Papa, was ist ein Fremder - Tahar Ben Jelloun [6 - 8 Jahre]

  • Ben Jelloun, Tahar: Papa, Was ist ein Fremder. (OT : Le Racisme expliqué à ma fille, 1998 ) . Rowohlt TB, 2000 . Die dt. Ausgabe enthält ein Nachwort von Daniel Cohn-Bendit. Das Buch wurde mit dem Global Award der UNO ausgezeichnet. (Meine Ausgabe : Le Racisme expliqué à ma fille, Ed. du Seuil, 1998 ) Es gibt auch eine Cornelsen-Auflage für den Schulgebrauch.


    Mit Lesebegleitung für Kinder ab ca. 6-8 Jahren geeignet– am besten mit dem Kind zusammen lesen, da auch kein Buch für Erstleser. Das Buch ist in Dialogform aufgebaut und bietet sich dafür also auch an. Außerdem hat der Autor noch einen weiteren Band mit ähnlicher Thematik (und im gleichen Dialog-Stil) veröffentlicht „Papa, was ist der Islam“, der ebenfalls zu empfehlen ist. Ein weiterer Band wird 2005 noch in dt. Übersetzung erscheinen.


    Papa, sag was ist ein Fremder? Diese naive Frage seiner zehnjährigen Tochter war der Zündfunken für den heute in Frankreich lebenden marokkanischen Schriftsteller Tahar Ben Jelloun. Auf der Suche nach der richtigen Antwort entwickelt sich ein Gespräch zwischen Vater und Tochter, das rasch von Ausländern, Fremde über Vorurteile bis zu Rassismus und Genozid führt.
    Tahar Ben Jelloun geht sensibel mit Begriffen wie zum Beispiel Antisemitismus um. Er versucht seiner Tochter zu erklären, was sich dahinter verbirgt, auch wenn es für das Mädchen mitunter schwer nachzuvollziehen ist, wie engstirnig Menschen denken können. "Fremdenhaß entsteht aus dreierlei Gründen: aus Angst, aus Unwissenheit und aus Dummheit."


    Es ist ein wichtiges Anliegen des Buches, den Blick kleiner Kinder zu weiten und ihnen ein Beispiel an Toleranz vorzuleben, denn Tahar Ben Jelloun weiß als Marokkaner in Frankreich genau, wovon er spricht. "Die Fremden fordern ja nicht, daß wir sie lieben, sondern daß wir ihre menschliche Würde achten. Jemanden achten bedeutet, sein Anderssein anzuerkennen und darauf Rücksicht zu nehmen." (amazon-Rezension)


    Der Autor:
    Tahar Ben Jelloun wurde 1944 in Fès (Marokko) geboren, lebt in Paris. Er gilt als bedeutendster Vertreter der französischen Literatur des Maghreb, 1987 wurde er für seinen Roman "Die Nacht der Unschuld" mit dem Prix Goncourt ausgezeichnet. In deutscher Sprache erschienen von ihm 2001 der Roman "Das Schweigen des Lichts" und 2002 "Papa, was ist der Islam? Gespräch mit meinen Kindern".


    Ben Jelloun vermittelt in einfacher Sprache Informationen und Antworten auf viele Fragen, die Kinder „einfach so“ stellen und auf die man vielleicht zunächst schwierig selbst Antworten findet, weil es eben permanent ein sensibles Thema ist. Oder wo wir uns fragen, was die rechte Form ist, es kindgemäß zu erklären, ohne plakativ bzw. dogmatisch zu werden.


    Sicherlich ist die Sichtweise von Ben Jelloun für Erwachsene durchaus diskussionswürdig (für mich persönlich kamen Fragen auf wie z.B. wo liegen individuelle Grenzen von Toleranz, wie weit muß ich Rücksicht nehmen und ist die propagierte „Erziehung zur Toleranz“ wirklich ausreichend – aber das ist nicht das Anliegen des Buches) oder zuweilen eben etwas naiv.
    Neben den angesprochenen Fragen (was ist ein Jude, wo leben sie, was ist Toleranz, was sind Vorurteile ...) vermittelt Ben Jelloun auch ganz einfache Grundwerte wie Achtung, Respekt, Glaube, Freundschaft ... ohne jedoch -trotz seines didaktischen Anspruchs- beliebig zu werden.
    Auch hier ließe sich streiten darüber, inwieweit wir manchmal schon vor lauter „political correctness“ alles hinterfragen und auf Bedeutungen abklopfen, was vielleicht gar nicht nötig ist, aber dies nur am Rande.


    Zweifellos ein wichtiges Buch, was auch in Deutschland mehr Leser finden sollte – nicht zwangsweise als „sinnvoller“ Schulpflichtstoff, doch als Anregung zum (Über-) Denken der Sichtweisen auf sich selbst und auf "die anderen".

    :wave
    PdR



    Wer nicht in Poesie lebt, überlebt hier auf der Erde nicht. (Halldór Laxness)

    Dieser Beitrag wurde bereits 1 Mal editiert, zuletzt von PierreDeRonsard ()

  • Mein Sohn (10 Jahre) hat das Buch zu Weihnachten geschenkt bekommen, aber immer noch nicht gelesen. Ihn reizen momentan einfach andere Bücher mehr und da bringt es auch nichts, wenn ich zu ihm sage, er solle es doch mal anfangen.


    grüße von missmarple

    "Ein Archäologe ist der beste Ehemann, je älter eine Frau wird, um so mehr interessiert er sich für sie."
    Agatha Christie