Hier treffen sich fünf Flüsse – Barney Norris

  • Der Autor und der Übersetzer (Quelle: Amazon)
    BARNEY NORRIS wurde 1987 in Sussex geboren und ist in Salisbury aufgewachsen. Seine Theaterstücke ›Visitors‹ und ›Eventide‹ wurden mit mehreren Preisen ausgezeichnet. ›Hier treffen sich fünf Flüsse‹ ist sein Debütroman.


    Johann Christoph Maass, geboren 1973, lebt als freier Lektor und Übersetzer in Berlin. Zu den von ihm ins Deutsche übertragenen Autoren gehören Jonathan Lethem, Darin Strauss, Chad Harbach und Matt Burgess.



    Das Buch (Quelle: Amazon)
    In Salisbury, einer Kleinstadt südwestlich von London, in der sich fünf Flüsse kreuzen, kommt es zu einem Autounfall. Ein Mann fährt eine Frau auf einem Motorrad an – und drei Menschen sehen zu. Fünf Schicksale kollidieren.
    Diese fünf Personen erzählen: von dem Unglück, ihrer Stadt und den Kämpfen, die sie mit dem Leben ausfechten müssen. Eine Floristin, ein Schuljunge, ein verwitweter Farmer, die Frau eines Offiziers im Afghanistan-Einsatz, ein Nachtwächter – sie alle sind Einsame wie Suchende, die sich angesichts des Unfalls ihren eigenen, ganz privaten Katastrophen stellen müssen.


    Der junge Brite Barney Norris schafft Figuren, die einem mit ihrer Trauer und ihren Ängsten gefährlich nahekommen. Die Dramen des Alltags überführt er in einen dichten, sprachmächtigen Roman. Dieser besondere und hochintelligent komponierte Text wirkt lange nach und ist bei aller Emotionalität nie pathetisch. ›Hier treffen sich fünf Flüsse‹ zeigt, dass Barney Norris zu
    den wichtigsten Stimmen seiner Generation zählt.


    Eine Floristin, die nebenbei ein bisschen dealt, ein Junge, der sich das erste Mal verliebt, während sein Vater im Sterben liegt, ein verwitweter Farmer, eine Laienschauspielerin und ein Nachtwächter: fünf Menschen, deren Schicksale kollidieren, als es in Salisbury, einer Kleinstadt südwestlich von London, zu einem Autounfall kommt. Angesichts dieses Ereignisses stellen sie sich den großen und kleinen Tragödien ihres Lebens. Barney Norris versammelt hier Figuren, die einem mit ihrer Trauer und ihren Ängsten gefährlich nahekommen, und verwebt ihre Stimmen zu einem bewegenden Roman, der lange nachwirkt.



    Meinung


    Der Autor hat Figuren geschaffen, die eine Tiefe haben, die man von einem 30jährigen Autoren keineswegs erwarten kann.


    Wie stark beides, das Leben und das Lebensgefühl, von anderen Menschen abhängen, hat der Autor sehr gut herausgeschält. In seinem Buch ist all das enthalten, was das Leben so einzigartig macht und sich doch in allen Lebensentwürfen wiederfindet: Mut, Entschlossenheit, Entwicklung, Enttäuschung … bis zur Tristesse des Scheiterns. Zusammenfassend sagt er: Leben ist Leiden und in seiner bemerkenswerten und doch nicht ganz neuen Aussage steckt eine Melancholie, die sich durch das ganze Buch zieht.


    Die ersten Sätze sind etwas zu schwülstig geraten und keineswegs repräsentativ für das gesamte Buch. Denn dort finden sich Sätze wie die letzten:


    „Und es überkommt mich beim Gehen das Gefühl, dass darin, die Hände hohl zu machen und das eigene Leben aufzufangen, während es an einem vorbeirauscht, eine Anmut liegt. Es einige Augenblicke lang fest an sich zu drücken, bevor es für immer verschwindet und neue Wasser, neue Zeiten, darüber hinwegspülen – während es zerfließt, das eigene Leben zu lieben. Denn die Welt um uns herum endet mit jedem Moment, den wir leben. Jeder Takt in der Partitur unser selbst, verschwindet bereits ins Gedächtnis, in die Vorstellung, genau in dem Augenblick, wo wir ihn spielen. Wir könnten also genauso gut einfach mal hinhören.“


  • Ich schließe mich deiner Meinung an, beisswenger.
    Der Anfang des Buches, also die erste Erzählung, ist zu Beginn tatsächlich etwas "schwülstig". Aber der Autor schält sich immer tiefer in seine so unterschiedlichen Figuren hinein und das ganz ohne Pathos oder Kitsch.
    Was mich besonders begeistert, ist (neben der von dir angesprochenen Melancholie, der dadurch so authentischen Stimmung dieser Kleinstadt und ihrer Bewohner und der vielen schönen Sätze), dass er jedem seiner fünf Erzähler eine ganz eigene Stimme gibt. Das drückt er auch in der jeweiligen ganz eigenen Sprache aus. Ich finde es ist ihm erstaunlich gut gelungen - angefangen vom pubertierenden Teenager bis hin zum alten Witwer - die dem Alter und den Lebensumständen geschuldeten, verschiedenen Denkweisen darzustellen.


    Ich vergebe 9 Punkte.