Daniel-Pascal Zorn: Logik für Demokraten
Verlag: Klett-Cotta 2017. 314 Seiten
ISBN-13: 978-3608960969. 20€
Verlagstext
Demokratisches Handeln und Denken hat nur Bedeutung, wenn es immer wieder eingeübt wird. Es gibt dem Leser die Denkwerkzeuge an die Hand, um sich den Gegnern und Feinden demokratischen Denkens entgegenzustellen.
Zorns »Logik für Demokraten« führt den Leser in die argumentativen Auseinandersetzungen, vor die sich ein Demokrat immer wieder gestellt sieht. In klugen Analysen populistischer Argumentation und totalitärer Denkweisen bekommen Leser Instrumente an die Hand, die Demokratie wirkungsvoll gegen ihre Feinde zu verteidigen. Dabei vergisst er nicht, diejenigen zum Gespräch einzuladen, die mit dem Konzept der Demokratie noch nichts oder nichts mehr anfangen können. In diesem Buch kann man erfahren, warum es geradewegs vernünftig ist, demokratisch zu denken.
Der Autor
Daniel-Pascal Zorn, geboren 1981, studierte Philosophie, Geschichte und Komparatistik. 2015 promovierte er mit einer Komparatistik philosophischer Ansätze, die den Preis der Universität Eichstätt erhielt. Daniel-Pascal Zorn schreibt die Kolumne „Na logisch!“ im Philosophie-Magazin „Hohe Luft“. Dort erläutert er anschaulich und allgemeinverständlich, wie sich Sachverhalte, Argumente und deren Geltung zueinander verhalten. Auf seiner eigenen Facebook-Seite kommentiert er aktuelle politische Äußerungen, indem er sie logisch auseinandernimmt.
Inhalt Zu Beginn der Fastenzeit hatte ich mich gefragt, ob es nicht höchste Zeit wäre, statt Autofasten oder Handyfasten einmal bewusst sorgfältiger mit Sprache umzugehen. In den unterschiedlichsten Medien schien das Ende jeglicher Gesprächskultur eingeläutet worden zu sein. Vermutungen wurden zunehmend als Tatsachen verbreitet, Diskussionspartner persönlich diskreditiert. Schließlich brachte mich die um sich greifende manipulative Verpackung von Provokationen und Unterstellungen in Frageform auf die Palme, vom Fragesteller anschließend damit verharmlost, er/sie hätte ja nur eine Frage gestellt und wäre demnach völlig unschuldig an der folgenden Entgleisung der Diskussion. In dieser Ausgangssituation erhoffte ich mir Aufklärung von Daniel-Pascal Zorn, was genau in "Diskussionen" abläuft.
Der studierte Philosoph brachte mich wieder auf den Teppich zurück mit seiner Charakterisierung von populistischem und dogmatischem Denken und Argumentieren im Gegensatz zu demokratischem Denken. Zorn warnt, selbst der Begriff Populismus etikettiere; denn er sei keine Eigenschaft, sondern eine Form der Argumentation. Populismus mit daraus folgender dogmatischer Dynamik führe schließlich zu totalitärem Denken, so Zorn. Populistischer Argumentation sei nur etwas entgegenzusetzen, wenn man auch auf das Wie einer Rede achte. Der Begriff falsches Dilemma definiert eine inzwischen verbreitete Haltung, die keine Zwischentöne mehr toleriert: bist du nicht für mich/meine Ansicht, bist du gegen mich. Neben Dogmatischer Setzung, Exzess der Positionierung und Bestätigungsfehler (alles ausblenden, was der eigenen Sicht widerspricht) sei falsches Dilemma eine der Strategien populistischen Denkens. Zorns Charakterisierung dogmatischen und populistischen Denkens mutet angesichts der politischen Entwicklung der letzten Wochen beinahe schadenfroh an; denn wer wird sich nach seiner geduldigen Erklärung von Dogmatismus noch über die Abläufe wundern können?
Für Dogmatiker ist ihr Weltbild völlig logisch, jeder Widerspruch wird deshalb als Provokation empfunden. Dogmatiker würdigen Vertreter anderer Meinungen herab mit pseudomedizinischen Diagnosen, sexistischen oder biologistischen Etikettierungen. Dogmatiker begründen nicht. Dogmatiker sehen sich gern selbst als schweigende Mehrheit, als Opfer/Minderheit. Sie finden stets einen Schuldigen, der eine Entwicklung provoziert habe. Der Schritt zur gefühlten Marginalisierung mit daraus folgender Verschwörungstheorie ist dann meist nicht mehr weit. Dogmatisches Denken verschafft Menschen Sicherheit, dogmatisches Argumentieren soll den Sprecher unangreifbar gegenüber Kritik machen. Doch eine „dogmatische Schleife“ führe dazu, dass sich jemand, der provoziert, um so stärker angegriffen fühlt, je mehr er selbst provoziert. Ähnlichkeiten mit derzeit regierenden Staatsoberhäuptern sind natürlich rein zufällig …
Fazit
Dass populistische Argumentationsformen und dogmatische Denkweisen keine neuen Erscheinungen in der Folge des Web 2.0 sind, sondern bereits seit der Antike bekannt, ist immerhin eine tröstliche Botschaft. Zorn will mit seiner Analyse von verbreiteten Argumentationsmustern die Strategien derer offenlegen, die die Offenheit in demokratischen Gesellschaften gegen diese Gesellschaften ausspielen. Das ist ihm gelungen. Im Schnittpunkt von Philosophie, Psychologie, Rhetorik und Geschichte hat Zorns Buch mir passende Denkanstöße gegeben – und war mit seinem überschaubaren Umfang für einen Philosophie-Anfänger gut zu bewältigen.
9 von 10 Punkten