Geständnisse - Kanae Minato

  • Geständnisse
    Kanae Minato
    ISBN: 3570102904
    C. Bertelsmann
    272 Seiten, 16,99 Euro



    Über die Autorin: Kanae Minato, geboren 1973 in Japan, begann ihre Karriere als Schriftstellerin mit dem Bestseller "Geständnisse", der erfolgreich verfilmt wurde. Ihre Romane und Kurzgeschichten wurden vielfach ausgezeichnet.



    Amazon-Kurzbeschreibung: Die kleine Tochter der alleinerziehenden Lehrerin Moriguchi ist im Schulschwimmbad ertrunken; ein tragischer Unfall, wie es scheint. Wenige Wochen später kündigt Moriguchi ihre Stelle an der Schule, doch zuvor will sie ihrer Klasse noch eine letzte Lektion mit auf den Weg geben. Denn sie weiß, dass ihre Schüler Schuld am Tod ihrer Tochter haben. Mit einer erschütternden Offenbarung setzt sie unter ihnen ein tödliches Drama um Schuld und Rache, um Gewalt und Wahnsinn in Gang, an dessen Ende keiner – weder Kind noch Erwachsener – ungeschoren davonkommt.
    Mit immenser Sogwirkung und einem unbestechlichen Blick auf die menschlichen Abgründe erzählt die ehemalige Lehrerin Kanae Minato eine faszinierend-verstörende Geschichte voller unerwarteter Wendungen. Ein packender Roman, dessen Stimmen den Leser noch lange begleiten.


    Meine Meinung: Denis Scheck hatte dieses Buch in „Druckfrisch“ im März empfohlen und mich damit neugierig auf das Buch gemacht, das ein „Roman um Schuld und Sühne außerhalb des jüdisch/christlichen Moralkodex“ sei. Bereits zu Beginn bekommt man durch die Ansprache der Lehrerin Moriguchi an ihre Schüler eine Ahnung davon, wie das japanische Schulsystem aufgebaut ist.


    Die Verantwortung der Lehrer für ihre Schüler geht weit über die Anwesenheit der Schüler in der Schule hinaus. Auch bei privaten Verfehlungen wird der Klassenlehrer informiert und muss sich kümmern. Die Beziehung der Lehrer zu ihren Schülern ist dadurch so ganz anders als in unserem Bildungssystem. Das ist vielleicht auch der Grund, aus dem Moriguchi nicht die Polizei informiert, als sie erfährt, dass ihre kleine Tochter von zwei Schülern ihrer Klasse ermordet wurde. Nein, sie übt auf ihre ganz eigene Weise Rache an ihnen und, wie sich im Laufe des Buches immer mehr herauskristallisiert, an ihren Familien.

    Der Mord wird aus mehreren Erzählperspektiven beleuchtet und neben Moriguchi kommen die beiden Schüler und auch die Schwester und die Mutter eines der Schüler zu Wort. Sie alle werfen unterschiedliche Blicke auf die Schuld und die Motive, suchen Entschuldigungen und sprechen Beschuldigungen aus, wobei der Leser einen interessanten Einblick in japanische Gepflogenheiten bekommt. Auch wenn es sich irgendwann ein wenig hinzieht, so lohnt sich doch das Durchhalten, denn das Ende ist überraschend und, soviel sei verraten, auch für den Leser durchaus befriedigend.

  • Ich habe "Geständnisse" an zwei Tagen gelesen. Fasziniert hat mich an dem Buch neben der Lehrer-Schüler-Beziehungen, die sich doch erheblich von den Verhältnissen hier unterscheiden, auch die Beziehungen innerhalb der betroffenen Familien. Sehr spannend, fand ich auch die Verflechtung der einzelnen Figuren zueinander und dem Vorfall in der Schule selbst. Auch das schwierige Erwachsenwerden von Jugendlichen in dieser Form der Gesellschaft und mit den neuen Medien, wird thematisiert.
    Die Autorin versteht es nicht nur eine Spannung aufzubauen, sondern bringt den Leser auch dazu über die Moralvorstellungen und Rachegelüste, der Protagonisten nachzudenken. Man fragt sich unweigerlich, wie man selbst in der Situation gehandelt hätte und ringt auch ein bisschen mit dem Verständnis für die ein oder andere nicht legale Handlung.
    Das war ein sehr spannendes, kurzweiliges Lesevergnügen.
    Ich vergebe 8 Punkte.

  • Die Tochter von Moriguchi ertrinkt im Schwimmbecken der Schule, an der Moriguchi unterrichtet. Was zunächst wie ein tragischer Unfall aussieht, entpuppt sich als Mord. Und die trauernde Lehrerin weiß auch, wer es war. Doch statt die Polizei einzuschalten, reißt die Mutter ihre Klasse mit einem Geständnis in ein schwarzes Loch aus Rache, Schuld und Sühne.


    "Geständnisse" von Kanae Minato war mein erster Roman der Autorin und lässt mich eher enttäuscht denn begeistert zurück. Der Klappentext klang sehr vielversprechend, jedoch konnte Minato meine hohe Erwartung nicht erfüllen.


    Die Geschichte wird kapitelweise von einer anderen Person aus der Ich-Perspektive erzählt. So erfährt man nicht nur den Schmerz von Morguchi, die ihre Tochter verloren hat, sondern erfährt auch, wie die Schüler in den Mord verwickelt sind. Dabei hat jede Figur eine ganz eigene Art, mit dem Erlebten fertig zu werden. Von Wut über psychischen Zusammenbrauch bis hin zu Rache ist alles vertreten. Diese Mischung hat mir gut gefallen, denn Kanae Minato zeigt, dass ein Tod nie eindimensional ist.


    Jedoch blieben mir alle Charaktere fern. Ich konnte zu keiner Figur eine Bindung aufbauen, egal, ob ich ihre Beweggründe nachvollziehen konnte oder nicht. Dies mag zu einem an dem kühlen Stil der Autorin liegen, dem zwar glasklare Schilderungen, aber null Emotionen zugrunde liegen. Zum Anderen empfand ich die Reaktionen der handelnden Schüler als sehr übertrieben. Denn ihre erste Lösung war immer Tod, Qual oder Demütigung. Niemand kam auf die Idee, sich in irgendeiner Art und Weise staatlichen Stellen oder Vertrauenspersonen anzuvertrauen. Dies mag auf die stark leistungsorientierte Gesellschaft Japans zurückzuführen sein, jedoch war es für mich einfach unglaubwürdig.


    Und obwohl die Story mit immer wieder neuen Schockern aufwartete, entlockten mir diese keinerlei Reaktion. Zu kühl, zu distanziert waren die Schilderungen, zu wenig berührten mich die Beweggründe. Und wenn ich keine Beziehung aufbauen kann, können die Tötungspläne noch so perfide sein, es wird für mich uninteressant.


    Der Stil von Kanae Minato ist gut zu lesen, wenn auch leicht gewöhnungsbedürftig. Ihre Erzählweise ist schnörkellos, kalt und emotionslos.


    Fazit: grausame Ideen ohne Bindung bleiben leider blass. Ich kann es daher nicht empfehlen.

  • Selten hat mich ein Krimi so in den Bann gezogen wie dieses psychologische Kammerspiel.


    Zu Wort kommen in Briefen wie in Tagebucheinträgen die Beteiligten einer fast griechischen Tragödie.


    Wohin Rache führen kann, wie sie sich verselbständigt und alle Beteiligten in einen tödlichen Reigen zwingt wird hier fast emotionslos, dafür aber umso nachhaltiger vor Augen geführt.


    9 Punkte

  • Ausgangspunkt ist, daß die 4-jährige Manami Moriguchi tot im Schwimmbad der Schule gefunden wurde. Ihre Mutter ist allein erziehend und Lehrerin an dieser Schule. Dem Leser stellt sich sofort die Frage, war es tatsächlich ein Unfall oder war es Mord.


    In diesem Psychothriller wird der Tod von Manami von verschiedenen Personen aus unterschiedlichen Perspektiven betrachtet, die jeweilige Sicht erörtert und so kommen immer mehr Details an Licht.


    Es beginnt mit der Mutter, die sich vor die Klasse stellt und an ihrem letzten Arbeitstag eine Rede hält. Nur sie selbst weiß wer die Schuld am Tod ihrer Tochter trägt. Für mich war es sehr interessant, den doch distanzierten Umgang der japanischen Lehrerin mit ihren Schülern kennen zu lernen und andererseits zu lesen, welche Pflichten Lehrer in Japan über den Schulalltag hinaus gegenüber den Schülern haben. Wer bei diesem außergewöhnlichen Buch denkt, daß er die Lösung kennt, auf den wartet zum Finale noch eine große Überraschung. Ein wahrlich toller Psychothriller sowohl um Schuld und Sühne als auch um Liebe und Rache!


    Von mir 8 Eulenpunkte

  • Japanische Thriller (Ist das hier überhaupt einer?) sind immer mal wieder etwas Besonderes - und dieser gehört dazu.


    Das Grundgerüst der Geschichte ist einfach. Die Tochter einer Lehrerin kommt ums Leben, die Mutter entlarvt den vermeintlichen Unfalltod als Mord und möchte sich an den Tätern rächen.
    Soweit, so bekannt.
    Hier entwickelt die Handlung jedoch Wendungen, die nicht alltäglich sind. Vielmehr ist es ein geradezu tragisches Zusammenwirken von persönlichen Tragödien, dysfunktionalen Familien und Grausamkeit, das ungeahnte Auswirkungen hat.


    Mir persönlich hat gerade die distanzierte Art der Autorin gut gefallen. Sie bewirkt, dass ich die allesamt eher unsympathischen Protagonisten mindestens mit Interesse, wenn nicht mit einem gewissen Mitgefühl beobachten kann.
    Zudem mag ich es, wenn eine Geschichte aus mehreren Perspektiven erzählt wird und die Leserin erst im Zusammenwirken der einzelnen Berichte versteht, was eigentlich geschehen ist.


    Von mir bekommt dieses Buch 8 Punkte.

  • Yuko Moriguchi wird aus dem Schuldienst ausscheiden und verabschiedet sich von ihrer Klasse mit einer sehr persönlichen Rede. Dass sie offen über ihre Motive für ihr Lehramtsstudium spricht und Gefühle direkt ausdrückt, wirkt sehr ungewöhnlich in einer Gesellschaft, die das Zusammenleben durch strenge Hierarchien, Angst vor Gesichtsverlust und Scham/Beschämung regelt. Moriguchis kleine Tochter ist vor kurzem ums Leben gekommen und die Lehrerin meint, die Schuldigen zu kennen. Weitere Icherzähler berichten aus ihrer Sicht von den Ereignissen: Mizuki, die Klassensprecherin, die ältere Schwester des Schülers Naoki und die Mutter von Shuya. Dabei wird deutlich, dass jede Figur nur ihre Sicht der Ereignisse sehen kann oder sehen will. Die Möglichkeit, dass der jeweilige Sprecher die Dinge beschönigt oder mich in eine bestimmte Richtung lenken will, ist bei keinem der Icherzähler auszuschließen. Meine Einschätzung von Moriguchis Motiven musste ich mehrfach ändern und fand sie als Person daher am interessantesten.


    Es entsteht mit den Mitteln multiperspektivischen Erzählens das Bild einer Gesellschaft, die nicht nur auf Kinder gnadenlosen Druck ausübt und soziale Probleme mit Schuldzuweisungen an Opfer verdeckt (z. B. Opfer von Mobbingstrukturen in der Schule). Minato stellt schonungslos die Rolle von Frauen und Müttern dar und streift am Rande die entscheidende Frage, wer in Japan für die Werte-Erziehung zuständig ist – die Familie oder die Schule?


    „Geständnisse“ lässt sich durchaus als multisperspektivischer Roman, Psychothriller oder Rachefeldzug einer zutiefst verletzten Mutter lesen. Insgesamt fand ich die Darstellung sozialer Probleme des modernen Japan zu Holzhammer-artig, ein dezenteres Vorgehen hätte bei mir auch seinen Zweck erfüllt. Die Sprache wirkt, durch die Ichperspektive bedingt, eher einfach.


    7 von10 Punkten

  • Das Buch hat mich beeindruckt. Es war in 6 Kapiteln geschrieben, jeweils immer aus einem anderen Blickwinkel. Bei jedem wurde die Geschichte erzählt, wie sie sich dieser Person dargestellt hat und es eröffneten sich jedes Mal neue Ansätze, warum das alles passieren konnte und passieren musste. Diese unterschieldichen Perspektiven, die jeweils auch einen anderen Blickwinkel beisteuern und man immer meint, ach so darum, um dann wieder zu merken, das es doch etwas anderes war, das war sehr interessant und sehr gut. Mir hat der nüchtern knappe Schreibstil sehr gefallen, schnörkellos, geradeheraus, darum ließ sich das Buch auch flott lesen.
    Konkret geht es um den Tod der Tochter der Lehrerin, diese steht ein letztes Mal vor ihrer Klasse, um dieser Klasse mitzuteilen, das sie genau weiß, wer verantwortlich ist für den Tod. Dann entspinnt sich ein feines Drama um Rache und die Auswirkungen, die diese haben kann.
    Tolles Buch, sehr gut geschrieben, empfehlenswert!

  • Erst einmal muss ich sagen, dass ich das Buch ohne Eure Rezis wahrscheinlich nie gelesen hätte. Mir sind die japanische Kultur, die Art und Weise des Denkens und Handelns einfach zu fremd, sodass ich mit Büchern aus diesem Land meistens nicht viel anfangen kann.


    Diesmal war es jedoch anders, "Geständnisse" hat mich wirklich von Anfang an in seinen Bann gezogen. Die Tat allein ist schon eine Tragödie, aber mit jedem Kapitel, mit jedem neuen Blickwinkel tun sich auch neue Abgründe auf. Ich habe mich beim Lesen oft gefragt, ob es eine Möglichkeit gegeben hätte, das Schlimmste zu verhindern, aber mir ist nichts eingefallen, und das macht das Ganze für mich noch viel bedrückender.


    Der nüchterne Schreibstil passt gut, dadurch wird der Inhalt noch viel eindringlicher. Das Ende des Buches hat mich dann wirklich umgehauen - damit hätte ich überhaupt nicht gerechnet und es hat mich auch im Nachgang noch eine Weile beschäftigt.


    Von mir gibt es hochzufriedene 9 Punkte!


    LG, Bella