Seelenarbeit – Martin Walser

  • Suhrkamp Taschenbuch


    Kurzbeschreibung:
    Xaver Zürn, Chauffeur des Fabrikanten Dr. Gleitze, möchte während der stundenlangen Fahrten gar zu gern einmal ein privates Gespräch mit seinem Chef führen. Aber dazu kommt es nicht. Dr. Gleitze redet entweder selbst, oder er hört über Kopfhörer Mozartkonzerte, zu denen er ein Standardwerk zu schreiben gedenkt. Xaver Zürn leidet schließlich schwer an enttäuschter Erwartung, körperlich wie seelisch, verhält sich auffällig und wird in die Werkstatt verbannt. Das Buch, dessen Hauptmotiv Abhängigkeit, Eltern-Kind-Beziehungen, Ehe und Heimat sind, hat trotzdem einen versöhnlichen Schluß.


    »Wie sich hier Wahrheit, extreme Situationsanordnung, Hypochondrie und Glückstraum mischen, so stehen im Stil Walsers die genaue Beobachtung, die witzige Zuspitzung, die rauschhafte Übertreibung und die Formel, auf die dann alles gebracht wird, nebeneinander. Mühelos verbindet er Spoerl, Woody Allen, Bloch, die Protestbewegung und Heimatliebe. Man begegnet hier Erfahrungsberichten, Krisen- und Seelenmomenten, die von zugleich niederschmetternd genauer und hinreißend kollektiv-autobiographischer Wahrhaftigkeit sind.« »Joachim Kaiser, Süddeutsche Zeitung«


    Über den Autor:
    Martin Walser wurde am 24. März 1927 in Wasserburg am Bodensee geboren. Nach seinem Arbeitsdienst erlebte er das Ende des Zweiten Weltkrieges von 1944 bis 1945 als Soldat der Wehrmacht. Nach Kriegsende machte er 1946 in Lindau am Bodensee-Gymnasium das Abitur und studierte an den Universitäten Regensburg und Tübingen Literaturwissenschaft, Geschichte und Philosophie. Mit einer Dissertation zu Franz Kafka wurde er 1951 in Tübingen promoviert. Von 1949 bis 57 arbeitete er beim Süddeutschen Rundfunk. In dieser Zeit unternahm er Reisen für Funk und Fernsehen nach Italien, Frankreich, England, CSSR und Polen und schrieb erste Hörspiele.1950 heiratete er Katharina Neuner-Jehle. Aus dieser Ehe gingen die Töchter Franziska, Alissa, Johanna und Theresia hervor. Seit 1953 wurde Walser regelmäßig zu den Tagungen der Gruppe 47 eingeladen, die ihn 1955 für die Erzählung Templones Ende auszeichnete. Sein erster Roman Ehen in Philippsburg erschien 1957 und wurde ein großer Erfolg. Walser lebte von da an mit seiner Familie als freier Schriftsteller erst in Friedrichshafen und dann in Nußdorf am Bodensee.


    Mein Eindruck:
    Seelenarbeit ist ein Roman aus den späten siebziger Jahren und passt doch auch heute gelesen nahtlos in das Gesamtwerk hinein. Das spricht für die große Geschlossenheit des Werks und der dauerhaften Bearbeitung der typischen Walser-Themen. So wird auch in diesem Roman viel gelitten. Viel Handlung gibt es nicht. Es stehen die Gedanken des Chauffeurs Xaver Zürn i Mittelpunkt. Seit Jahren fährt er seinen Chef, der ihn jedoch überwiegend ignoriert und von oben herab behandelt.
    Xaver gerät immer mehr in eine innere Krise, die sich in Stress, Unzufriedenheit und sogar Gewaltfantasien gegenüber seinen Chef äußern. Hinzu kommen Probleme in der Familie, insbesondere mit der Tochter, die sich spät abends rumtreibt und durch die Prüfung fällt.


    Das Buch hat zwar ein interessantes Thema, ist aber alles andere als spannend gestaltet, an vielen Stellen sogar zäh. Oft muss man den Walser-Sound in sich beim Lesen wachrufen, dann funktionieren die einzelnen Sätze besser.
    Ich bin froh, den Roman im zweiten Anlauf geschafft zu haben. Die Familienszenen sind gut gemacht, auch konnte mich e4ine Passage besonders überzeugen, als Xaver ein Tagebuch eines Schweizer Kollegen liest, der in der Zeit des Nationalsozialismus Nazibonzen fahren musste.


    Wegen der doch ziemlich guten Passagen, zwischen viel Leerlauf, hat sich die Seelenarbeit letztlich gelohnt.


    ASIN/ISBN: 3518046306