Claudia Hammond: Erst denken, dann zahlen. Die Psychologie des Geldes und wie wir sie nutzen können
Verlag: Klett-Cotta 2017. TB. 432 Seiten
ISBN-13: 978-3608961164. 18,95€
Originaltitel: Mind over Money
Übersetzer: Dieter Fuchs
Verlagstext
Was das Geld mit uns macht, wie es uns unbewusst beeinflusst, lenkt und manipuliert, zeigt dieses bestens recherchierte und an Beispielen aus dem Alltag reiche Buch zur Psychologie des Geldes. Das eigene Bankkonto kann davon profitieren.
Die Autorin
Claudia Hammond ist Psychologin und preisgekrönte Autorin, Rundfunk- und Fernsehmoderatorin sowie Dozentin an der Psychologischen Fakultät der Boston University in London. Sie ist die »psychologische Stimme« im englischen BBC Radio. Ihre beiden zuvor veröffentlichten Bücher waren unter den populärwissenschaftlichen Bestsellern Großbritanniens platziert.
Inhalt
Geld ist ein faszinierender Gegenstand, mit dem eine Reihe von Emotionen verknüpft ist. Selbst Kinder, die den Geldwert noch nicht kennen, wissen bereits, dass man mit realem Geld umsichtig umgehen sollte. Zunächst dient das Zahlungsmittel als Versprechen, später damit konkrete Gegenstände oder Dienstleistungen kaufen zu können, die wir uns wünschen. Geld hat große Macht über unser Handeln, es zwingt uns zum Handeln. Doch die Motive, die Kaufentscheidungen steuern, sind selten rational. Warum wir uns darüber ärgern, wenn ein Billigflug sich als alles andere als preiswert herausstellt, ist ein Beispiel für die raffinierte Psychologie des Geldes. Geld spricht unser Belohnungssystem an und könnte darum als psychologische Droge definiert werden. Mit dieser Verhaltensökonomik befasst sich Claudia Hammond und zitiert dabei aus insgesamt 263 Studien.
Eine entscheidende Wende im Umgang mit Geld brachte ein Zahlungsversprechen, das durch Zahlung per Bank- oder Kreditkarte abgegeben wird. Welch unterschiedliche Emotionen Barkäufe im Gegensatz zu Kartenkäufen auslösen, darauf geht die Autorin ausführlich ein und gibt am Ende des Buches konkrete Tipps für den Umgang mit Geld. Zuvor geht es um unsere mentale Haushaltsplanung (den psychologischen Geldbeutel), die uns je nach „Fach“, dem wir Geld entnehmen, einen Kauf intuitiv als teuer oder preiswert empfinden lässt.
Gesteuert wird unser Handeln vom Endowment-Effekt, der eigenen Besitz wertvoller wirken lässt als den Marktpreis, den man noch dafür erzielen würde, von Bestätigungsfehlern, die uns annehmen lassen, ein teurer Artikel müsste aufgrund des Preises wertvoller oder wirkungsvoller sein als ein preiswerter Mitbewerber oder vom Kompromiss-Effekt, der uns mit einem Artikel aus dem mittleren Preissegment am zufriedensten sein lässt. Diese Zusammenhänge seien einfach zu durchschauen und deshalb sei unser Verhalten leicht zu verändern, so Claudia Hammond. Die zitierten Effekte sind alle ausgiebig erforscht. Teils liegen die zitierten Studien jedoch fast 40 Jahre zurück, was die Frage aufwirft, ob sie auf moderne Märkte mit Onlineshoppen und Online-Bezahlsystemen so einfach übertragbar sind oder ob Erhebungen zu Kaufverhalten von US-Amerikanern überhaupt auf europäische Verhältnisse übertragbar sind.
Weiter geht es u. a. um Wirksamkeit von Anreiz-Systemen, die eine Verhaltensänderung bewirken sollen. Der Einfluss von Prämien auf den Schulbesuch bildungsferner Schichten, Bereitschaft zu Impfungen, Blutspenden und das Thema Raucherentwöhnung wurden ausführlich erforscht. Anreiz-Systeme können das Gegenteil bewirken und die vorhandene intrinsische Motivation empfindlich stören. Im Zusammenhang mit Bonuszahlungen an Manager und Banker ist das ein höchst aktuelles Thema. Verhaltensökonomie ist zentraler Bestandteil der Armutsforschung; denn sie untersucht, wie falsche Entscheidungen unter Zeitdruck gerade bei knappem Einkommen in eine „geistige Armutsfalle“ locken können. Auch zum Zusammenhang zwischen Reichtum und Zufriedenheit, zwischen Materialismus und Einsamkeit, zu Spielsucht und Spendenbereitschaft hat Claudia Hammond entsprechende Studien aufgetan.
Die Ergebnisse der über 200 zitierten Studien zur Psychologie des Geldes sind teils älter als 30 Jahre und bereits aus der Presse bekannt. Vereinfacht dargestellten Studienergebnissen sollte stets ein gesundes Misstrauen entgegengebracht werden. Auch hier wird eine Studie zur Zufriedenheit zitiert, für die nur wenige Probanden befragt wurden. Solche wenig belastbaren Daten werden nicht repräsentativer, indem sie immer wieder zitiert werden.
Fazit
Hammond hat Psychologie studiert und ist eine populäre Kolumnistin und Radioredakteurin. Statt der vielen angerissenen Themen und der Vielzahl bereits bekannter Studienergebnisse hätte mir eine Vertiefung weniger Themen mehr zugesagt. Generell fehlt mir im Buch ein Bezug zu Emotionen von Konsumenten von heute, die zwischen mehr Optionen zu entscheiden haben als nur zwischen Bargeld und Karte. Hammonds Buch wirkt populärwissenschaftlich mit Tendenz zum Boulevardjournalismus. Dieser Eindruck entsteht durch umgangssprachliche Ausdrücke (ganz schön, total = sehr), die m. A. die Stilebene eines Sachbuchs verlassen.
7 von 10 Punkten