Buchpreisbindung- wieso genau?

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    Original von Ronja
    Wieso sollte es nicht unternehmerisch sein? Sie kaufen "fertige" Produkte, weil diese für sie günstiger kommen, als selbst welche produzieren zu lassen und vermarkten zu müssen.
    Wenn es wegen "kostenkalkulatorischen" Gesichtspunkten so gehandhabt wird, dann sind das unternehmerische Überlegungen.


    Sorry, das mögen ökonomische Überlegungen sein, aber mitnichten unternehmerische. :grin
    Ein Unternehmer (engl./frz. entrepreneur) ist jemand, der eigenverantwortlich "etwas unternimmt", der innovativ ist, tunlichst unverwechselbare Produkte entwickelt, damit Arbeitsplätze schafft und dies alles durch den Vertrieb der Produkte finanziert.


    Wenn das Verwursten von Fremdware eines nicht ist, dann "unternehmerisch".


    BTW: Die weitgehende Verdrängung unternehmerischen Denkens durch administrativ-ökonomisches Denken in den Kapitalgesellschaften ist nicht nur meiner Ansicht nach übrigens das eigentliche Problem unserer ach-so-kranken Wirtschaft.
    Unternehmerisches Denken findest du selten in Kapitalgesellschaften, weil diese von einem meist administrativ-ökonomisch denkenden Management kontrolliert werden; meist handelt es sich um mittelständische Unternehmen z.B. in Familienhand. Dazu zählt z.B. der Physiker Nicolas Hayek (swatch, smart), der Hotellier Klaus Kobjoll (Schindlerhof Nürnberg), der Safthersteller Rolf Dittmeyer, der Mototrradspezialist Fritz Egli, der Programmierer und Computerbastler Marco Börries (StarDivision, VerdiSoft), dann hätten wir z.B. noch die Grundigs, die Quandts, die Porsches/Piëchs usw. usf.

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    Original von Iris


    Sorry, das mögen ökonomische Überlegungen sein, aber mitnichten unternehmerische. :grin
    Ein Unternehmer (engl./frz. entrepreneur) ist jemand, der eigenverantwortlich "etwas unternimmt", der innovativ ist, tunlichst unverwechselbare Produkte entwickelt, damit Arbeitsplätze schafft und dies alles durch den Vertrieb der Produkte finanziert.



    Ich habe den Begriff "unternehmerisch" in dem Sinne verwendet, in dem er allgemein gebräuchlich verwendet wird und nicht falsch ist.


    Laut BGB ist ein Unternehmer


    eine natürliche oder juristische Person
    oder eine rechtsfähige Personengesellschaft,
    die bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts
    in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt.



    Es wäre natürlich oft wünschenswert, wenn sich ein Unternehmer über das definieren würde, was du oben schreibst. Aber in erster Linie will er Geld verdienen. Und ob er dazu die Produkte selbst produziert oder produzieren lässt oder sie fertig einkauft ist erstmal egal.


    Ein Unternehmer sollte natürlich auch ökonomisch sinnvoll handeln, da er ansonsten nicht lange ein erfolgreicher Unternehmer sein wird.


    Wenn wir jetzt unsere Begriffe jeweils so betrachten, wie sie vom anderen gemeint sind, dann dürften wir langsam auf einen gemeinsamen Nenner kommen.


    Wie groß unser Verständnis (auf ökonomischer :grin Ebene) für die Einkäufe fertiger US Produkte ist, hängt davon ab, ob es jetzt doch so ist, dass sie z.T. die deutschen Autoren durch ihre Kostengünstigkeit mitfinanzieren, ob das nur die deutschen Besteller tun oder ob beide der Feind des kleinen, unbekannten, deutschen Autors sind.


    Oder ist er das selber? Oder sind es die kapitalistischen Verlage? Der Kunde?



    (Puh! Sorry Sterntaler, wir sind hier ganz schön von deiner unsprünglichen Frage abgekommen!)


  • Das ist die juristische Sicht der Dinge, die bekanntermaßen alles auf seinen blanken Rechtsstatus reduziert.
    Es dürfte nur zwei Berufsgruppen geben, die sich selbständig machen mit keiner anderen Absicht als der, Geld zu verdienen: Juristen und Steuerberater. :grin
    Spaß beiseite -- eigentlich gibt es niemanden, der es nur deshalb tut. (Ebenso wie kein Autoren nur deshalb Romane schreibt, weil er unterhalten will. ;-))


    Nicolas Hayek z.B. war fasziniert von Uhren, er ging in die Schweiz, weil er was mit Uhren machen wollte, weil er der Überzeugung war, die Uhr neu erfinden zu können, eine Uhr zu schaffen, wie es sie so noch nicht gab, dem Produkt Uhr ein völlig neues Image zu schaffen. Das Ergebnis ist die Swatch, Hayek wurde stinkreich, aber das war einfach nicht sein eigentliches Ziel, also hat er eines Tages den nächsten Traum angepackt: einen völlig neuen Typ Auto -- er initiierte die Entwicklung eines völlig neuen Typ Klein(st)wagens, der das Image dieser als popelig verschrienen Wagenklasse völlig umkrempelte.


    Oder Vito von Eichborn, der Frankfurter Lehrer und Fischer-Lektor, den der Hafer stach, so daß er 1980 gemeinsam mit dem Fuldaer Drucker Matthias Kierzek einen Verlag gründete, weil er besondere Bücher machen wollte. Das dümpelte so dahin, bis die beiden 1989 die international renommierte Reihe Die andere Bibliothek samt Herausgeber Hans Magnus Enzensberger und Verleger und Mitherausgeber Franz Greno übernahmen. Man verlegte dazu Wolfgang Moers, verstärkte den Bereich Kalender und Comic und überraschte mit Titeln wie Schwanitz' Der Campus und Aldidente, von da an war der Verlag mit der Fliege ein Begriff in der Branche, aufgrund der hohen Kapitalbindung, die das Verlagswesen mit sich bringt, stets gefährdet, aber immer ganz vorne dabei, wenn es um literarische Entdeckungen geht.
    Das gleiche gilt z.B. für KiWi Köln und Aufbau in Berlin -- das sind Verlage mit einem gesunden Verhältnis zwischen Hausautoren und Lizenzgeschäft. Es geht also, denn das Problem der Kapitalbindung haben alle gleichermaßen.
    Und diese Leute machen nicht zufällig Bücher, weil sie Geld verdienen wollten, sondern sie verdienen Geld, weil sie gute Bücher machen.


    Derzeit wird allerorts nur umgekehrt gedacht. Das Augenmerk liegt darauf, die kosten zu senken, um auf diesem Wege durch Quartalserfolge den Shareholdern möglichst hohe Dividenden ausschütten zu können -- das ist wichtig, aber wenn es zum Hauptziel wird, wenn der eigentliche Zweck des jeweiligen Unternehmens ins Hintertreffen gerät, dann war 's das!


    Unternehmerisches Denken, das den Unternehmenszweck im Fokus hat, ist nicht bloß sinnvoll, es ist Atem und Herzschlag eines Unternehmens.

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    Original von Iris
    Und diese Leute machen nicht zufällig Bücher, weil sie Geld verdienen wollten, sondern sie verdienen Geld, weil sie gute Bücher machen.


    Derzeit wird allerorts nur umgekehrt gedacht. Das Augenmerk liegt darauf, die kosten zu senken, um auf diesem Wege durch Quartalserfolge den Shareholdern möglichst hohe Dividenden ausschütten zu können -- das ist wichtig, aber wenn es zum Hauptziel wird, wenn der eigentliche Zweck des jeweiligen Unternehmens ins Hintertreffen gerät, dann war 's das!


    Unternehmerisches Denken, das den Unternehmenszweck im Fokus hat, ist nicht bloß sinnvoll, es ist Atem und Herzschlag eines Unternehmens.



    Und das alles erklärst du mir??? :wow


    Ich glaube, wir sind gar nicht so weit voneinander entfernt, wie es scheint.


    Ich bin absolut FÜR unternehmerisches Denken, wie du es definierst. Ich bin DAFÜR, dass neuen Autoren eine Chance gegeben wird. Ich bin GEGEN bloßen Kapitalismus.


    Iris, du müsstest meine Einstellung dazu eigentlich seit unserem Gespräch in ER kennen.


    Nur habe ich für mich eben mittlerweile erkannt (und das hätte ich vor 7 Jahren nie von mir so schnell und so heftig erwartet), dass es eben nicht nur um Idealismus und Hoffnung geht, sondern, dass man auch ökonomisch denken muss, damit man das idealistische leben und verbreiten kann.



    Meine Anmerkung zu den US-Autoren hast du allerdings leider nicht mehr kommentiert. DA wäre evtl. noch Klärungsbedarf, was unser beider Meinung angeht. Vielleicht kommen wir da auch noch zu einem halbwegs gemeinsammen Nenner. Und wenn nicht: Auch wurscht.

  • Zitat

    Original von Ronja
    Nur habe ich für mich eben mittlerweile erkannt (und das hätte ich vor 7 Jahren nie von mir so schnell und so heftig erwartet), dass es eben nicht nur um Idealismus und Hoffnung geht, sondern, dass man auch ökonomisch denken muss, damit man das idealistische leben und verbreiten kann.


    Ronja, was ich vorhin schrieb, ist kein ahnungsloser Idealismus, sondern eine Schlußfolgerung daraus, daß ich seit 20 Jahren mit der beruflichen Selbständigkeit lebe. Und das Fazit lautet in der Tat:
    Unternehmerisches Denken, das den Unternehmenszweck im Fokus hat, ist nicht bloß sinnvoll, es ist Atem und Herzschlag eines Unternehmens.
    Es ist der hinreichende Grund für den Erfolg -- allerdings gibt es da noch ein paar notwendige Voraussetzungen, damit sich der Erfolg auch einstellen kann: Fleiß, Konzentration und Konsequenz in der Umsetzung, betriebswirtschaftliche Kenntnisse muß man sich aneignen, um den Überblick zu nehalten und den Karren nicht in den Dreck zu fahren.
    Aber ohne die Idee läuft gar nichts!


    Zitat

    Meine Anmerkung zu den US-Autoren hast du allerdings leider nicht mehr kommentiert. DA wäre evtl. noch Klärungsbedarf, was unser beider Meinung angeht. Vielleicht kommen wir da auch noch zu einem halbwegs gemeinsammen Nenner. Und wenn nicht: Auch wurscht.


    Ich sag mal so: Ich bin keineswegs grundsätzlich gegen Lizenzen -- das wäre Quatsch. Ich bin doch keine Isolationistin! :lache
    Nur das Ausmaß, in dem einige große Publikumsverlage das betreiben, die bedenkenlose Übernahme selbst fadester Schmonzetten, die Erpreßbarkeit, in die man sich begibt, weil man diese oder jene Super-Trademark unbedingt behalten zu müssen glaubt (das ist eine Entwicklung, die auch Verleger schon beklagen) -- diese Vorgänge machen mir Sorgen, ich halte sie für falsch, aber sie sind nun einmal ein Resultat einer auf Kostensenkung und Imageerhalt reduzierten Unternehmenspolitik.


    Und ich denke, da dürften wir auch nicht weit auseinanderliegen. ;-)

  • Zitat

    Original von Iris
    Ronja, was ich vorhin schrieb, ist kein ahnungsloser Idealismus, sondern eine Schlußfolgerung daraus, daß ich seit 20 Jahren mit der beruflichen Selbständigkeit lebe.


    Ach Iris, das weiß ich doch und das hab ich auch gar nicht behauptet.






    Zitat

    Ich sag mal so: Ich bin keineswegs grundsätzlich gegen Lizenzen -- das wäre Quatsch. Ich bin doch keine Isolationistin! :lache
    Nur das Ausmaß, in dem einige große Publikumsverlage das betreiben, die bedenkenlose Übernahme selbst fadester Schmonzetten, die Erpreßbarkeit, in die man sich begibt, weil man diese oder jene Super-Trademark unbedingt behalten zu müssen glaubt (das ist eine Entwicklung, die auch Verleger schon beklagen) -- diese Vorgänge machen mir Sorgen, ich halte sie für falsch, aber sie sind nun einmal ein Resultat einer auf Kostensenkung und Imageerhalt reduzierten Unternehmenspolitik.


    Und ich denke, da dürften wir auch nicht weit auseinanderliegen. ;-)


    Nö, nicht wirklich.