Das alte Böse von Nicholas Searle

  • Roy und Betty lernen sich trotz ihres hohen Alters noch über eine Datingplattform kennen. Roy hat endlich eine Frau gefunden, die anscheinend seinen speziellen Kriterien entspricht. Betty wurde bei dieser Aktion von ihren Enkel Stephen unterstützt.


    Schon kurze Zeit später ist Roy bei Betty eingezogen und man kann sich fragen, warum zwei so verschiedene Personen noch mal ein gemeinsames Leben suchen. Stephen beobachtet Roy sehr kritisch.


    Dann erfährt man nüchtern und schnörkellos über Roys letzten Beutezug, bei dem er einige Kumpels betrogen und sein Verschwinden inszeniert hat. Er will sich mit dem Geld einen beschaulichen Ruhestand sichern. Da fragt man sich, wie Betty noch ins Bild passt.


    Stephen findet Roy groß, unordentlich und streng riechend, doch Betty bittet beide freundlich zueinander zu sein. Ihr Enkel versteht nicht, warum sie sich mit ihm abgibt, wo sie so wenig zueinander passen. Auf einem Urlaub in Berlin ist sie voll Tatendrang, hat ein Leuchten in den Augen, aber auf ihren Enthusiasmus würde er lieber verzichten. Er ist gelangweilt, ungeduldig und müde. Später berichtet er ihr, dass er sich finanziell bereits fürs Alter gerichtet hat und bietet ihr an, für ihre Vermögensverwaltung seinen Kumpel anzusprechen. So fragt man sich, ob er doch noch nicht genug hat…


    Die Geschichte wird zunächst recht ruhig erzählt, mit relativ wenig Spannung. So könnte das Leben alternder Krimineller aussehen.


    Beide Personen sind nicht unbedingt sympathisch und man kann sich auch nicht einfach mit ihnen identifizieren, am zugänglichsten ist noch Betty. Die immer wieder eingestreuten, länglichen Zeitsprünge in Roys Vergangenheit, die immer weiter zurück reichen, können einen leicht aus dem Lesefluss bringen.


    Gegen Ende nimmt die Spannung zu, man erkennt worauf die ganze Geschichte heraus läuft. Aber auch das fesselnde Lesevergnügen gegen Ende konnte mich nicht mehr mit dem Buch aussöhnen. Den Abschluss finde ich etwas wirr und nicht zufrieden stellend.


    Angezogen hatte mich an dem Thriller „Das alte Böse“ von Nicholas Searle ehrlich gesagt auch, dass es so enorme Vorschusslorbeeren in anderen Ländern geerntet hat, aber denen konnte das Buch leider nicht gerecht werden. Die Inhaltsangabe ließ auf nicht alltägliche Hauptfiguren hoffen, was zum Teil auch zutrifft, aber leider bleiben einem die Charaktere aber auch fern.


    6 von 10 Punkten

  • Das alte Böse
    Nicholas Searle


    2017, Rowohlt Verlag
    ISBN 978-3-463-40667 1
    Originaltitel: The Good Liar
    bei Viking, Penguin Random House, UK
    2016
    Aus dem Englischen von Jan Schönherr


    Der Autor (Verlagsangabe)


    Nicholas Searle ist in Cornwall aufgewachsen und studierte Sprachen in Bath und Göttingen. Er machte Karriere im Öffentlichen Dienst, erst in seiner Heimat, dann für lange Zeit in Neuseeland. 2011 kehrte Searle nach England zurück, nahm seinen Abschied vom Staatsdienst und begann zu schreiben. "Das alte Böse" ist sein von der Kritik gefeierter Debütroman, in Großbritannien war das Buch ein Bestseller, die Filmrechte sind vergeben. Der Autor lebt mit seiner Frau in Yorkshire.
    Inhalt (Verlagsangabe)
    Dieser unglaublich raffiniert gebauter Thriller, der in England auf der Bestsellerliste stand, erzählt die Geschichte zweier sehr alter Menschen: Roy und Betty haben sich über ein Datingportal im Internet kennengelernt – recht ungewöhnlich für zwei Menschen über 80. Die beiden verstehen sich, bald ist Roy in Bettys schönem Haus auf dem Lande eingezogen. Aber irgendetwas – ahnt der Leser - führt er im Schilde. Denn Roy ist ein Krimineller, ist es sein ganzes Leben lang gewesen. Er hat mit siebzig gutgläubige Anleger betrogen, mit fünfzig im Rotlichtbezirk von Soho schmutzige Geschäfte betrieben, als junger Mann noch Schlimmeres getan – und auch der Greis folgt noch dem Trieb, anderen Menschen Böses anzutun. Wer ist dieser Roy? Sicher nicht der, der zu sein er vorgibt. Die Spur seiner Taten führt bis in die Kriegszeit. Nach Deutschland.
    Und die liebenswerte Betty ahnt nicht, dass jemand sie um ihr Vermögen bringen will. Dass sie in ein Gespinst aus Lügen eingewickelt wird von einem Mann, der eigentlich schon an der Schwelle des Todes steht – Ahnt sie es wirklich nicht?


    Meine Meinung
    Ein wenig klischeehaft geht es schon los. Alter Charmeur wickelt harmlose alte Dame ein mit erkennbar bösem Ziel. Allerdings ist gleich von Anfang an klar, dass die entzückende Betty ebenfalls ihre Geheimnisse und ihre eigenen Pläne hat. Nebeneinander her entwickelt sich die aktuelle Handlung, unterbrochen von Rückblicken auf Roys Leben. Zwischendurch erschien mir manches arg ausführlich und weitschweifig.
    Die Gründe dafür werden erst am Ende klar und das hat mich dann wieder fast versöhnt – ich denke aber immer noch, es wäre spannender gewesen, der Leserin nicht von Anfang an mehr als deutlich zu machen, dass hier nichts so ist, wie es zu sein scheint. Denn eins ist das Buch nicht – ein Thriller. Man sollte schon Spaß daran haben, einer Geschichte zu folgen, die sich langsam und gemächlich entwickelt.
    Insgesamt habe ich das Buch ganz gerne gelesen – noch erkältungsgeplagt und auf der Suche nach nicht zu komplizierter Lektüre.
    6 Punkte bekommt es von mir.