Kurzbeschreibung (Quelle: amazon)
Eigentlich sollte es nur ein kurzer Weg sein. Wie immer. Unzählige Male schon ist die dreizehnjährige Tessa Gibson in dem noblen Vorort, in dem sie lebt, von ihrer besten Freundin nach Hause gelaufen.
Doch in dieser Herbstnacht kommt sie dort nicht an, verschwindet spurlos, wie vom Erdboden verschluckt. Die Stadt ist schockiert, Angst breitet sich aus, Tessas Familie zerbricht – der Fall wird nie aufgeklärt.
Zwanzig Jahre später werden zwei abgehalfterte Ermittler auf den Fall angesetzt. Gabriel („Gabe") ist Alkoholiker, traumatisiert von einer Familientragödie. Marta, eine ehemalige Drogenfahnderin, hat bei der Verfolgung eines Dealers versehentlich ihren Partner erschossen.
Die beiden stoßen auf eine bislang unentdeckte Spur: Kurz nach Tessas Verschwinden ereigneten sich vier brutale Morde an jungen Männern, und offenbar besteht eine Verbindung zwischen diesen Verbrechen. Bei ihren Nachforschungen wird schnell klar, dass die Polizeiführung keinerlei Interesse an der Wahrheit hat. Wer nachbohrt, spielt mit seinem Leben. Und das gilt nicht zuletzt für Gabe und Marta.
Autor (Quelle: amazon)
John Katzenbach, geboren 1950, war ursprünglich Gerichtsreporter für den Miami Herald und die Miami News. Bei Droemer Knaur sind bislang elf Kriminalromane von ihm erschienen. Zweimal war Katzenbach für den Edgar Award, den renommiertesten amerikanischen Krimipreis, nominiert. Er lebt in Amherst/Massachusetts.
Allgemeines
Titel der Originalausgabe: „By Persons Unknown“, ins Deutsche übersetzt von Anke und Eberhard Kreutzer
Erscheinungstermin: 3. April 2017 als Droemer TB ( broschiert) mit 576 Seiten*
Gliederung: Prolog – Drei Hauptteile mit insgesamt 55 Kapiteln
Erzählung in der dritten Person aus wechselnden Perspektiven
Handlungsort und -zeit: Ein Ort an der amerikanischen Ostküste, Gegenwart, 1996 (Prolog)
Zum Inhalt
Gabriel „Gabe“ Dickinson, ein einst gewissenhafter Polizist, ist nach dem Unfalltod seines Schwagers, an dem er eine gewisse Mitschuld trägt, zum Trinker und Spieler geworden.
Marta Rodriguez-Johnson, bisher beim Drogendezernat beschäftigt, hat bei einem Einsatz versehentlich ihren Partner erschossen.
Diese beiden für ihre Abteilung nicht mehr tragbaren Ermittler werden gemeinsam in ein kleines, ungemütliches Büro verbannt, wo sie sich den Cold Cases (alten ungeklärten Fällen) widmen sollen, ohne weiteren Schaden anzurichten. Bei der Durchsicht alter Akten stoßen sie auf vier ungeklärte Mordfälle aus dem Jahr 1997 an nicht miteinander bekannten jungen Männern. Die beiden Ermittler, die damals mit diesen Fällen befasst waren, galten als die Besten im Team mit sehr guten Aufklärungsraten. Ausgerechnet diese beiden sollen innerhalb eines Jahres vier Fälle nicht aufgeklärt haben? Als Gabe und Marta einen Zusammenhang mit einem ebenfalls ungeklärten Vermisstenfall aus dem Jahr 1996 vermuten müssen, arbeiten sie mit Engagement und großer Entschlossenheit und ignorieren die Versuche ihrer Vorgesetzten, die Ermittlungen im Vermisstenfall zu stoppen. Es scheint, dass die Polizei kein Interesse daran hat, das Schicksal der dreizehnjährigen Tessa aufzuklären, die 1996 auf dem Heimweg von ihrer Freundin spurlos verschwand…
Beurteilung
Der Prolog schildert einen Herbstabend im Jahr 1996, als ein dreizehnjähriges Mädchen spurlos verschwindet. Außer ihrem blutbefleckten Rucksack wird keine Spur von Tessa Gibson gefunden. Dann springt die Erzählung in die Gegenwart. Bevor die Ermittlungsarbeit von Gabe und Marta beginnt, wird der Leser zunächst mit deren jeweiliger Vorgeschichte vertraut gemacht. Erst als Gabe und Marta einen möglichen Zusammenhang zwischen den vier Mordfällen und dem Vermisstenfall vermuten und losziehen, um diverse Zeugen sowie Verwandte und Bekannte des verschwundenen Mädchens zu befragen, steigt die Spannungskurve deutlich an. Der Polizeichef versucht, die beiden unliebsamen Ermittler an ihrer Arbeit zu hindern und sie stattdessen auf den Fall eines Doppelmordes im Drogenmilieu vor vier Jahren anzusetzen. Gabe und Marta lassen sich jedoch auch von Einschüchterung und Drohungen nicht verunsichern, selbst als es unter den von ihnen Befragten zu weiteren Todesfällen kommt.
Der Roman ist sehr gut und glaubwürdig konstruiert; Dinge, die zuerst nicht nachvollziehbar erscheinen, werden zum Ende hin logisch aufgelöst. Dabei hat der Autor einen „originellen“ Fall geschaffen, der nicht dem üblichen Verlauf ähnlicher Kriminalromane folgt und damit weitgehend unvorhersehbar bleibt. Gut gelungen ist auch die Ausarbeitung der Charaktere der Romanfiguren. Mit Gabe, einem früher gewissenhaften, aber relativ empathielosen Polizisten, der ausschließlich an seinem Schreibtisch im Büro arbeitete, geht es nach dem Tod seines Schwagers und seiner Scheidung stetig bergab, doch durch den Fall des verschwundenen Kindes wird er aufgerüttelt und hat wieder ein Ziel vor Augen. Die verwitwete Marta fühlt sich als Mutter einer Tochter besonders vom Schicksal des verschwundenen Mädchens betroffen. Ihr Trauma bezüglich des Umgangs mit Schusswaffen wird nachvollziehbar aufgearbeitet.
Der Erzählstil des Autors ist flüssig und anschaulich, Gedanken der Romanfiguren sind kursiv gedruckt und damit gut vom übrigen Text zu unterscheiden.
Fazit
Ein gut aufgebauter, originell angelegter und größtenteils spannender Krimi ohne brutale Szenen, für den eine uneingeschränkte Leseempfehlung ausgesprochen werden kann!
9 Punkte
* [SIZE=7]Als Leseexemplar von vorablesen ohne Sperrfrist [/SIZE]