    Dazu kommt, dass die in Deutschland kommerziell erfolgreichen Provence-Romane zum weitaus überwiegenden Teil von Deutschen geschrieben werden, meist unter Pseudonym. Man liest also alles durch unsere "deutsche" Brille - dadurch bekommen wir serviert, was wir gerne lesen mögen. Das Provence-Buch eines französischen Autors wäre vermutlich eher nicht so interessant - erstaunlich ist ja, dass französische Krimi- und Thriller-Schreiber es in Deutschland eher schwer haben, mit Ausnahme weniger, was wohl mit der Art und Weise zu tun hat, in der sie schreiben. Die ist anders und dem deutschen Durchschnittsleser wohl nicht so nahe. Fred Vargas und J.C-Grangé zum Beispiel haben einen ziemlich anderen "Sound" und einen anderen dramaturgischen Stil.

  • Zitat

    Original von SvenKoch
    Die ist anders und dem deutschen Durchschnittsleser wohl nicht so nahe. Fred Vargas und J.C-Grangé zum Beispiel haben einen ziemlich anderen "Sound" und einen anderen dramaturgischen Stil.


    Witzig an der Sache ist ja die, daß ich auf einer Seite Dein Buch gelesen habe und andererseits gleichzeitig Grange als Hörbuch höre. :grin
    Zufall - aber hat was.


    Beide sind völlig verschieden. Grange ist wesentlich brutaler.
    Das kann ich besser als Hörbuch hören, als lesen.
    Krimis hingegen lese ich lieber.



    Daß die Dünenkrimis sich auch von den Provencekrimis unterscheiden, sehe ich auf jeden Fall.
    Die Dünenkrimis liebe ich ja - wegen der Gegend (hier um die Ecke sozusagen) der Namen (Ich mag Tjark und Femke so gern)
    Die Figuren sowieso.


    Wenn ich eine Reihenfolge machen müßte, würden die Dünen auf Platz 1 kommen und direkt dahinter die Provence.



    Dünenfeuer hab ich als letztes gelesen und muß mir nun unbedingt Dünenfluch besorgen.


    Zu der Reihe hätt ich ja auch gern Leserunden - so als Leserundenjunkie würd mir das richtig gefallen :grin

  • Da freue ich mich, dass Dir die Dünenbücher so gefallen :-] Für das nächste kann man ja mal was machen, aber vorher kommt erst noch ein ganz neuer Standalone-Thriller raus.


    Grange mag ich ja supergerne, Fan hier, großer Fan - in gewisser Weise taucht er ja im Pseudonym auch auf, hehe... Er ist weitaus brutaler, ja - aber das meine ich nicht so. Brutal könnte ich auch, wenn ich wollte, hehe.


    Die Franzosen schreiben ganz anders, fällt mir immer wieder auf. Und das höre ich auch aus Verlagen, dass im Verhältnis gesehen aus diesem Grund französische Autoren eher unterrepräsentiert sind im Markt. Denn eigentlich sollte man ja meinen, dass die besser und authentischer über ihr Land schreiben als Deutsche - aber vielleicht ist der Blick von außen auch interessanter...

  • Das neue Buch habe ich mir schon vorgemerkt :chen


    Mir gefallen ebenfalls beide die Dünenkrimis und der Ausflug in die Provence. Auch die unterschiedliche Erzähl- und Herangehensweise finde ich gut - nicht immer 08/15 der gleiche Stil

  • Eine neugierige Frage hätte ich noch: Wie sucht man sich sein Pseudonym aus? Gibt das der Verlag vor oder darf der Autor vorschlagen bzw. aussuchen? Und wie genau wurde es Pierre Lagrange? :grin

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  • Ich hatte bislang immer bei Droemer/Knaur veröffentlicht. Da die Provence-Reihe bei Fischer erscheint, sagte Knaur: Wenn Du anderswo auch Krimis schreibst, dann aber bitte mit Pseudonym. Fischer sagte dann: Oh, wir möchten sowieso eines, und zwar einen französischen Namen. Dann haben wir endlos lange zusammen gehirnt: Was klingt gut? Was passt? Wozu habe ich einen Bezug? Womit kann ich mich identifizieren?


    Am Ende hatte ich schon gesagt: Ich kann nicht mehr, ist mir latte. Nennt mich, wie ihr wollt. Dann kam Pierre Lagrange heraus. Mein zweiter Vorname ist Peter - passt zu Pierre. Ich habe viel Rockmusik gemacht - "La Grange" ist ein Klassiker von ZZ Top. Ich bin ein Fan der Bücher von Jean-Christophe Grangé - das "Grange" kommt vor.


    So war das :-)

  • Ja, es gibt einen Hegdefond-Manager, einen alten Wissenschaftler und einen Pierre Lagrange, der auch Autor ist - da bekam ich einmal einen Anruf von unserer Lippischen Landesbibliothek, weil sie für die Deutsche Nationalbibliothek nach mir fahndeten - um zu klären, ob ich denn das sei oder der andere... Fand ich sehr lustig.